Die Rache Der Wanderhure
es aussieht, ist Sokolny mit Vorräten besser versorgt als wir.«
Sofort kniff er die Lippen zusammen und sah sich um. Aber niemand schien seine deutschen Worte verstanden zu haben. Dennoch wartete er von da an schweigend auf Ritter Rolands Rückkehr und das Erscheinen des Grafen.
Es verging noch eine Weile, bis draußen der Klang von Pferdehufen erscholl. Einer von Hettenheims Männern steckte den Kopf zur Tür hinaus und drehte sich dann ängstlich zu seinem Herrn um.
»Da kommt eine ganze Schar herangeritten. Nicht dass uns die Leute feindlich gesinnt sind.«
»Warum sollten sie? Wir bringen ihnen wertvolle Waffen, und da sollten sie uns dankbar sein«, erklärte Hettenheim lachend.
Er trat vor die Tür des Gasthauses, um zu schauen, wer da hoch zu Ross erschienen war. Einen älteren Mann in der Kleidung eines hochgestellten Edelmanns ordnete er als Graf Sokolny ein und mehrere andere Reiter als dessen Lehensleute und Ritter. Ebenfalls zur Gruppe zählte eine junge Frau, die recht schneidig zu Pferd saß. Ihr Kleid wies sie als Dame von Stand aus, daher vermutete Hettenheim, dass es sich um Sokolnys Erbtochter handelte.
Der Graf hielt vor der Schenke an und blickte auf Hettenheim hinab. »Bist du der fremde Händler, der mir Waffen verkaufen will?«
»Ich will sie nicht verkaufen. Sie sind ein Geschenk König Sigismunds an Euch, edler Herr.«
»Meine Freundschaft ist nicht durch Geschenke zu erringen!«, antwortete Sokolny abweisend.
»König Sigismund ist Euer Freund«, erklärte Hettenheim lächelnd. »Er wünscht auch keine Gegengabe außer einer.«
»Und die wäre?«
»Er möchte, dass Ihr samt Eurer Burg gegen diesen elenden Ketzer Vyszo standhaltet!«
Hettenheim beugte dabei den Kopf, damit der Graf ihm nicht ins Gesicht sehen konnte. Da er bis auf eine Handbüchse, die er dem Grafen vorführen wollte, alle anderen unbrauchbar gemacht hatte, würde dieses Geschenk Sokolnys Untergang beschleunigen. Fiel die Burg an die Hussiten, musste Sigismund sein Heer aus Böhmen zurückziehen und würde jeden Rückhalt beim Papst verlieren. Dann endlich war der Weg für ihn frei.
»Ich will mir deine Waffen ansehen!«, unterbrach Graf Sokolny Hettenheims Überlegungen.
Dieser verbeugte sich und deutete auf den Wagen. »In den Kisten sind drei Dutzend Handbüchsen als Geschenk Sigismunds an Euch. Wenn Ihr mehr haben wollt, müsst Ihr sie allerdings von mir kaufen.«
»Erst einmal will ich sehen, was sie taugen! Du sagtest, sie würden Rüstungen durchschlagen. Ich werde dir die Gelegenheit geben, es zu beweisen. Wir wollen nur noch warten, bis Marat und der Němec von ihrem Patrouillenritt zurück sind, denn ich gebe sehr viel auf die Meinung der beiden. Sind sie der Ansicht, dass Sigismunds Geschenk uns helfen kann, werde ich es annehmen. Wenn nicht, lasse ich dich und deine Knechte zur Grenze meines Landes bringen – zur Ostgrenze, wohlgemerkt!« In der Stimme des Grafen schwang eine ernstzunehmende Warnung mit.
Hettenheim begriff dies durchaus, war aber noch guter Dinge. Seine drei Begleiter wussten sehr wohl, dass jenseits der Ostgrenze Fürst Vyszos Hussiten lagerten, und erbleichten.
13.
M arat und Michel waren kaum von ihrem Patrouillenritt zurückgekehrt, da eilte ihnen auch schon ein Knecht entgegen. »Gut, dass Ihr gekommen seid, meine Herren. Der Graf wünscht dringend Eure Anwesenheit auf dem Dorfanger.«
Verwundert drehte Michel sich zu Marat um. »Weißt du, warum Sokolny uns zum Anger bestellen lässt?«
»Wie sollte ich? Ich habe ebenso wenig mit ihm gesprochen wie du«, antwortete Marat mit einem nachsichtigen Kopfschütteln.
»Ich hatte gehofft, wir könnten etwas essen, wenn wir unseren Ritt hinter uns haben. Aber daraus wird wohl nichts!« Mit diesen Worten zog Marat sein Pferd herum und lenkte es auf den Anger zu. Michel folgte ihm nachdenklich und spähte nach vorne, um zu sehen, was dort vor sich ging.
Auf dem Anger entdeckten sie Graf Sokolny inmitten seiner Gefolgsleute. Er sprach mit einem Fremden, der ein langes Bronzerohr in der Hand hielt. Daneben stand ein beladener Wagen, der von drei ihnen unbekannten Knechten bewacht wurde.
Michel hielt sein Pferd an, stieg ab und schlang die Zügel um einen Pfosten, dann wandte er sich Marat zu. »Was ist das für ein seltsames Ding, das der Fremde da in der Hand hält?«
»Etwas, das wir noch lange fürchten werden«, antwortete der Waffenmeister mit verkniffener Miene. Dabei achtete er weniger auf die Handbüchsen als vielmehr
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