Die Rache Der Wanderhure
soll!«, rief er.
»Euer Majestät sagten bereits, dass das Zeremoniell über vierhundert Jahre alt und nie geändert worden ist. Dabei herrschten damals Könige, die den Papst ohne weiteres hätten gefangen nehmen und in einem Käfig über die Alpen bringen können. Nur bewies die Zeremonie damals die Ergebenheit des neuen Kaisers vor Gott und nicht die vor dem Bischof von Rom!«
Isabelles Stimme drückte einen Spott aus, den Sigismund nicht recht einzuschätzen wusste. Aber er war zu wütend, um auf die Gedanken und Gefühle der schönen und trotz ihrer Nonnentracht sinnlich erscheinenden Frau einzugehen.
Während er sich von seinem Diener in die Kleider helfen ließ, legte er seiner Wut keine Zügel an. »Was bildet sich diese Qualle in Rom eigentlich ein?«, rief er. »Papst Martin hält mich, was die Kaiserkrönung betrifft, hin wie einen lästigen Bittsteller. Jetzt schickt er mir auch noch seinen Großinquisitor als Gesandten, als wäre ich ein Ketzer, den es zu überwachen gilt.«
Die Äbtissin gab ihm ein Zeichen, sich zu beherrschen. Immerhin befand sich ein Diener im Raum, und der konnte solch unbedachte Worte leicht an einen Priester oder gar an den Inquisitor Janus Suppertur selbst weitergeben. Allein der Ausdruck Qualle, mit dem Sigismund den Papst bezeichnet hatte, konnte ihn als Buße die Errichtung eines neuen Klosters und dessen Ausstattung mit reichen Ländereien kosten. Daher schwieg sie, obwohl ihr einige Kommentare auf der Zunge lagen.
Sigismunds Selbstbeherrschung war weit schlechter als die ihre, doch er hielt sich so lange im Zaum, wie sein Leibdiener anwesend war. Kaum hatte der Mann den Raum verlassen, sah er Isabelle fordernd an.
»Ihr habt diese schwarze Krähe doch schon früher kennengelernt, diesen Janus Suppertur! Wer ist er überhaupt? Was wisst Ihr von ihm?«
Nachdenklich wiegte die Äbtissin den Kopf. »Ich bin ihm vor zwei Jahren in Rom begegnet. Damals war er noch nicht ganz so hoch aufgestiegen wie jetzt, dennoch hatten bereits viele Würdenträger am Heiligen Stuhl Angst vor ihm. Es heißt, er wäre einige Jahre zuvor wie aus dem Nichts in Rom aufgetaucht. Er nennt sich Janus Suppertur vom Heiligen Grab, obwohl ich bezweifle, dass er jemals in Jerusalem gewesen ist. Doch woher der Mann stammt, konnte mir niemand sagen. Die einen halten ihn für einen Franzosen, andere für einen Deutschen. Selbst als Grieche wurde er bereits bezeichnet.«
»Er spricht Deutsch wie seine Muttersprache«, wandte Sigismund ein.
»Dasselbe behauptet man von seinem Französisch. Nur Griechisch habe ich ihn noch nie sprechen hören. Auf jeden Fall ist er gefährlich, und Ihr solltet ihn nicht unterschätzen.«
Sigismund war zu erregt, um auf Isabelles Warnung einzugehen. »Was hat es mit seiner Maske auf sich? Mit dem Ding wirkt er direkt unheimlich.«
»Das ist wahrscheinlich auch seine Absicht. Man sagt, die Maske würde Verletzungen aus seinem Kampf gegen die Mauren verbergen. Doch niemand weiß, wann und wo dies geschehen sein soll, und es gibt auch keine Zeugen, die ihn je haben kämpfen sehen.«
»Wenn er kämpfen will, soll er es gegen die Hussiten tun. Dann hat er genug Zeugen«, unterbrach Sigismund die Äbtissin erregt.
»Er hat vorhin sehr deutlich gemacht, dass er genau das Euch überlässt.«
Sigismund antwortete mit einem unwilligen Schnauben. »Der Papst treibt weiterhin sein Spiel mit mir! Und diesmal will er mich mit den Hussiten erpressen. Wenn ich nicht gegen diese Ketzer in den Krieg ziehe, verweigert er mir die Kaiserkrönung. Ziehe ich aber gegen diese Ketzer und verliere, werde ich danach nicht einmal mehr König sein, geschweige denn Kaiser werden. Es gibt genug Narren, die sich dann gegen mich stellen würden.«
Sigismund trat zu einer großen Karte, die von kunstvoller Hand gezeichnet worden war und in die jemand etwas weniger geschickt Grenzlinien eingezogen hatte.
»Seht her!«, forderte Sigismund die Äbtissin auf und zeigte auf die Karte. »Das hier ist das von den Hussiten besetzte Land. Nur ein kleines Gebiet in Böhmen wird noch von Graf Sokolny gehalten. Der ist zwar kein Hussit, sondern ein treuer Sohn der römischen Kirche, aber er pocht auf seine Unabhängigkeit und erkennt mich nicht als seinen König an. Leider kommt kein Papst und redet dem Mann ins Gewissen, dass er mir gehorchen muss. Dabei ist gerade Sokolnys Land der Schlüssel, Böhmen zu erobern.«
»Aber es ist auch der kürzeste Weg für die Hussiten, in diesen Teil des Reiches
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