Die Rache Der Wanderhure
Kaiserwürde in Aussicht stellt.«
Damit ging Ruppertus weit über die Vollmachten hinaus, die der Papst ihm übertragen hatte. Martin V. war vor allem daran interessiert, Sigismund zu disziplinieren und in seinem Sinne zu lenken. Doch Ruppertus waren die eigenen Ziele weit wichtiger als der Wille des Papstes. Er wollte Marie in die Hand bekommen und damit seine Niederlage vor elf Jahren in einen Sieg verwandeln. Dabei hasste er diese Frau ebenso, wie er sie begehrte. Wie er selbst war auch sie durch die Hölle gegangen und wieder aufgestiegen. Dabei hatte sie vielleicht nicht Gott, aber zumindest der Welt getrotzt und zuletzt sogar dem König ihren Willen aufgezwungen.
Nun würde er Sigismund seinen Willen aufzwingen, dachte er mit grimmiger Zufriedenheit. Seinem endgültigen Triumph stand allerdings ein Hindernis im Wege, und um das zu beseitigen, benötigte er Hettenheim.
Der Graf hatte über Ruppertus’ Worte nachgedacht und spürte, wie sein Blut heiß durch die Adern floss. Nicht einmal in seinen kühnsten Träumen hatte er sich vorzustellen gewagt, eines Tages Sigismunds Stelle einnehmen zu können. Nun bot ihm der Inquisitor des Papstes diese Möglichkeit freiwillig an. Er selbst musste nur noch die Hände ausstrecken und die Gelegenheit beim Schopf packen. Erregt fasste er den Inquisitor am Ärmel und sah in das zum Teil von der Silbermaske verdeckte Gesicht.
»Was muss ich tun, damit Seine Heiligkeit mich zum Kaiser macht?«
»Zunächst sollten wir abwarten, wie sich die Dinge entwickeln, denn wir dürfen nicht vorschnell handeln«, antwortete Ruppertus. Er musste verhindern, dass Hettenheim sich zu früh als Sigismunds Konkurrent zu erkennen gab und diesen damit warnte. »Eines aber könnt Ihr tun: Nehmt diesen Michel Adler auf Hohenstein in Eure Schar auf. Ich will, dass er in Euren Reihen kämpft …«
Hettenheims Gesicht nahm einen störrischen Zug an. »Niemals!«
»… und stirbt«, setzte Ruppertus den angefangenen Satz fort, ohne sich um den Einwand seines Gegenübers zu scheren.
Hettenheim starrte den Inquisitor verblüfft an. »Ihr wollt Michel Adler tot sehen?«
»Sagtet Ihr nicht, dass er treu zum König steht? Um Sigismund fällen zu können, muss man ihn seiner Stützen berauben.«
Mittlerweile hatte Ruppertus seine Ruhe wiedergefunden und genoss das erregende Gefühl, Menschen gegeneinander auszuspielen und dabei Herr über Leben und Tod zu sein.
Hettenheim verachtete Michel Adler, der aus der Gosse stammte, aber er fürchtete den Mann auch als erfahrenen Kämpfer. Wie alle Emporkömmlinge würde der Wirtsschwengel stets auf Sigismunds Seite zu finden sein, weil er dem König seinen Aufstieg zu verdanken hatte und ohne Sigismunds Gunst tief fallen würde.
Daher nickte er unbewusst. »Ich habe nichts dagegen, dafür zu sorgen, dass dieser Kerl stirbt. Wenn das geschehen ist, macht Ihr mich zum Kaiser!«
Ruppertus lachte leise. »So einfach geht das nicht. Michel Adler ist nur einer von vielen Steinen auf Eurem Weg zur Krone, die beiseitegeschafft werden müssen. Tut es aber bald! Zeichnet sich dieser Kerl aus und hilft Sigismund dadurch, die Hussiten zu schlagen, bleibt Seiner Heiligkeit nichts anderes übrig, als Euren Vetter doch noch zum Kaiser zu krönen. Also ist es in Eurem Interesse, diesen Wirtsschwengel zu beseitigen.«
Kaum hatte er das letzte Wort gesprochen, drehte Ruppertus sich um und schritt grußlos davon.
Schon im gleichen Augenblick hatte er Hettenheim vergessen, denn er beschäftigte sich in Gedanken mit Marie. Er sah sie so vor sich, wie sie vor seinem Scheiterhaufen gestanden war, schön und gleichzeitig gnadenlos wie eine antike Göttin. Der Wunsch, sie zu besitzen und ihr Herr zu sein, der darüber bestimmen konnte, ob sie leben durfte oder sterben musste, brannte so stark in ihm, dass er darüber die Befehle des Papstes und diesen selbst vergaß.
5.
W ährend Ruppertus und Falko von Hettenheim im Arkadenhof der Burg ihre üblen Pläne spannen, betrat Sigismund seine privaten Gemächer, streifte mit einer ärgerlichen Bewegung das härene Hemd ab und feuerte es in eine Ecke. Da erst bemerkte er, dass seine Wachen jemand ins Zimmer gelassen hatten, und sah sich um. Es war Isabelle de Melancourt, die ihm mit ihrem Rat beistehen und verhindern wollte, dass er eine falsche Entscheidung traf.
»Es ist eine Unverschämtheit, dass ein römisch-deutscher Kaiser so ein Ding bei der Krönung tragen muss und dem Papst dabei auch noch den Hintern küssen
Weitere Kostenlose Bücher