Die Rache Der Wanderhure
Michel heißen«, warf Janka voller Groll ein.
Jetzt riss es Sokolny herum. »Stimmt das?«
Michel zuckte hilflos mit den Schultern. »Ich weiß es nicht! Aber ich kenne ihr Gesicht. Es ist das Einzige, was mir von meiner Vergangenheit geblieben ist. Doch wenn ich mehr wissen will, schwindet sogar diese Erinnerung.«
»Sie ist eine Spionin, entweder des Fürsten Vyszo oder des Königs. Einem von beiden will sie Sokolny in die Hände spielen. Da bin ich mir ganz sicher! Warum hätte sie sich sonst als Mann verkleidet auf unser Land geschlichen?«
Einmal in Fahrt, ließ Janka sich weder von Michels verzweifelten Gesten noch vom Räuspern ihres Vaters bremsen. Noch während sie erregt ihren Standpunkt vertrat, betrat Marat die Halle. »Sprecht Ihr von der Kastellanin von Hohenstein?«
»Sie soll eine Dame von Stand sein? Ich sah nur ein Weib im Kittel eines Straßenjungen!«, höhnte Janka.
Ritter Roland und ein paar andere lachten, während Michel sich aus einem ihm unverständlichen Grund darüber ärgerte.
Marat hob beschwichtigend die Hand. »Urteilt nicht vorschnell, sondern wartet ab, bis Ihr die Dame seht. Ich habe mir erlaubt, eine Magd zu beauftragen, ihr Wasser zum Waschen und ein passendes Kleid zu besorgen. Bis dorthin sollten wir in aller Ruhe zusammensitzen und uns nicht von Gefühlen hinreißen lassen.«
Seine Worte galten vor allem Janka, die ganz so aussah, als wolle sie erneut auffahren.
Bevor es jedoch dazu kam, griff ihr Vater ein. »Setz dich und schweig!«
»Es wird nicht lange dauern«, versprach Marat und lehnte sich gegen einen Türpfosten. Er wollte die Gesichter der Menschen in diesem Saal im Blickfeld haben, wenn Marie herunterkam, um die Gefühle und Gedanken der Anwesenden einschätzen zu können.
Janka hätte dem Ganzen am liebsten mit einem Schwertstreich ein Ende gemacht, Michel wirkte verwirrt und ratlos, und auch der Graf schien nicht zu wissen, wie er sich verhalten sollte.
In Ritter Rolands Augen hingegen leuchtete neue Hoffnung auf. Wenn der Němec verheiratet war, erhielt er eine zweite Chance, Sokolnys Tochter zu erringen.
Marat nahm seine zufriedene Miene wahr und sagte sich, dass der Mann noch einiges würde lernen müssen, wenn er der unumstrittene Herr dieses Besitzes sein wollte. Zunächst aber war er gespannt auf den Eindruck, den Marie auf die anderen machen würde.
Nicht lange, da waren Schritte auf der Treppe zu vernehmen. Jeder im Saal starrte Marie verblüfft an. Michel rieb sich mehrmals über die Augen, so als würde ein Zauber sie trüben. Auch Janka schnappte überrascht nach Luft, während ihr Vater eine knappe Verbeugung andeutete.
Jetzt drehte auch Marat sich um und nickte zufrieden. Die Magd hatte seine Anweisungen peinlich genau befolgt und Marie ein prachtvolles Gewand gegeben, das ihr ausgezeichnet stand. War sie ihm bereits in der Männertracht schön erschienen, so überstrahlte sie nun alle Frauen, die er in diesen Landen je gesehen hatte. Janka war gewiss kein unansehnliches Mädchen und glich in ihrem Kleid einer Märchenprinzessin. Doch die Frau, die nun erschien, war eine Königin, der niemand das Wasser reichen konnte.
»Das ist eines meiner Kleider!«, rief Janka empört, doch niemand hörte auf sie.
»Darf ich die Dame jetzt offiziell vorstellen?« Marats Frage war nur rhetorischer Natur, denn er sprach sofort weiter. »Dies ist Marie Adler von Hohenstein, Gemahlin des Ritters Michel von Hohenstein, den wir als den Němec kennen.«
»Ein deutscher Ritter, der von deutschen Rittern verraten wurde?«, stieß Graf Sokolny überrascht hervor.
»Michel wurde nicht von den deutschen Rittern verraten, sondern von genau drei Edelleuten, die sich mit dem Schurken Ruppertus verschworen haben!« Maries Stimme klirrte, und alle in der Halle begriffen, dass sie dem von ihr genannten Mann den Tod wünschte.
Selbst Michel konnte sich der Magie ihrer Stimme nicht entziehen. Obwohl seine Erinnerung stumm blieb, hallte der Name Ruppertus in seinen Gedanken so machtvoll, als sei ein Feind aus alter Zeit zurückgekehrt und bedrohe erneut sein Leben.
Ohne ihrem Mann mehr als ein kurzes Lächeln zu schenken, trat Marie zu Sokolny und knickste. »Ich bringe Euch ein Friedensangebot von König Sigismund und auch eines von Fürst Vyszo. Sie respektieren beide Eure Unabhängigkeit, solange Ihr Euch nicht auf eine der beiden Seiten schlagt.«
Während der Graf nachdenklich die Augen zusammenkniff, schüttelte Michel den Kopf.
»Ich denke, wir sollten
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