Die Rache Der Wanderhure
immer wieder zu hören, dass sie dieses und jenes nicht durfte, nur weil ihr Vater oder in letzter Zeit auch der Němec eine Gefahr darin sahen. Dabei fühlte sie sich in der Gegenwart des Kriegers ohne Erinnerung so sicher wie in Abrahams Schoß. Andererseits freute es sie, dass er sich um sie sorgte und alles tat, damit sie in Geborgenheit leben konnte.
»Ich hatte Sehnsucht nach dir«, sagte sie lächelnd und entwaffnete Michel damit.
»Ich sorge nur rasch dafür, dass diese Kerle hier ihre Lektion erhalten, dann bringe ich Euch zurück zur Burg!« Trotz seiner Anspannung gab Michel das Lächeln zurück.
Janka hingegen beschloss, den Heimritt an einem verborgenen Ort zu unterbrechen, um dort mit ihrem Verlobten allein zu sein.
Auch während er sich mit Janka unterhielt, ließ Michel die Eindringlinge nicht aus den Augen. Der junge Späher wanderte immer noch scheinbar sorglos auf Sokolny zu, während seine Kumpane sich auf einmal zurückzogen. Anscheinend hatten sie Jankas Kommen bemerkt und gaben Fersengeld, ohne ihren Kameraden zu warnen. Michel wunderte sich darüber, sagte sich aber gleichzeitig, dass er die Kerle nicht ohne einen Denkzettel davonkommen lassen durfte. Er hob seinen Bogen, zielte zunächst auf den jungen Burschen, der fast genau auf ihn zukam, schüttelte dann aber den Kopf. Den würde er sich lebend schnappen. Von den anderen musste jedoch einer dran glauben, damit die Hussiten begriffen, dass sie hier nichts verloren hatten.
Da stupste Janka ihn an. »Verschone die Kerle! Ich bin in Hochzeitslaune und will nicht, dass sie durch den Tod eines Menschen gestört wird.«
Michel lachte leise auf. »Es ist das Vorrecht der Damen, Gnade zu erbitten!«
Bei diesen Worten senkte er den Bogen ein wenig, ließ den Pfeil von der Sehne schnellen und sah zufrieden, wie der hussitische Patrouillenführer, den er schon mehrfach um Sokolny hatte herumschleichen sehen, sich mit einem Fluch an den Oberschenkel griff und dann eilig weiterhumpelte.
»Das wird ihm eine Lehre sein«, erklärte Michel zufrieden und wandte sein Augenmerk wieder dem frechen Burschen zu, der immer tiefer nach Sokolny hineingeriet.
»Was machst du mit diesem Kerl?«, wollte Janka wissen.
»Den hole ich mir!« Michel lief zu seinem Pferd, schwang sich in den Sattel und ritt los. Zuerst trabte er nur, genoss das Gefühl der Jagd und auch die Tatsache, dass er Janka zeigen konnte, wie geschickt er war.
Kurz darauf vernahm er, wie sich ein zweiter Reiter näherte, und drehte sich um. Es war Marat, der anscheinend bemerkt hatte, dass Janka sich wieder auf gefährliches Gebiet gewagt hatte, und sie überwachte. Michel winkte ihm kurz zu und ritt dann schneller. Nun wurde der junge Bursche auf ihn aufmerksam und lief auf die Burg zu, so als könnte er einem galoppierenden Pferd davonlaufen. Das fand Michel ziemlich dreist, und er beschloss, dem Kerl eine Lektion zu erteilen.
2.
M arie hörte den Reiter hinter sich und blickte kurz über die Schulter zurück. Es war jener bärtige Mann in dem fremdartigen Gewand. Die Angst, es könne doch nicht Michel sein, ließ sie schneller laufen. Dann aber begriff sie, dass sie dem Reiter niemals würde entkommen können. Daher blieb sie stehen und sah dem Mann entgegen. Er saß auf dem Pferd wie Michel, doch alles andere war fremd und ungewohnt. In seiner Rechten hielt er ein Schwert, und sie wusste nicht, ob er damit zuschlagen würde.
Du bist ein dummes Stück!, schoss es ihr durch den Kopf. Solange du als Mann verkleidet bist, wird er dich nicht erkennen. Kurzentschlossen nahm sie den Hut ab und schüttelte den Kopf, damit ihre Haare frei auf den Rücken fielen. Gleichzeitig zog sie den Dolch, den die Hussiten ihr zurückgegeben hatten, um sich bis zum Äußersten zu wehren, sollte der Mann doch nicht Michel sein.
Der Reiter hatte sie fast erreicht, als ihr Haar in der Sonne aufflammte, und seine spöttisch verzogene Miene veränderte sich jäh. Er wirkte verwirrt, wenn nicht gar erschrocken. Sein Schwert sank herab, und er beließ es dabei, ihr mit dem Pferd den Weg zu verlegen und auf sie hinabzustarren. Doch der Ausdruck des Erkennens, auf den Marie so sehr gehofft hatte, blieb aus.
Dabei war es ihr Michel. Dessen war sie sich nun trotz des Bartes und der unbekannten Tracht sicher. Von ihren Gefühlen überwältigt, streckte sie die Arme nach ihm aus.
»Michel, endlich!«
Er starrte die Frau an und konnte nicht glauben, was er sah. Es war die Fremde aus seinen Träumen, sein
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