Die Rache Der Wanderhure
antwortete Hettenheim rauh und wies dabei auf seine toten Soldaten. »Bevor ich auf Eure Einflüsterungen hörte, war ich der Vetter des Königs und ein angesehener Mann mit einem starken Gefolge. Nun habe ich weniger Krieger als Finger an einer Hand. Nein, Inquisitor, unsere Wege trennen sich hier. Sucht Euch jemand anders für Eure Schandtaten. Mein Schwert gehört nicht mehr Euch!«
Dann wandte der Graf sich mit bitterer Miene an Marie. »Erlaubt mir und meinen letzten Männern, auf unsere Pferde zu steigen, und gewährt uns freies Geleit!«
Marie nahm seine Verzweiflung wahr. Ruppertus hatte Hettenheim mit Versprechungen gelockt und zu Dingen getrieben, für die der Mann sich nun schämte. Obwohl er große Schuld auf sich geladen und versucht hatte, Michel zu ermorden, nickte sie nach kurzer Überlegung.
»Geht!«
Erleichtert wollte Hettenheim an ihr vorbeigehen. Da setzte Marie ihre Tochter ab, beugte sich nach vorne und zog blitzschnell sein Schwert aus der Scheide. Der Graf erblasste, als er sah, wie sie die Waffe hochriss und schwang. Doch da schüttelte Marie leicht den Kopf.
»Ihr habt mein Wort!« Noch während sie es sagte, drehte sie sich um und trat auf ihren wahren Widersacher zu.
Ruppertus wich mit flackerndem Blick vor ihr zurück, bis er mit dem Rücken zur Turmmauer stand. In ihren Augen las er einen schier übermenschlichen Hass und den Willen, es jetzt und auf der Stelle zu Ende zu bringen. Voller Angst brach er in die Knie, zog den Kopf ein und hob die Hände, unfähig, sich zur Wehr zu setzen.
Maries Klinge zuckte auf ihn zu, doch im letzten Augenblick lenkte sie die Spitze so, dass sie nur seine Silbermaske vom Gesicht riss und das vernarbte Fleisch darunter zerschnitt.
Mittlerweile hatten Hettenheims Leute das Tor wieder geöffnet. Michel stürmte herein, sah den knienden und blutenden Ruppertus und versetzte ihm einen Tritt. Doch als er sein Schwert zum tödlichen Streich hob, hielt Marie ihn auf.
»Lass den König über ihn richten!« Es kostete sie viel Kraft, den Mann nicht sofort zu töten, doch wenn Michel, Trudi und sie in Frieden leben wollten, brauchten sie Sigismunds Gunst. Die würden sie aber nicht erringen, wenn sie den Inquisitor und Gesandten des Papstes wie einen tollen Hund erschlugen. Papst Martin V. würde den König für den Tod des Inquisitors verantwortlich machen und blutige Sühne fordern. Das erklärte sie Michel und brachte ihn damit zur Vernunft.
Er starrte auf den sich im Dreck windenden Ruppertus hinab und befahl Nepomuk, ihn zu binden. Er selbst sah sich jetzt Trudi gegenüber, die mit leuchtenden Augen auf ihn zukam und die Ärmchen nach ihm ausstreckte.
»Papa!«
Einen Moment lang wusste Michel nicht, wie er auf das Kind reagieren sollte, dann hob er es auf und presste es an sich.
Marie sah ihn erstaunt an. »Kannst du dich endlich wieder erinnern?«
Bevor Michel eine Antwort geben konnte, trat Marat an seine Seite. Auch er war zufrieden, dass alles vorbei war, und grinste breit. »Du hast eine kluge Frau, Němec. Und ich glaube, die brauchst du auch!«
13.
S o einfach, wie Marie es sich vorgestellt hatte, war es nicht, Ruppertus zur Rechenschaft zu ziehen. Sein Rang als Inquisitor und Gesandter des Papstes brachte es mit sich, dass er nicht wie ein beliebiger Adeliger vor das Gericht des Königs gestellt und verurteilt werden durfte. Nachdem er den ersten Schrecken überwunden hatte, verteidigte Ruppertus sich mit allen Schlichen, zu denen er fähig war, und erhielt zudem Unterstützung von hohen kirchlichen Würdenträgern im Reich. Zuletzt bemühte sich sogar Papst Martin V. in eigener Person nach Nürnberg, um zu verhindern, dass durch eine Verurteilung des Inquisitors seine eigene Autorität angegriffen werden konnte.
In jenen Tagen bedauerte Marie es mehr als einmal, gezögert zu haben. Sie hätte Ruppertus gleich erschlagen sollen, als sie ihn vor der Klinge gehabt hatte. Nur sein Tod konnte den Schatten vertreiben, den er über ihr Leben und das Michels und Trudis warf, und von dem schien er weiter entfernt denn je.
An einem kühlen Morgen wandte sie sich an Michel, Marat, Nepomuk und Hiltrud, die sie nach Nürnberg begleitet hatten. »Heute ist der entscheidende Tag! Entweder gelingt es uns, Ruppertus zu Fall zu bringen, oder wir werden es bitter bereuen, ihn auf Hohenstein verschont zu haben!«
Marat zwinkerte Michel kurz zu und klopfte auf sein Schwert. »Wenn es nicht anders geht, werde ich diese Sache zu Ende bringen. Auf Burg
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