Die Rache Der Wanderhure
Knochen. Dichter Pulverdampf hüllte die Männer ein, und eine Zeitlang waren nur deren schmerzerfüllte Schreie zu hören.
Oben auf der Wehrmauer starrte Ruppertus hilflos auf das Gemetzel, das die Tannenbergrohre unter Hettenheims Soldaten angerichtet hatten. Nur wenige von ihnen waren noch kampffähig, aber so entsetzensstarr, dass sie keine Chance gegen Michel Adler und den zweiten Krieger hatten.
Mit einem Wutschrei stieß er Hiltrud zurück, packte Trudi und hielt sie so, dass sie in die Tiefe stürzen würde, wenn er seinen Griff löste.
»Haltet ein!«, brüllte er nach unten.
Marie sah als Erste zu ihm hinauf, stieß einen Schrei der Verzweiflung aus und sprang vom Wagen. Ihr war klar, dass Ruppertus ihre Tochter ohne zu zögern in den Burghof schleudern würde. Blind vor Tränen rannte sie auf die Treppe der Wehrmauer zu, stolperte über die erste Stufe und brach in die Knie.
»Nein, nicht!«, wimmerte sie.
Hochmütig lächelnd blickte Ruppertus auf sie hinab, verlor aber Maries Begleiter nicht aus den Augen. »Stehen bleiben!«, herrschte er Michel an, als dieser an den überlebenden Soldaten vorbei zur Treppe strebte.
»Du und die beiden anderen, ihr werdet jetzt die Burg verlassen«, setzte er höhnisch hinzu.
»Gib uns das Kind!«, forderte Michel ihn auf.
Ruppertus schüttelte sanft den Kopf. »Das Kind gehört zur Mutter oder in diesem Falle die Mutter zum Kind. Kommst du herauf, Marie, oder soll die Kleine zu dir kommen?«, fragte er höhnisch und streckte Trudi noch weiter hinaus.
»Du bist der Teufel in Person!«, stieß Marie hervor, stieg aber mit müden Bewegungen die Treppe hoch.
Verzweifelt streckte Michel die Hand aus, als wolle er sie aufhalten. »Sag mir, was ich tun soll?«, bat er Marat.
Dieser blickte mit starrer Miene zu Ruppertus auf und wusste, dass dieser Trudi in dem Augenblick in die Tiefe schleudern würde, in dem Marie ihm nicht gehorchte.
»Uns sind im Augenblick die Hände gebunden«, flüsterte er leise und gab Nepomuk einen Wink, das Gespann zu drehen und die Burg zu verlassen. Er selbst fasste Michel unter und führte ihn hinter dem Wagen her.
»Kopf hoch, Němec! Es wird auch andere Tage geben, Tage, an denen wir die Sieger sind. Dieser Schuft kann sich nicht ewig in der Burg verstecken. Sobald er seine Nase heraussteckt, haben wir ihn.« Es war eine bescheidene Hoffnung, aber die einzige, die ihnen noch blieb.
12.
K aum hatten Michel, Marat und Nepomuk die Burg verlassen, befahl Ruppertus seinen verbliebenen Soldaten, das Tor zu schließen. Die Männer gehorchten jedoch nur zögernd. Ihre Blicke galten noch immer den Kameraden, die von der Salve der kleinen Kanonen niedergestreckt worden waren. Einige lebten noch, hatten aber so schwere Verletzungen davongetragen, dass sie wohl kaum wieder auf die Beine kommen würden. Auch die meisten von denen, die noch aufrecht standen, waren nicht ohne Blessuren geblieben.
Jetzt beäugten sie Marie, die wie eine Statue auf halber Höhe der Treppe stand, mit scheuen Blicken und schlichen auf das Burgtor zu. Als sie die Flügel des Tores schlossen, sahen die meisten von ihnen so aus, als würden sie lieber nach draußen laufen, anstatt bei ihren Anführern zu bleiben, und das trotz der beiden unheimlichen Krieger, die vor der Burg auf sie warteten.
Ruppertus beachtete die Männer nicht länger, sondern musterte Marie mit dem zufriedenen Blick eines Mannes, der sich seines Besitzes sicher weiß. Seine Vision hatte sich erfüllt. Die stolzeste Frau dieser Zeit war in seiner Hand. Sie würde seinen Samen in sich aufnehmen und ihm Könige und Päpste gebären. Zufrieden schob er Trudi Hettenheim in die Arme, der mit einem Blick neben ihm stand, als könne er das Geschehene nicht begreifen.
»Haltet das Kind fest! Ich will meine erwählte Braut willkommen heißen.« Mit diesen Worten stieg Ruppertus die Treppe hinab und ging mit ausgebreiteten Armen auf Marie zu, die unwillkürlich vor ihm zurückwich, bis sie auf dem Burghof stand und die Toten und Sterbenden hinter sich sah.
Aus den Augenwinkeln nahm Marie wahr, dass ihre Tochter die Wehrmauer verließ, ohne dass Hettenheim sie daran hinderte, die Treppe hinablief und auf sie zueilte. Sie bückte sich, schloss das Mädchen in die Arme und drückte sie an sich.
Ruppertus drehte sich zu Hettenheim um und drohte mit der Faust. »Ich habe Euch doch gesagt, Ihr sollt das Kind festhalten!«
»Ihr habt mir schon viel gesagt und noch mehr versprochen, aber nichts gehalten«,
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