Die Rache Der Wanderhure
Ufer. Der Ferge saß auf der Bordwand und schnitzte an einem Holzstück herum.
Erleichtert lief Marie auf den Prahm zu. Geld für das Übersetzen besaß sie keines, da der Priester ihr alles abgenommen hatte, doch mittlerweile war sie bereit, notfalls mit ihrem Körper für die Überfahrt zu zahlen.
Ein Blick nach hinten zeigte ihr, dass die Reiter den Auwald noch nicht erreicht hatten, und so sprach sie den Fährmann an. »Kannst du mich hinüberbringen?«
»Das kann ich, aber es kostet drei Kreuzer«, antwortete er in einem schwer verständlichen Dialekt.
»Ich habe kein Geld, aber vielleicht könnte ich dich anders bezahlen.« Marie wies auf ihren Unterleib.
Für einen Augenblick flammten die Augen des Mannes begehrlich auf, dann aber schüttelte er den Kopf. »Das bekomme ich zu Hause bei meiner Frau umsonst und muss mich dafür nicht über den Fluss quälen. Gib mir Geld oder schwimm rüber!«
Es war Marie schwer genug gefallen, sich dem Kerl anzubieten, und seine unerwartete Ablehnung brachte sie in höchste Gefahr. Sie warf einen Blick auf den trübbraunen Fluss, der Hochwasser führte und allerlei Unrat mit sich trug. In dieses Wasser zu springen und hinüberzuschwimmen, wagte sie nicht. Da ertastete sie in einer versteckten Tasche ihres Kleides einen harten Gegenstand.
Der Ring des Königs!, fuhr es ihr durch den Kopf. Sie hatte ihn von Isabelle de Melancourt erhalten, um ihn dem Grafen Sokolny vorzuweisen. Aber notfalls musste es auch ohne den Ring gehen. Ein Blick nach hinten zeigte ihr, dass die Reiter schon ziemlich nahe waren. Daher zog sie das wertvolle Stück aus der Tasche und zeigte es dem Fährmann.
»Den bekommst du, wenn du mich hinüberbringst!«
»Hast wohl Angst vor denen, was?«, fragte er, nahm dann den Ring, musterte ihn kurz und steckte ihn unter seinen Gürtel.
»Mach, dass du auf die Fähre kommst!«, rief er, ergriff seine Stange und schob den Prahm ins Wasser.
Marie sprang mit einem Satz ins Boot, setzte sich vorne an die Spitze und sah dem Fährmann zu. Dieser lenkte den Prahm so, dass er, vom Druck der Strömung getrieben, dem Seil folgte, das von Ufer zu Ufer gespannt war.
Das war allerhöchste Zeit!, dachte Marie, als die Reitertruppe das Ufer erreichte und dort anhielt.
Anstatt zu warten, bis die Fähre zurückkehrte, begann Hettenheim mit den Armen zu fuchteln. »Komm sofort wieder her, Kerl!«, brüllte er den Fergen an.
»Bring die Frau zu uns!«, forderte Ruppertus den Fährmann mit schneidender Stimme auf.
Erst jetzt begriff Marie, dass diese Männer tatsächlich sie verfolgten, und überlegte, was sie tun sollte, wenn der Fährmann auf deren Verlangen hin umkehrte. Notfalls würde sie ins Wasser springen und hoffen müssen, dass sie lebend ans andere Ufer gelangte. Zwar konnte sie ausgezeichnet schwimmen, doch hier gab es bösartige Strudel und sehr viel Treibholz, das einem Schwimmer gefährlich werden konnte.
Der Fährmann griff an seinen Gürtel und zog den Ring hervor. Noch nie hatte er so etwas Wertvolles besessen, und er wollte diesen Schatz nicht verlieren. Doch wenn er die Frau zurückbrachte, würde sie den Ring zurückverlangen, und die Männer würden ihm diese Kostbarkeit abnehmen.
Daher winkte er kurz nach hinten. »Ich setze euch über, sobald die Frau drüben ist.«
Danach, so sagte er sich, konnten die Leute ihr immer noch folgen. Schließlich war sie zu Fuß und würde von den Reitern bald eingeholt werden.
Ruppertus wollte jedoch nicht warten und wies Eberhard an, eine Armbrust zu spannen. Dann nahm er ihm die Waffe ab, zielte kurz und schoss. Zufrieden sah er, wie der Fährmann zusammenzuckte und in sein Boot stürzte. Trotzdem wurde die Fähre von der Strömung weiter auf das andere Ufer zugetrieben. Ruppertus sah sich die Fähre genauer an und entdeckte, dass der Prahm an einem umlaufenden Seil hing, das über je eine Rolle an diesem und dem gegenüberliegenden Ufer geführt wurde.
»Los, zieht den Kasten zurück!«, befahl er seinen Männern und dankte im Stillen der Vorsehung, dass die Fähre nicht von einem einzigen Seil gehalten wurde, an dem der Bootskörper mittels eines Ringes bewegt werden konnte.
Das brutale Vorgehen ihrer Verfolger erschreckte Marie, und ihr Entsetzen wuchs, als die Knechte an dem Seil zogen und die Fähre sich auf einmal rückwärts bewegte. Sie wollte schon über Bord springen, als sie den Ring des Königs in der Hand des toten Fergen glänzen sah. Den wollte sie diesen Schurken nicht überlassen. Rasch
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