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Die Rache Der Wanderhure

Die Rache Der Wanderhure

Titel: Die Rache Der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Gelegenheit gab, ihre Lust zu stillen.
    »Hoffentlich ist ihnen der Stall über den Köpfen abgebrannt!«, rief sie und erschrak darüber, wie kraftlos ihre Stimme klang.
    Vielleicht sollte sie sich neben der Straße hinlegen und ein wenig schlafen. Doch sie hatte nicht einmal mehr ein Stück Stoff, in das sie sich hätte einhüllen können. Ihr Umhang war im Pfarrstall zurückgeblieben, und ihr Kleid hing in Fetzen.
    Im Grunde war sie gescheitert. Sie besaß weder die Mittel weiterzureisen, noch konnte sie nach Hohenstein zurückkehren. Aber sie dachte nicht daran aufzugeben. Wenn es nicht anders ging, würde sie betteln und stehlen müssen. Vor der letzten Konsequenz, notfalls ihren Körper verkaufen zu müssen, schreckte sie jedoch noch zurück. Mit diesem Gedanken sattelte sie das Pferd ab, nahm ihm die Trense aus dem Maul und legte beides neben die Straße. Dann strich sie dem Pferd noch einmal über den Hals und ging mit Tränen in den Augen weiter. Sie konnte nur hoffen, dass das Tier sich so weit erholte, dass es bis zum nächsten Dorf kam und dort von einem guten Herrn eingefangen wurde.
    Unterwegs knüpfte sie die Reste ihres Kleides auf der Brust zusammen. Da aber immer noch ein Teil ihres Busens unbedeckt blieb, riss sie ein Stück vom Saum ihres Rockes ab und wickelte sich den Streifen um den Oberkörper.
    Gerade als die Sonne aufging, glaubte sie, weit hinter sich ein dumpfes Trommeln zu vernehmen. Sie drehte sich um und entdeckte eine Staubwolke, wie sie nur von einer größeren Reiterschar stammen konnte. Wer auch immer dort ritt, kam rasch auf sie zu. Metall klirrte, also musste es sich um Krieger handeln. Um nicht von irgendwelchen Kerlen in ihrem zerfetzten Kleid als Freiwild angesehen zu werden, begann sie zu laufen, so schnell sie es vermochte. Dabei hielt sie auf ein dichtes Waldstück zu, das noch an die hundert Schritte von ihr entfernt war. Dort, so sagte sie sich, würde sie sich verstecken können.
    Während Marie die Straße entlangrannte, ritt Ruppertus an der Spitze seiner Männer und behielt die Umgebung im Auge. Er entdeckte als Erster das lahmende Pferd, das neben der Straße hungrig das Gras rupfte, und den zurückgelassenen Sattel.
    »Das muss der Gaul der Gesuchten sein!«, rief er Hettenheim zu.
    »Das könnte sein! Wenn Ihr den Pfaffen nicht gleich hättet aufhängen lassen, hätte er uns das Pferd beschreiben können.«
    Hettenheim war ein harter Mann, für den ein Menschenleben wenig zählte. Doch Ruppertus’ gnadenlose Art machte ihm allmählich Angst. Der Inquisitor war kein Mensch, der Widerspruch duldete oder gar Versagen. So selbstherrlich trat nicht einmal Sigismund auf, und der war immerhin der von den sieben Kurfürsten gewählte König des Reiches. Bei dem Gedanken an seinen Vetter fiel Hettenheim ein, dass Janus Suppertur versprochen hatte, ihn zum Kaiser zu machen.
    Aber das würde wohl eine arg bittere Frucht für ihn werden. Wie er den Inquisitor inzwischen kennengelernt hatte, würde dieser die Fäden in der Hand behalten und ihn wie seine Marionette führen. Allerdings verlieh ihm der Glanz der Kaiserkrone genügend Macht, mit diesem Mann fertig zu werden. Selbst der Inquisitor des Papstes war nur ein Mensch und so sterblich wie alle anderen. Das vorzeitige Ende eines solchen Mannes durfte nur keinen Schatten auf ihn selbst werfen.
    In seine Überlegungen verstrickt, überhörte Hettenheim Ruppertus’ Antwort und vernahm dessen Worte erst, als sie weiterritten.
    »Es kann nicht mehr weit sein bis zum Fluss. Dort sitzt sie in der Falle.«
    Hoffentlich!, dachte Hettenheim, dann war diese höllische Hetzjagd endlich vorbei.
    Kurz darauf stieß Ruppertus einen leisen Ruf aus und wies mit der Linken nach vorne, wo eben eine Gestalt im dichten Auwald verschwand. »Das muss sie sein. Vorwärts!«
    Während er sein Pferd noch einmal zum Galopp antrieb, begann Eberhard zu schimpfen. »Wenn das so weitergeht, wechsle ich noch zu den Fußtruppen. Da bekomme ich wenigstens nur wundgelaufene Füße und keinen durchgerittenen Arsch.«

16.
    D as Geräusch eilig fließenden Wassers trieb Marie voran. Wenn sie einen breiten Bach oder besser noch einen Fluss zwischen sich und jene Reitertruppe legen konnte, würde sie sich sicherer fühlen. Kurz darauf erreichte sie das Ufer und jubelte innerlich auf. Das Gewässer war zu breit und seine Strömung zu stark, um es mit Pferden überwinden zu können. Zu ihrem Glück aber lag keine fünfzig Schritt von ihr entfernt eine Fähre am

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