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Die Rache Der Wanderhure

Die Rache Der Wanderhure

Titel: Die Rache Der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Michel hingegen spürte, dass es ihm keine Freude bereitete, Menschen zu töten. Doch um Sokolny zu retten, musste er es tun. Dabei dachte er an Janka und fragte sich, was sie dazu sagen würde, wenn sie erfuhr, dass er drei ihrer Feinde umgebracht hatte. Ein Lächeln würde es ihr hoffentlich wert sein. An mehr wagte er im Augenblick noch nicht zu denken.

2.
    N ur wenige Meilen von Sokolny und auch nicht weit vom Heerlager der deutschen Truppen entfernt rannte Marie wie ein gehetztes Wild durch den Wald. Zwar war sie ihren Verfolgern vorerst entkommen, doch sie fragte sich, wie hartnäckig diese Leute sein mochten und wer sie waren. Sie konnte sich nicht vorstellen, was der Mönch im schwarzen Habit von ihr wollte, der mit diesen Männern ritt.
    Mit einem Mal erinnerte Marie sich wieder an das, was der fette Priester gesagt hatte. Angeblich sollte sie von der Inquisition gesucht werden! Das wunderte sie, ängstigte sie aber auch, denn sie hatte nie etwas gegen die Kirche getan. Marie brach den Gedankengang ab, weil ihr etwas anderes einfiel. Hatte König Sigismund nicht erklärt, ein Inquisitor des Papstes würde seinem Amt entsagen, um sie zu ehelichen?
    Das musste der schwarze Mönch gewesen sein! Bei der Vorstellung, mit diesem Mann verheiratet zu werden, der den Fährmann gnadenlos niedergeschossen hatte, überlief es sie kalt. Sie konnte auch nicht begreifen, weshalb dieser Mönch ausgerechnet an ihr interessiert sein sollte. Sie war weder von edler Abkunft, noch hatte sie ein reiches Erbe in Aussicht. Dieses Rätsel vermochte sie allein nicht zu lösen. Doch wenn sie diesem mörderischen Mönch entkommen wollte, musste sie all ihre Kräfte zusammennehmen und ihren gesamten Scharfsinn einsetzen.
    Dabei war sie schon so erschöpft, dass sie sich am liebsten unter dem nächsten Busch zusammengerollt hätte. Trotz ihrer Schwäche biss sie die Zähne zusammen und schleppte sich weiter. Stunde um Stunde verging. Irgendwann begriff Marie, dass sie nicht einfach ostwärts wandern durfte. Der Mönch würde auf jeden Fall annehmen, dass sie das Heerlager der Königlichen aufsuchte, und sie dort erwarten. Obwohl es ihr im Herzen weh tat, bog sie beim nächsten Kreuzweg ab und tauchte zwischen den uralten Baumriesen unter.
    Nun machte der Hunger sich immer stärker bemerkbar. Sie hatte in der Nacht nur ein wenig Brot und Schweinefleisch in dem Pfarrhaus gegessen und dafür einen hohen Preis bezahlen müssen. Noch einmal wollte sie nicht an eine Tür klopfen und um Essen betteln. Mit diesem Vorsatz ging sie weiter und wählte einige Zeit später eine Abzweigung, die wieder nach Osten führte. Auf diese Weise, so hoffte sie, würde sie ihre Verfolger täuschen können.
    Während sie sich weiterschleppte, kam ihr in den Sinn, dass es jetzt nicht mehr nur darauf ankam, Michel zu finden. Auch zu zweit würden sie vor dem Mörder im Gewand eines Gottesmanns nicht sicher sein. Falls Michel überhaupt noch lebt, dachte sie in einem Anfall von Mutlosigkeit.
    Sofort riss sie sich zusammen. »Michel lebt, und ich werde ihn finden. Dann wird dieser verfluchte Mönch für seine verruchten Taten bezahlen!«, sagte sie zu sich selbst und drohte mit der geballten Faust in die Richtung, in der sie ihren Verfolger vermutete.
    Vor Müdigkeit über die eigenen Füße stolpernd, setzte sie ihren Weg fort. Ihren Durst konnte sie an Quellen löschen, und hie und da fand sie Beeren, die für ein paar Augenblicke den Hunger besänftigten. Dennoch schien ihr der Magen bereits in der Kniekehle zu hängen, und sie leckte sich beim Gedanken an ein saftiges Brathähnchen die Lippen. Auch mit einem schlichten Brei oder Eintopf ohne Fleischeinlage wäre sie zufrieden gewesen.
    Während sie unter dem fast geschlossenen Kronendach eines dichten, grünen Waldes wanderte, schränkte sie ihre Ansprüche immer mehr ein, bis sie zuletzt für ein einziges Stück trockenen Brotes nicht nur ihren Körper, sondern auch ihre Seele verkauft hätte.
    Leider bestand der Wald nicht nur aus großen, wuchtigen Stämmen, sondern auch aus elendem Dornengestrüpp, das sich über den Pfad schlängelte. Immer wieder trat sie sich einen Dorn in den nackten Fuß oder riss sich die Beine blutig. Ihr Mut, der ihr in Nürnberg schier unerschöpflich erschienen war, sank mit jedem Schritt. Zudem wurde ihr immer wieder schwindlig. Während sie sich auf der scheinbar wankenden Erde weiterkämpfte, war ihr, als würde ihr Blick durch einen Schleier getrübt.
    Plötzlich weitete sich

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