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Die Rache Der Wanderhure

Die Rache Der Wanderhure

Titel: Die Rache Der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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bückte sie sich, bog die verkrampften Finger des Mannes auf und steckte den Ring ein.
    Inzwischen hatten die Kerle den Prahm bereits über die Hälfte zurückgezogen. Doch Marie schauderte bei dem Gedanken, sich dem gurgelnden Wasser anvertrauen zu müssen. Da brachte das Messer des Fährmanns sie auf eine Idee. Sie zog es aus der Scheide, fasste mit der anderen Hand das Seil und begann hastig, es durchzuschneiden.
    Ruppertus bemerkte es und forderte die Männer auf, rascher zu ziehen. Doch da hatte Marie das Seil bereits durchtrennt, wickelte sich das abgeschnittene Ende mehrmals um den Arm und sprang ins Wasser. Die Strömung riss sie sofort mit, und sie wurde bis auf den Grund des Flusses gedrückt. Wild entschlossen klammerte sie sich an dem Seil fest, kam wieder an die Oberfläche und sah erleichtert, dass sie auf die rettende Seite des Flusses zu gezogen wurde.
    Hinter ihr gab Ruppertus den Befehl, das Seil schneller einzuholen, musste dann aber feststellen, dass die Männer am falschen Ende zogen und Marie dadurch nur noch rascher auf die andere Seite gelangte.
    Wütend stampfte er auf den Boden. »Lasst das Seil los!«
    Eberhard und die anderen gehorchten und mussten hilflos zusehen, wie die Fähre, die sie selbst benötigten, von der Strömung gepackt und mitgerissen wurde.
    Marie hatte unterdessen das jenseitige Ufer erreicht und kroch hustend und keuchend an Land. Als sie sich auf die Beine kämpfte, merkte sie, dass sie einen Schuh verloren hatte. Mit einer wütenden Bewegung zog sie auch den anderen aus, warf ihn ins Wasser und tauchte barfuß im Halbdunkel des Waldes unter.
    Hinter ihr begann Ruppertus so wild zu brüllen, dass Hettenheims Männer erschrocken den Kopf einzogen. Aber er hatte sich rasch wieder in der Gewalt und funkelte den Grafen grimmig an.
    »Wo gibt es die nächste Möglichkeit überzusetzen?«
    »Das weiß ich nicht genau. Gewiss müssen wir etliche Meilen reiten, bis wir wieder auf eine Fähre treffen, denn bei diesem Hochwasser können wir keine Furt benützen.«
    Hettenheim bedauerte den letzten Satz bereits, bevor er ihn ausgesprochen hatte, denn der sichtbare Teil von Janus Supperturs Gesicht färbte sich dunkel vor Zorn.
    »Wenn es notwendig sein sollte, werden wir den Fluss auch bei dieser Strömung durchqueren. Gott wird uns leiten!«
    Auf das Gottvertrauen des Inquisitors wollte Hettenheim allerdings nicht bauen. Daher war er froh, als dieser befahl, den Weg zurückzureiten und die nächste Fähre zu suchen.

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    Dritter Teil
    Die Flucht
    1.
    M it einem zufriedenen Nicken musterte Marat seinen Schüler. Der Deutsche hatte seine Verletzungen rascher überwunden, als zu erwarten gewesen war. Wer ihn nun in seiner ledernen Kleidung sah, das Schwert an der Seite und Bogen und Köcher auf dem Rücken, hätte sich wohl kaum überzeugen lassen, dass der Mann vor wenigen Wochen dem Tod näher gewesen war als dem Leben.
    »Bist du bereit?«, fragte er.
    Michel nickte. »Das bin ich!«
    »Dann komm mit! Im Süden wurden hussitische Späher gemeldet. Ich fürchte, Fürst Vyszo wird uns nicht mehr lange in Ruhe lassen. Sokolny blockiert den Weg nach Franken, dem einzigen Landstrich, in dem die Hussiten noch fette Beute machen könnten. Wenn Vyszo seine Soldaten über den Winter bringen will, muss er dort einfallen und plündern.«
    Marat klang besorgt. Im Allgemeinen desertierten hungrige Soldaten rasch, um sich auf eigene Faust die Bäuche zu füllen, doch die hussitischen Krieger wurden nicht von der Gier nach Gold und Beute angetrieben, sondern von dem Willen, ihren Glauben zu verteidigen. Ihrem Feldherrn würde es daher leichtfallen, sie zum Sturm antreten zu lassen, auch wenn viele an diesen Mauern den Tod finden würden. Dem konzentrierten Angriff eines vielfach überlegenen Heeres konnte Sokolny nicht standhalten, selbst wenn die Belagerer nicht über mauerbrechende Kanonen verfügten.
    Marat wischte diesen Gedanken mit einer abwehrenden Geste beiseite und drehte sich zu Michel um. »Wir müssen die Späher abfangen. Es darf keiner zurückkehren, hast du verstanden? Wenn auch nur einer seinem Fürsten beschreiben kann, wie unsere Verteidigungslinien aussehen, kann Vyszo seinen Angriff planen.«
    »Wir werden ihn schon davon abbringen!« Michel lächelte, aber es wirkte grimmig.
    »Das werden wir! Allerdings werde ich mich ein wenig zurückhalten. Wenn andere Hussiten ihre Späher von den Höhen dort drüben aus beobachten, sollen sie sehen, dass ein weiterer harter Krieger

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