Die Rache der Zwerge
vorbereitete und nach der Vorstellung die Einnahmen zählte. Auf dem Ankleidetisch des fahrenden Mimen stapelten sich die Münzlinge. Kleinvieh machte auch Mist, mit dem er sein Leben düngte. Er steckte noch immer in der Robe, die er damals in Porista als angeblicher Magus Rodario der Unglaubliche getragen hatte. Was damals Feinde ablenken sollte, war nun zu einem Requisit verkommen. Immerhin hatte er sich schon abgeschminkt und die Apparate an seinem Körper abgelegt.
Er schenkte sich von dem Wein ein, trank und schaute in den Spiegel; seine Züge wirkten im Licht der Lampen deutlich älter. »Jedes Fältchen ein Zyklus der Sorge.« Er prostete Furgas' Bildnis zu. »Lass es dir wohl ergehen, alter Freund, bis ich dich gefunden habe. Wer würde es mit deiner Meisterhaftigkeit aufnehmen können?« Er stürzte den Wein hinunter und achtete erst gar nicht auf das laute Pochen an seiner Tür.
»Ich schlafe«, rief er missmutig, als es nicht aufhören wollte.
»Sehr gut. Dann bringe ich dir einen Albtraum, Schmeichler«, hörte er eine Männerstimme. Die Tür flog aus den Angeln, krachte auf den Dielenboden und wirbelte Schmutz auf. Auf der Schwelle stand Nolik, hinter ihm zeichneten sich die Umrisse von zwei weiteren Männern ab. Sie hielten alle Knüppel in den Händen. »Und schon bin ich wach, mein etwas zu starker Freund. Was drängt Ihr so? Ich hätte Euch die Tür gewiss geöffnet.« Rodario sprang auf, langte nach seinem Schwert. »Das ist eine echte Waffe, Nolik«, warnte er und warf das Haar zurück. »Zwingt mich nicht dazu, sie von Eurem Blute trinken zu lassen.«
»Selbst jetzt redet er geschwollen daher, wo der Vorhang doch schon gefallen ist.« Nolik lachte und trat in den Wohnwagen, seine beiden Begleiter folgten ihm auf den Fersen. Er öffnete den erstbesten Schrank zu seiner Linken, warf die Kleider darin auf den Boden. »Wo ist sie?«, fragte er.
»Die Einnahme von heute?« Rodario hob das Schwert. »Ich dachte, Ihr seid unendlich reich? Benötigt man Euren Marmor nicht mehr?«
Der zweite Schrank wurde aufgerissen, jetzt regneten Tiegel, Fläschchen und Beutel hernieder. Sie barsten oder platzten auf, und die Substanzen mischten sich. »Du weißt, wen ich meine«, brüllte Nolik und tat einen Schritt nach vorn. Seine Stiefel zermahlten wertvolle Ingredienzien für den Hauch der Eoil.
Rodario zielte auf die Brust des Mannes. »Ihr, guter Mann, werdet mir für den Schaden aufkommen, den Ihr in Eurer Frechheit anrichtet. Und bei den Ausgeburten Tions, sagt mir endlich, was Ihr und Eure hochgeistigminderbemittelten Freunde bei mir wollt.«
»Tassia.«
»Eure Gattin?«, lachte er auf. »Ah, ich verstehe. Sie ist Euch davongelaufen, und nun denkt Ihr, ich gewährte ihr Unterschlupf.«
Nolik war stehen geblieben. »Sicher. Sie hatte schon immer Flausen im Kopf, und du, Schmeichler, hast das alte Fieber in ihr wieder geweckt. Heute Nacht war das Bett leer.«
Rodario grinste und schaute an ihm vorbei zu den zwei Männern. »Dann kehrt dorthin zurück und kuschelt mit diesen beiden Prachtgeschöpfen. Wäre ich Eure Gemahlin, ich wäre schon längst durchgebrannt. Nun geht!« Niemand folgte seiner Aufforderung. Nolik langte nach dem Verschluss einer Truhe, aber der Mime schlug ihm mit der flachen Seite des Schwertes auf die Finger. Schnell sprang der Mann zurück.
»Fasst noch einmal etwas in diesem Wagen an, und Ihr werdet fürderhin die andere Hand benutzen müssen, um Euch die Arschballen abzuwischen«, zischte Rodario und gab sich Mühe, sehr, sehr gefährlich auszusehen. »Schlagt ihn zu Mus«, befahl Nolik fluchend und hielt sich die geröteten Finger. »Erst danach nehmen wir seine Bude auseinander.
Zögernd drückten die beiden Männer sich an ihrem Anführer vorbei. Es waren kräftige Kerle, vermutlich Arbeiter aus dem Steinbruch, die Brocken von der Schwere eines Wagens mit Leichtigkeit stemmten. Ein Treffer mit den Holzlatten, und er würde tot niedersinken.
Da kam die erste Attacke.
Rodario lenkte den Knüttel ab, der daraufhin gegen die Seitenwand des Bettes donnerte und es zerschlug. Unter den Trümmern wurde ein Frauenkleid sichtbar - und in dem Kleid steckte zur Überraschung des Mimen Tassia! Sie rutschte nach hinten gegen die Wand des Wagens und barg den Kopf in ihren Händen. Der kurze Blick auf ihr Gesicht hatte genügt, um Rodario das Veilchen um ihr rechtes Auge sehen zu lassen.
»Oh, Herr Nolik ist nicht nur dämlich, sondern zudem noch ein feiges Schwein«, bemerkte er zuvorkommend.
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