Die Rache der Zwerge
Entschädigung für die schlechte Behandlung gegeben. Er wird nicht einmal merken, dass sie ihm fehlt.«
Rodario sah das anders. Er schätzte das Gold als sehr rein ein, und ein derartiger Bergkristall besaß einen beträchtlichen Wert. »Es wäre besser, wenn wir die Kette zurücksenden«, meinte er.
Sie entwand ihm den Schmuck. »Niemals«, sagte sie unnachgiebig. »Außerdem brauchen wir die Kette für dein Theaterstück. Und unsere Auseinandersetzung darüber kannst du gleich mit einbauen.« Sie streichelte seine Wange. »Liebster, wenn Noliks Vater seine Leute uns bisher nicht auf den Hals gehetzt hat, wird er es auch nicht mehr tun. Wir haben mehr als dreihundert Meilen hinter uns gebracht, ohne dass wir aufgehalten wurden. Du musst nichts befürchten.«
Er ließ sich von ihr einwickeln und fand es zudem reizvoll, den Schatz in das Stück einzubauen. »In meinem Stück werden wir Besuch von Bösewichtern erhalten, die uns die Kette stehlen wollen«, grinste er sie an und drückte ihr einen wilden Kuss auf die Lippen. »Oh, ich sehe es schon vor mir.« Er hob die ausgestreckte Hand, führte sie von rechts nach links, als könne er damit in die Luft malen. »Wir, umzingelt von Schurken, kämpfen uns den Weg frei. Denn in Wirklichkeit ... ist die Kette viel mehr als nur ein Kleinod!« Er redete sich warm, seine Gedanken glühten förmlich, und er stand auf, um sich seine Einfälle fieberhaft zu notieren. »Ja, natürlich! Die Kette ist ein Schlüssel! Der Kristall öffnet ... eine geheime Grotte, in der eine Kammer voller Diamanten und Geschmeide lagern.« Seine Augen nahmen einen verträumten Ausdruck an, und er nahm eine seiner berühmten heroischen Bühnenposituren ein. »Tassia, ich bin ein Genie! Niemand kann es bezweifeln, nicht einmal die Götter! Und es wird ein großartiges Abschlussgefecht! Ich gegen eine Überzahl von drei, ach, was sage ich, sieben!«
»Bei dem ich natürlich mitmachen werde«, warf sie ein. »Bringst du mir das Fechten bei?«
Rodario grinste dreckig. »Welches Fechten meinst du, Liebste?« Er beugte sich zu ihr herunter und streichelte ihr Haar. »Dieses Stück wird einschlagen wie ein Komet.« Mit einem Mal dämpfte sich seine Hochstimmung. »Wir brauchten Furgas«, sagte er leiser, nachdenklicher. »Er allein ist in der Lage, meine Vorstellung in die Tat umzusetzen.«
Tassia wickelte die Kette wieder in die Lappen, versteckte sie und stellte sich vor ihn. »Du machst dir große Sorgen um ihn«, sagte sie, erstaunt über die Ernsthaftigkeit, die man ansonsten meist vergeblich bei dem Mimen suchte.
Er nickte. »Seit fünf Zyklen suche ich ihn und habe niemals aufgegeben, weil ich die feste Überzeugung hege, dass mein Freund noch lebt und sich in den größten Schwierigkeiten befindet«, erklärte er ihr, setzte sich und zog sie mit aufs Bett. »Nicht körperlich, sondern seelisch. Er hat seine Gefährtin und seine beiden Kinder in der Schlacht in Porista verloren. Und in der Verbitterung dieser schwärzesten Stunde ist er voller Wut und Hass auf alles Lebendige gegangen. Einfach so, ohne sich zu verabschieden oder zu sagen, was er zu tun und wohin er sich zu wenden gedenkt.«
Sie nahm seine Hand und drückte sie mitfühlend.
Rodario schenkte ihr ein gequältes Lächeln. »Seitdem suche ich ihn überall, und als du mir von ihm berichtet hast, ist die Hoffnung in mir aufgeblüht wie ein Mohnfeld im Sommer. Ich werde Mifurdania auf den Kopf stellen, bis mir jemand sagen kann, wo er abgeblieben ist.«
»Du wirst ihn finden«, sagte Tassia und fuhr liebevoll über seinen Handrücken.
Rodario küsste ihre nackte Schulter. Er sagte ihr nicht, dass ihm zugleich ein wenig vor dem Wiedersehen mit seinem besten Freund bangte. Er konnte nicht voraussehen, wie sich Furgas verhalten würde. Tungdil hatte ihm seine damalige Unterredung geschildert und Furgas als einen Mann beschrieben, den er so nicht kannte. Irgendjemand hatte einmal gesagt, dass der Tod auch die Lebenden veränderte. Vielleicht wollte er gar nichts mehr mit ihm zu tun haben.
»Ich werde ihn finden«, wiederholte er Tassias Worte. »Alles Weitere wissen die Götter.«
Wenig später gingen Rodario, gekleidet, wie es sich für den selbst ernannten Kaiser der Schauspieler gebührte, und Tassia durch die Straßen Mifurdanias. Besser gesagt, sie wandelten auf schmalen und breiten Stegen aus Holz und Stein zwischen den Häusern, denn die Seen Weyurns hatten sich bis hierher ausgebreitet. »Sie haben aus der Not eine Tugend gemacht«,
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