Die Rache des Chamäleons: Thriller
sagt, in dieser Sekunde wird ihm klar, dass am anderen Ende der Tod spricht. So würde es enden. Ein Anruf vom Tod.
»Ich möchte nicht über meine Frau reden«, sagt er.
»Dann lassen wir das.«
»Was wollen Sie von mir?«
»Wir wollen, dass Sie diese Reise unternehmen.«
»Warum?«
»Das werden Sie schon noch erfahren. Machen Sie sich keine Sorgen.«
»Sorgen? Ich soll mir keine Sorgen machen?«
»Sie bekommen die nötigen Informationen zu gegebener Zeit.«
»Warum sollte ich mir dann Sorgen machen?«
Keine Antwort.
»Ich muss wissen, worum es eigentlich geht«, sagt er, »und zwar JETZT .«
»Es geht um die Vergangenheit«, sagt die Stimme. »Das ist alles, was ich weiß.«
»Alles, was Sie wissen?«
»Es geht nicht um mich.«
»Um wen geht es dann?«
Wieder keine Antwort.
»Ich werde alleine reisen. Ich komme allein.«
»Nein.«
»Ich reise allein. Niemand kann mich zwingen, meine Frau mitzunehmen.«
»Machen Sie keine Dummheiten.«
»Wie meinen Sie das? Keine Dummheiten machen?«
»Sie wiederholen, was ich sage.«
»Wiederhole ich, was Sie sagen?«
»Sie haben Angst. Das verstehe ich. Deswegen ist es wichtig, dass Sie tun, was man Ihnen sagt.«
»Zum Teufel, ich weiß ja nicht einmal, was ich tun soll!«
»Die Geschenke haben es Ihnen gesagt. Später erfahren Sie mehr.«
Es ist eine kultivierte Stimme, als ob die Person gut ausgebildet wäre. Oder gut ausgebildet, Kultur zu imitieren, Lebensart, Charakter.
»Wir fahren nicht«, sagt Peter.
»Das ist keine kluge Entscheidung.«
»Ich muss wissen, worum es eigentlich geht. Ich muss mehr wissen.«
»Nicht jetzt.«
»Ich gehe zur Polizei.«
»Das wäre eine sehr unkluge Entscheidung.«
»Was machen Sie, wenn ich zur Polizei gehe?«
Er bekommt keine Antwort. Es war eine dumme Frage, denkt er, eine sehr dumme Frage.
Als er noch etwas sagt, merkt er, dass der andere aufgelegt hat.
In seinem Ohr ist ein Summen, wie der Beginn eines Sturmes, der sich vor langer, langer Zeit zusammengebraut hat.
Jetzt ist es Abend. Das Fenster zum Garten steht offen.
Von überall her dringen Gartendüfte herein, gute Düfte. Die Dämmerung geht rasch in frühe Septemberdunkelheit über, verführt einen zu dem Irrglauben, dass immer noch Sommer ist.
Die Stimmen seiner Kinder im Haus. Sie werden gerade zu Bett gebracht. Er hört Ritas Stimme. Er hört alles, was er hören möchte, alles, was er je hat hören wollen.
Die Tickets liegen auf dem Schreibtisch. Er nimmt sie in die Hand und legt sie wieder hin. Er nimmt die Hotelinformationen. Information. Er könnte das ans Festnetz angeschlossene Telefon auf den Schreibtisch stellen und die Behörden informieren. Er fragt sich, ob sie ihm das zutrauen. Was würden sie tun, wenn er die Polizei einschaltet? Was würde die Polizei unternehmen? Dies ist ein Fall von Kidnapping ohne Kidnapper, eine Bedrohung ohne Bedrohung, in diesem Fall gibt es nur Geschenke.
Durch das Zimmer weht ein zunehmend stärkerer Wind. Besser, er schließt das Fenster. Er steht auf, geht zum Fenster und lehnt sich hinaus. Der Garten liegt still und leer da. Er kann immer noch die zwischen zwei Bäumen gespannte Leine erkennen, an der Laika angekoppelt ist und doch frei laufen kann. Angekoppelt und dennoch frei, denkt er.
Er kann den Hund nirgends entdecken. Er stromert gern in der Dämmerung, wühlt gern im Garten herum.
»Laika? Laika, wo bist du?«
Keine Antwort.
Vielleicht ist sie ja im Haus, denkt er. Dabei weiß er, dass sie nicht drinnen ist. Er kontrolliert die Uhrzeit auf seiner Armbanduhr. Um diese Zeit ist sie nie im Haus.
Er schwingt sich auf die Fensterbank und springt hinaus. Es sind nur eineinhalb Meter bis zur Erde, und er landet weich im Septembergras. Der Garten ist schnell abgeschritten. Die Kontrolle ist sinnlos, Laika hätte sich längst auf ihn gestürzt, wenn sie hier wäre.
Er geht zum Geräteschuppen, der eher wie ein Gartenhäuschen aussieht. Er hat es selbst gebaut, das war nicht schwer. Ich hätte Tischler werden sollen, hatte er beim Bauen gedacht. Von Anfang an.
In seinem Kopf dröhnt es, als hätte er eine Bandsäge zwischen den Ohren.
Hinter dem Schuppen steht ein alter Ahorn mit einem kräftigen Ast, auf dem seine Kinder fast jeden Tag klettern. Eine Schlinge ist um den Ast und um den Hals des Hundes gelegt, und sein Körper hängt wie ein weißer Nebelfetzen in dem diffusen Licht wie ein Gemälde er kann nichts mehr sehen es dröhnt in seinem Kopf er sieht eine Bewegung aber er hört
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