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Die Rache des Chamäleons: Thriller

Die Rache des Chamäleons: Thriller

Titel: Die Rache des Chamäleons: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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wissen alles über ihn. Sie wissen, dass er ein Fremder ist. Sie sehen das Opfer, wenn sie ihn sehen. Alles ist seinen Augen abzulesen. Seine Augen leuchten wie Asche in der Dämmerung, absorbieren alles Licht, schwarzes Licht, achtzig Prozent schwarzes Licht.
    Das Schild über dem Eingang zu dem Gebäude ist grau wie der Beton, schwarz wie die Uniformen. Darauf steht in Neonschrift POLICIA NACIONAL . Er steigt die Treppe unter den Leuchtbuchstaben hinauf, die mannshoch, fast so groß wie ein Mensch ist. Seine Hand zittert, als er die Tür aufschiebt wie das Tor zu einem schwarzen Schloss.
    Die Frau hinter der Glasluke hat ihn noch nicht bemerkt, den Fremden. Morgen weltberühmt, heute ein Niemand.
    Die Wände in dem Raum sind weiß gekalkt, das Licht der Neonröhre unter der Decke ist unbarmherzig und nackt. So muss es sein. Das ist die Regel Nummer eins. Wer immer hier eintritt, tut das in Nacktheit und Unbarmherzigkeit. Reiß einem Menschen die Kleider vom Leib, und er wird den Tod wie eine Barmherzigkeit empfinden.
    Einige der Personen, die auf Stühlen an der Wand sitzen, sind Ureinwohner, alle anderen Touristen, Skandinavier mit blonden Haaren und verbrannter Haut, hirnlose Blondinen, blaue Augen und verbrannte Haut, zwei Frauen und ein Mann. Sie glotzen ihn an, als hielten sie ihn für einen Arzt oder Botschaftsangehörigen, der ihnen Hilfe bringt. Alle anderen starren geradeaus ins Leere. Die Skandinavier haben keine sichtbaren Verletzungen. Wahrscheinlich geht es um Taschenraub, Diebstahl. Jedes Mal dieselbe Verwunderung, dieselbe Naivität.
    Die Frau hinter der Scheibe macht eine gelangweilte Geste in Richtung der Stühle, will nichts notieren, keine Namenserfassung.
    Durch eine Tür neben dem Empfangsschalter betritt ein Polizist in schwarzer Uniform den Raum. Sein Gesicht ist ausdruckslos. Dies ist ein Abend von vielen in seinem Leben. Er wirft einen Blick in ein Dokument und schaut auf.
    »¿Señor Barajas?«
    Ein Mann von etwa sechzig Jahren erhebt sich langsam und schwerfällig und folgt dem Polizisten durch die offene Tür, die sich hinter ihnen schließt.
    Eine ältere Frau schläft halb zusammengesunken mit offenem Mund. Ein Mann mittleren Alters in einem abgetragenen Anzug hustet hohl. Tot, dieser Ort ist tot, nichts wird hier geschehen, nichts.
    Draußen sind die Zikaden zu hören, das Zirpen dringt durch die nicht verglasten Fensteröffnungen. Die junge Dunkelheit strömt herein und mischt sich mit der nackten Deckenbeleuchtung. Es ist diese Art von Dunkelheit, die Menschen blind macht. Er steht auf und geht.
    Aitor Usetxe sitzt in einem Ledersessel. Das Zimmer wird von einer Stehlampe und einer Straßenlaterne erhellt, die an einem Draht über der Strandpromenade vor dem Balkon hängt.
    Er raucht eine dünne Zigarre, der Rauch verbreitet sich im Raum.
    An der Tür steht ein zweiter Mann. Aitor gibt ihm ein Zeichen, und der Mann verlässt den Raum. Als er die Tür öffnet, fällt kein Licht ins Zimmer.
    Draußen rollt das Meer, es kann nicht weit bis zum Meer sein. Die Brandung hört sich nah an, so nah, als könnte sie ins Haus spülen.
    »Soll ich Ihnen etwas holen lassen? Eine Tasse Kaffee? Mehr kaltes Wasser? Vielleicht ein Glas Wein?«
    Die Frau, die ihm gegenübersitzt, schüttelt den Kopf. Vor ihr steht ein Glas Wasser. Sie hat das Strandkleid gegen Straßenkleidung gewechselt.
    »Ich will meine Kinder anrufen«, sagt sie. »Das ist das Einzige, was ich im Augenblick will.«
    »Natürlich.«
    »Ich will sie jetzt anrufen.«
    »Ich werde für ein Telefon sorgen.«
    Aber er rührt sich nicht. Sie schaut zum Balkon. Die Gardinen bewegen sich, der Wind ist stärker geworden und die Brandung lauter.
    Er rührt sich noch immer nicht. Nur der Rauch zieht langsam durch das Zimmer.
    Über der Fassade hing ein Neonschild, AVIS . Plötzlich stand er dort drinnen und jetzt sitzt er im Auto und fährt am Meer entlang in Richtung Westen. Die Bucht ist schwarz, die Städte im Westen glitzern, als wäre es eine einzige Stadt, die sich an der Küste entlangzieht. Alles fließt ineinander, wird zusammengepresst. Er fährt auf der linken Spur, schnell, permanent auf der linken Spur.
    Das Meer ist nah, Wasser umspielt seine Füße, die siebte Welle schwappt über seine Sandalen. Er trägt Shorts und ein Leinenhemd, der Wind ist warm. Das Wasser in der kleinen Bucht ist warm, die Landestelle, die Abholstelle.
    Hier ist es gewesen.
    Seine Hände im Sand. Er zieht sie heraus und wirft eine Faustvoll Sand in

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