Die Rache des Chamäleons: Thriller
Gläser stehen noch da. Aber der Regisseur hat sie umgestellt. Hat das Versehen bemerkt. Doch er hat es als Erster entdeckt. Der Barkeeper nickt, als er vorbeigeht. Er weiß nicht, wie lange er in dem Hinterzimmer gewesen ist. Ein Viertelstunde, vierzehn Tage.
Ein Telefon klingelt. John sucht es unter den Papierhaufen auf dem Schreibtisch. Er antwortet, es ist ein altes Telefon aus der alten, wilden Zeit.
»Ja. Nein. Ja«, sagt er auf Spanisch. »Das weiß ich nicht. Ich glaube, er fährt direkt zum Hotel zurück. Ja. Nein. Nein.«
Aitor hatte ihm die Landungsstellen entlang der Westküste gezeigt. Aitor war immer wie ein Nachtclubbesitzer gekleidet. Schon als junger Mann war er ein Snob. Oder etwas anderes.
»Ich will nicht wie ein verlotterter Kerl herumlaufen«, sagte er. »So wie du, ein verlotterter Schwede.«
»Und trotzdem willst du mich dabeihaben.«
»Es ist Platz für alle da.«
Sie waren auf der alten Straße durch die Nacht gefahren. Er hörte das Meeresrauschen, das von einer gewaltigen Kraft zeugte.
»Fühlst du die Spannung?«, fragte Aitor.
»Machst du es deshalb?«
»Es geht nichts über diese Spannung«, sagte Aitor. »Nichts.«
»Heute Nacht passiert doch nichts?«
»Die Spannung ist immer da«, sagte Aitor. »Wenn man erst einmal angefangen hat.«
Sie hatten am Strand gehalten. Mitten auf dem Strand. Er war nicht groß, nur eine kleine Bucht. Der Strand war vom Gold und Silber des Vollmondes übergossen. Man brauchte es nur einzusammeln.
»Morgen Nacht«, sagte Aitor. »Hier.«
Er deutete mit dem Kopf auf ein Haus, das fünfzig Meter entfernt stand, vielleicht vierzig. Es wirkte verlassen. Mondlicht strich um die Hausecken.
»Dort können wir uns hinterher ausruhen.«
»Ist es dein Haus?«
»Jetzt ist es meins.«
»Es sieht unbewohnt aus.«
»Nur wenn niemand da ist«, sagte Aitor.
»Ist denn alles vorbereitet?«
»Wie meinst du das?«
»Für morgen Nacht.«
»Na klar.«
»Ist schon einmal jemand dabei verletzt worden?«
»Nein.«
»Das glaube ich dir nicht.«
»So etwas kommt bei uns nicht vor. Verletzt wird bei uns niemand.«
»Und die Bomben?«
»Wir geben immer eine Vorwarnung. Das wissen alle. Wenn jemand verletzt wird, dann keiner von uns.«
»Wer dann?«
»Die Polizei«, sagte Aitor.
»Die Polizei bombardiert ihre Bevölkerung?«
»Wer denn sonst? Wir sind hier in Spanien, vergiss das nie.«
Das Nachtleben ist in vollem Gang, als er am Rand der Altstadt entlang und weiter auf der Avenida fährt. Das Lachen ist in vollem Gang, das Besäufnis ist in vollem Gang. Die Touristen tanzen auf den Bürgersteigen, als wäre es der letzte Abend des allerletzten Tages. In den Gassen beginnt die Arbeitsnacht der Huren, zum Vergnügen ihrer Freier, Gott hat uns in die Welt gesetzt, damit wir uns amüsieren.
Auf dem Weg zum Hotel versuchen zwei Idioten, mitten auf der Straße vor seinem Auto zu tanzen. Er fährt über sie drüber, hört, wie ihre Körper unter den Rädern knirschend zermalmt werden.
Der Portier sieht ihn an, als er die Lobby betritt, vielleicht eine neue Flasche Cava, die es nicht gibt, nein, davon will er jetzt nichts wissen. Der Mann scheint etwas sagen zu wollen, öffnet den Mund, hebt eine Hand. Ich will nichts hören. Ich bin taub.
Die Tür zum Appartement ist nicht abgeschlossen.
Er starrt in den schwarzen Vorraum er hat Angst große Angst vor dem was ihn erwartet.
Da sieht er sie.
»Rita!«
Die nächtliche Straßenbeleuchtung sickert ins Zimmer und fällt auf ihr Gesicht. Sie sitzt in einem der beiden Sessel. In dem habe ich noch nicht gesessen, denkt er, ich hatte noch keine Zeit, darin zu sitzen. Wie lange sind wir schon hier, denkt er.
»Rita!«
Sie scheint ihn nicht zu hören, als ob sie taub wäre, als wäre er gar nicht da, als wäre sie gar nicht da.
»Rita!«
Er läuft durch das Zimmer, durch die künstliche Beleuchtung, sinkt vor ihr nieder, sinkt auf die Knie, legt die Hände auf ihre Arme.
»Rita.«
Sie bewegt den Kopf.
Öffnet die Augen.
Er nickt, er nickt wieder. Er weiß nicht, warum er das tut, seine Hände zittern. Ihre Arme zittern. Er könnte es sein, der sie zittern lässt.
»Ich bin hier«, sagt er. Das ist das Beste, was ihm einfällt. »Ich bin hier, Rita.«
»Ich bin müde«, sagt sie. »Ich muss wohl eingeschlafen sein.«
Sie wirkt ruhig. Vielleicht steht sie unter Drogeneinwirkung, sie haben ihr Drogen gegeben. So muss es sein.
»Was ist passiert?«, fragt er.
»Jetzt weiß ich, warum wir hier sind«,
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