Die Rache des Chamäleons: Thriller
Augen war es die Politik«, sagt Peter. »Deswegen bin ich doch auf derselben Seite gelandet wie du.«
»Du konntest es dir leisten, Romantiker zu sein. Aber die Sache hat dir nichts bedeutet.«
»Ich habe daran geglaubt.«
»Letztendlich ging es dir auch ums Geld.«
Peter antwortet nicht.
»Alles andere ergibt sich von selbst«, sagt Aitor. »Und deswegen bist du wieder bei uns.«
»Was ist in Estepona passiert?«
»Es ist etwas in Estepona explodiert«, antwortet Aitor.
»War das unser Haus?«
»Unser Haus?«
»Wer wiederholt denn jetzt die Fragen?«
»Nein, unser Haus steht noch. Aber es gehört uns nicht mehr. Dorthin können wir nie mehr zurück.«
»Ich glaube dir nicht.«
Die Tür wird geöffnet, Aitors Leibwächter kommt mit einem kleinen Silbertablett herein und schließt die Tür hinter sich. Er sieht aus wie ein Gangster, der in einem Film gelandet ist und einen Kellner spielen soll. Er stellt das Tablett auf dem Tisch ab. Darauf stehen zwei Gläser mit Wasser und zwei Tassen Carajillo – Kaffee mit Milch und Brandy.
Peter nimmt eine Tasse und trinkt einen Schluck. Er zieht eine Grimasse.
»Zu viel Brandy?«, fragt Aitor.
»Zu viel Milch.«
* Rita sitzt still auf dem Stuhl. Naiara betrachtet sie. Dann bückt sie sich, hebt eine Stofftasche vom Boden auf und legt sie vor Rita auf den Tisch.
»Stecken Sie sie in Ihre Tasche.«
Rita schiebt den kleinen Beutel in ihre Basttasche.
»Warum sind Sie selber gekommen?«, fragt Rita. »Sie hätten doch jemanden schicken können.«
»Ich wollte Sie kennenlernen.«
»Warum?«
»Ich wollte Sie kennenlernen«, wiederholt Naiara.
»Sie wollten sehen, was das für eine Person ist, die er geheiratet hat, nicht wahr? Wie sie aussieht, nicht wahr? Jetzt haben Sie es gesehen. Kann ich jetzt gehen?«
»Sie kennen mich nicht. Sie haben keinen Grund, böse zu werden.«
»Ich bin nicht böse. Ich habe nur eine furchtbare Angst«, sagt Rita.
»Ich auch«, sagt Naiara.
»Aber Sie werden nicht dabei sein«, sagt Rita.
Sie sind wieder an der Playa de la Fontanilla. Der Ort ist genauso verlassen wie gestern. Am Strand sind nicht viele Touristen, auch nicht viele Einheimische. Die Saison ist zu Ende. Früher war um diese Zeit noch Saison, aber jetzt ist es zu heiß geworden. Die Charterreisen sind versiegt wie das Wasser in den Reservoirs in den Bergen. Viele schieben das auf den globalen Klimawandel. Die Leute, die in den Schuppen nahe der Golfbahnen in Nueva Andalucía wohnen, sagen, der Klimawandel wird sie nach Norden vertreiben. Das Wasser reicht nicht gleichzeitig für Golfsport und Menschen. An der Costa del Sol haben die Behörden bereits eine Entscheidung getroffen. Für den Golf.
Peter hat nie Golf gespielt. Er kennt einige, die Golf spielen. Er mag diese Menschen nicht sonderlich, sie haben so etwas Oberflächliches, vielleicht, weil er sich selber in ihnen wiedererkennt. Aber was weiß er schon von sich. Womöglich kennt er nur die Oberfläche.
Er erhebt sich und geht zum Wasser. Die Wellen rollen weich heran. Heute gibt es keine Strömung, keinen Wind, keine Wolken, nur Sonne. In dieser Welt gibt es nur Sonne. Er spürt ihre Kraft auf dem Schädel. Er hätte eine Kappe aufsetzen sollen. Er besitzt eine, auf der der Name eines Klempners in Schweden steht. Er weiß nicht, woher er sie hat. Sie liegt in der Tasche, die am Sonnenschirmständer lehnt. Er dreht sich um und mustert den Sonnenschirm, die Liegestühle und Rita, die sich aufrichtet und ihn anschaut. Alles ist jetzt wichtig, denkt er. Wir sind wichtig. Was jetzt geschieht, ist das Wichtigste, das wir je erlebt haben. Er hebt die Hand und winkt Rita zu. Sie ist nur fünfzehn Meter entfernt, er hätte etwas rufen können. Aber er will die Stille nicht stören. Er winkt noch einmal. Sie winkt zurück. Es ist, als würden sie an verschiedenen Ufern des gleichen Meeres stehen. Wir sind wichtig, denkt er. Fünf Minuten im Leben eines Menschen sind wichtiger als alles andere auf der Welt. Das ist Borges, aber das weiß vermutlich jeder.
Der Lieferwagen des Strandverkäufers parkt an der üblichen Stelle. Es ist sein Stammplatz geworden, Peters Stammplatz. Fünfzig Meter von der Stelle entfernt, wo ihre Liegestühle stehen, vielleicht weniger. Der Wassermann ist nicht zu sehen, als er an dem Auto vorbeigeht.
Über diesen Teil des Strandes streicht der Rauch von den Feuern, die unter den Sardinenspießen in den Kähnen brennen. Der Wind treibt einen scharfen Geruch nach Rauch und Meer
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