Die Rache des Chamäleons: Thriller
getroffen wurde?«
»Ich weiß es nicht, Rita. Ich weiß nicht mehr als du.«
»Du warst doch dort.«
»Nein. Ich bin damals von dort weggelaufen.«
Er joggte nachmittags mit Jesús durch die Dünen. Jesús fand sich überall wie ein Blinder zurecht. Es war sein Strand. Von dort kam er.
»Der Strand wird verschwinden«, sagte er, als sie fast Fuengirola erreicht hatten. »Hier werden auf jedem Quadratzentimeter Hotels und Wohnungen entstehen.«
»Wie furchtbar.«
»Das ist die Entwicklung. Es gibt keine Alternative. Die einzige Alternative ist fortbestehende Armut.«
»Die Leute werden durch den Tourismus doch nicht reicher? Das gelingt wahrscheinlich nur den wenigsten.«
»Bist du Kommunist, Berger? Das werden wir dir bald austreiben.«
»Das sagt Aitor auch.«
»Aitor ist witzig.«
»Er könnte dein Bruder sein, Jesús. Dein Zwillingsbruder.«
»Das sagen sie.«
»Wer sagt das?«
Sie hatten sich wieder in Bewegung gesetzt. Das Laufen fiel ihnen leicht. Die Sonne war eine Freundin, der Wind war ein Freund. Das Meer war ruhig.
»Die es wissen«, sagte Jesús.
»Wer weiß es?«
»Der Schwede, dem die Bar gehört, John. Er sagt das. Er kennt alle, er weiß alles.«
»Wer außer ihm sagt das noch?«
»Naiara.« Jesús blieb stehen.
Vor ihnen kletterte Marbella die weißen Berge hinauf. Die Stadt war jetzt sein Zuhause. Er hatte geglaubt, dass sie es immer bleiben würde.
»Reicht Aitor nicht, Jesús?«
»Wie meinst du das?«
»Musst du alle haben?«
Großmutter Gun geht mit der schlafenden Isabella auf dem Arm über den Schotterweg auf die Pforte zu. Magdalena folgt ihr. Sie werden von zwei Männern begleitet.
Die Männer helfen Gun, sich mit dem Kind in ein Auto zu setzen. Sie denkt, dass das Mädchen sehr schwer ist, viel schwerer, als man vermuten sollte.
Einer der Männer schließt die hintere Tür und setzt sich auf den Beifahrersitz. Die Scheinwerfer werden eingeschaltet, das Auto fährt an.
Magdalena denkt, dass sie ganz allein sind in der Stadt. Es ist dunkel, nur die Autoscheinwerfer geben Licht, aber es reicht nicht. Ich will nicht ankommen, denkt sie. Das Auto fährt durch die Stadt. Magdalena erkennt nichts wieder. Sie weiß nicht, wo sie sind. Weit entfernt sieht sie etwas, das das Schloss sein könnte, aber sicher ist sie nicht. Es wäre gut, wenn es das Schloss wäre. Dann kann sie die Soldaten rufen, die bei dem König und der Königin Wache halten, wenn sie daran vorbeifahren. Die Soldaten können ihnen helfen. Jetzt sind sie irgendwo mitten in der Stadt. Sie fahren sehr, sehr lange in der Stadt herum. Hier sind die Häuser hoch. Jetzt sind sie in einem Haus. Sie sind nur wenige Meter vom Auto in ein Haus gegangen. Jetzt steigen sie eine Treppe hinauf. Sie betreten einen Flur. Einer der Männer trägt Isabella. Sie schläft ganz fest. Oma sagt etwas zu einem der Männer. Sie wiederholt es:
»Ich muss telefonieren. Wann kann ich telefonieren?«
»Morgen.«
»Warum nicht heute Abend?«
»Morgen.«
»Was macht das für einen Unterschied?«
Oma bekommt keine Antwort.
Rita lässt es endlos klingeln.
»Warum meldet sie sich nicht?«
»Lass mich mal versuchen.«
Er wählt Guns Telefonnummer, dann seine eigene, und stellt sich vor, dass er sich selber antwortet. Sein wirkliches Ich meldet sich, wenn er anruft. Der richtige Peter. Ein Mann ohne feindliche Vergangenheit.
»Es ist etwas passiert«, sagt sie.
»Was sollte passiert sein?«
»Was ist das für eine blöde Frage?«
»Bleib bitte ruhig, Rita.«
»Ruhig bleiben?«
»Vielleicht sind sie draußen.«
»Abends um elf Uhr?«
»Im Kino.«
»Du bist ja verrückt. Kino?«
»Ich weiß es nicht, Rita.«
»Herr im Himmel«, sagt sie.
»Ich versuche herauszufinden, was passiert ist«, sagt er.
Ein schwarzes PolicíaNacional-Auto fährt vorbei, als er vor dem Hotel steht. Die Polizisten auf den Vordersitzen werfen ihm gleichgültige Blicke zu. Jedenfalls empfindet er sie als gleichgültig. Er nimmt das Handy, tippt eine Nummer ein und wartet. Eine Gruppe Jugendlicher geht vorbei. Sie sprechen Schwedisch. Sie sind gut gelaunt, lachen, für sie ist das Leben ein Spiel.
»Hallo?«, sagt er, als sich jemand meldet. Die Stimme ist ihm unbekannt.
»Was hat er gesagt?«, fragt sie, als er in das Appartement zurückkommt.
»Er war nicht da.«
»Er war nicht da?«
»Nein.«
»Dann hast du wohl mit einem anderen gesprochen?«
»Niemand weiß etwas.«
»Jemand muss etwas wissen. Du lieber Gott!«
*
Sie können nicht
Weitere Kostenlose Bücher