Die Rache des Chamäleons: Thriller
hier. Im Augenblick ist er glücklich, etwas angetrunken, aber nur ein wenig, so wenig, dass er dem Rhythmus folgen kann. Er kann tanzen, er ist ein sehr guter Tänzer. Er hat Talent für alles, was er anpackt. So ist es schon immer gewesen. Das hat ihr immer schon Angst gemacht.
Jetzt ist der Tanz zu Ende. Alle applaudieren wie verrückt. Das Lokal ist voll besetzt. Der Applaus nimmt gar kein Ende. Der Leute klatschen im Rhythmus. Die Frau stampft im Takt des Beifalls. Alle schreien. Alle klatschen, so fest sie können.
Jemand nähert sich Jesús, beugt sich vor und flüstert ihm etwas ins Ohr. Sie weiß, wer es ist, aber im Augenblick ist ihr sein Name entfallen. Er ist neu in der Organisation ihres Mannes. So nennt Jesús es, Organisation. Raul, er heißt Raul, jetzt fällt ihr der Name wieder ein.
Jesús nickt, Raul richtet sich auf und entfernt sich.
Auf der Bühne hat sich ein Sänger auf einen Barhocker gesetzt. Jetzt ist nur noch ein Gitarrist auf der Bühne. Der Sänger beginnt zu singen:
»Adios Granada, Granaaauda mia …«
Die Balkontür steht offen. Es ist Abend. Vom Pool tönt Gelächter herauf. Es ist immer noch Happy Hour. Glas klirrt gegen Glas. Die Leute am Pool sind glücklich. Das ist der Sinn der Happy Hour.
Rita lehnt an der Wand. Es sieht aus, als würde sie die Wand stützen, aber vielleicht ist es auch umgekehrt. Er sitzt auf dem Fußboden neben dem Bett. Er sitzt immer öfter auf dem Fußboden. Auf dem Boden wird einem nicht so leicht schwindlig.
Sie brauchen beide Halt.
»Mañana« , sagt er.
»Wenn es nur so wäre«, sagt sie.
»Wie meinst du das?«
» Mañana bedeutet doch, dass man alles auf den nächsten Tag verschiebt, der nie kommt. Ein Klischee oder wie man es nennen soll. Ein Vorurteil gegen die Spanier. Nichts wird jemals erledigt. Man schiebt alles bis in alle Ewigkeit auf.«
»In diesem Fall meine ich es buchstäblich.«
Rita löst sich von der Wand, geht durch das Zimmer und setzt sich neben Peter.
»Warum hast du mitgemacht?«, fragt sie. »Als du hier warst, als du jung warst. Warum hast du dich am Waffenschmuggel beteiligt?«
»Damals habe ich das nicht für ein Verbrechen gehalten. Es war eher ein Abenteuer. Vielleicht habe ich auch einen höheren Sinn darin gesehen.«
»Höheren Sinn?«
»Du wiederholst, was ich sage.«
»Höheren Sinn?«
»Ich habe es nicht begriffen. Ich habe nichts verstanden. Es klingt zwar idiotisch, aber so war es.«
Sie scheint ihm nicht zuzuhören. Es lohnt sich auch nicht, zuzuhören.
»Ich weiß nicht, was ich noch sagen soll«, sagt er.
»Mir kommt es so vor, als hätte es auch etwas mit Romantik zu tun gehabt«, sagt sie.
»Vielleicht.«
»Es gab ja wohl auch noch eine andere Romantik, nicht wahr?«
Er antwortet nicht. Er hat eine Fotografie vor seinem inneren Auge, ein gelbes Auto auf einer Straße, die durch die Berge führt. Es sieht fast aus wie eine Sonne, unterwegs in die nächste Stadt.
»Hat sie dich dazu gebracht?«
»Nein, nein.«
»Sie war darin verwickelt, und sie hat dich mit hineingezogen?«
»Nein. So war es nicht.«
»Wie war es dann?«
»Wer hat dir eingeredet, Naiara hätte mich beeinflusst? Aitor etwa?«
»Welche Rolle hat er eigentlich gespielt bei dem Unternehmen oder wie man das nun nennen soll?«
»Aitor?«
»Wer sonst? Hörst du nicht, was ich sage?«
»Ich höre dich.«
»Wie romantisch war Aitor?«
»Er ist kein Romantiker. Er kämpft nicht für ein bestimmtes Ziel, jetzt nicht und ich glaube, auch damals nicht. Er ist ein Businessman.«
»Das ist vielleicht ehrlicher.«
»Ehrlicher?«
»Er wollte nur Geld verdienen. Aber du wolltest in erster Linie Sachen in die Luft sprengen.«
»Rita …«
»Sein Bruder ist bei der letzten Operation gestorben.«
»Deswegen sind wir hier, Rita.«
»Aber nicht wie.«
»Was meinst du damit?«
»Es war eine Hinrichtung, oder? Es war geplant.«
»Das ist Aitors Version. Die hast du von ihm.«
»Wie sieht deine Version aus?«
»Es war ein Unfall oder wie man es nennen will. Gewissermaßen ein Unfall. Ein wildes Geschieße. Alle sind in alle möglichen Richtungen davongerannt.«
»In welche Richtung bist du gerannt, Peter? Oder soll ich dich Svante nennen?«
»Peter. Ich bin Peter.«
»In welche Richtung bist du gelaufen?«
»Ich kann mich nicht erinnern.«
»Wusstest du in dem Moment, dass du laufen musstest?«
»Du darfst nicht auf ihn hören, Rita.«
»War nicht Aitors Bruder der Einzige, der erschossen wurde? Der überhaupt
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