Die Rache des glücklichen Mannes
Sperrschran ken, und Kommissar Kavonkulma befestigte an ihnen Verkehrsschilder, die die Hauptstraße des Kirchdorfes einspurig machten.
Als man im Gemeindeamt dies alles durchs Fenster beobachtete, geschah Folgendes: Die Sekretärin Irene Koponen rannte auf die Toilette und heulte, Vorsteher Jäminki stürzte zu Baumeister Kainulainen ins Zimmer und blieb dort; durch die geschlossene Tür drang lautes Gebrüll. Noch am selben Tag erfuhr man, dass Bau meister Kainulainen seine Entlassung eingereicht habe, und unmittelbar auf der nächsten Sitzung des Gemein derates wurde seine Entlassung einstimmig angenom men. Kainulainen verschwand zwei Wochen später aus Kuusmäki und wurde nie wieder dort gesehen.
Aber Jaatinen drückte seinen schmutzigen Gummi stiefel auf das sandige Gaspedal des großen Baggers, die Hydraulik ließ die breite Schaufel hochfahren wie den Kopf einer schrecklichen Riesenechse, der schwere Diesel dröhnte, aus dem Auspuff am Dach des Baggers strömte eine glimmende Funkendusche in die klare Luft und die Schaufel grub sich tief in die gefrierende Erde. Der Boden bebte, als sich die Schaufel mit einem Ku bikmeter Kies und Steinen wieder hob, ein Kabel riss knackend wie die Wurzel einer Butterblume, und im Gemeindeamt gingen auf einen Schlag sämtliche Lichter aus, bei den elektrischen Schreibmaschinen brach die Stromzufuhr ab und die Gemeindesekretärin Irene Koponen schluchzte weiter in der nunmehr stockdunk len Toilette.
13
Jaatinen organisierte seine Baustelle, so gut es irgend ging. Zunächst suchte er am Rande des Kirchdorfes nach einem geeigneten Lagergelände und fand es auch bald. Etwa einen Kilometer vom Zentrum des Dorfes entfernt lag ein alter verlassener Flugplatz, irgendwann nach dem Krieg für den Segelflug in die sandige, weite Heide gebaut. Jetzt wuchsen bereits Sträucher auf den Pisten, niemand benötigte mehr das Gelände. Jaatinen kaufte es für eine geringe Summe dem Flugzeugklub ab, der den Platz seinerzeit geschenkt bekommen hatte. Das Luftfahrtinteresse war in Kuusmäki weitgehend einge schlafen, sodass die noch lebenden Vorstandsmitglieder ohne weiteres das Geschäft mit Jaatinen tätigten; da durch hatte ihr Klub zum ersten Mal während seines Bestehens ein wenig Geld flüssig. Die ehemaligen Hob byflieger von Kuusmäki beschlossen, den Verein aufzu lösen und das Geld aus dem Verkauf des Platzes für ein Abschiedsessen auszugeben. Nach der Mahlzeit sangen sie gemeinsam ein Lied über die Schönheit des Fliegens.
So schrieb Jaatinen also die letzte Seite der Geschich te der Luftfahrt von Kuusmäki, und gleichzeitig begann er die erste Seite der Geschichte der Industrialisierung: Er machte aus dem alten Flugplatz das Zentrallager seiner Firma, ließ ein paar Baracken errichten und gründete eine kleine Kantine. Auch eine Reparaturwerk statt für Bagger entstand dort draußen, und die kleine ren Defekte wurden von nun an in Kuusmäki behoben.
Im November verlegte Jaatinen seinen privaten Wohn sitz in die obere Etage der Genossenschaftsbank. Der Direktor vermietete der Firma zusätzlich zum Büro bereitwillig zwei weitere Räume. Jaatinens unverschäm ter Coup mit seinem Wettbewerbsangebot hatte den Bankdirektor tief beeindruckt. »Der Genossenschaftsge danke ist ein dehnbarer Begriff«, sagte er zu Bauer Jäminki, als dieser die Vernünftigkeit seiner Entschei dung unter ideellem Aspekt infrage stellte.
Die Arbeiten gingen zügig voran. Bald konnte Jaati nen auch die restlichen Leute vom Brückenbau bei sich einstellen, sodass er zwanzig Mann für die Kanalisati onsarbeiten zur Verfügung hatte. In das Flugplatzlager strömten währenddessen Produkte aus den verschie densten Fabriken: Betonrohre, dicke Kunststoffrohre, riesengroße Ventile, Leichtbetonziegel, Bretterware, Schweißtransformatoren, Baustahl, Zement, Kalk… LKW-Türen knallten, Kräne entluden Lasten, die blauen Dämpfe der Ligroine hingen in der frostigen November luft.
Der Rhythmus der Arbeiten störte zeitweilig den Ver kehr im Kirchdorf so erheblich, dass sich die Leute bei Kommissar Kavonkulma beschwerten. Aber der Kom missar kümmerte sich nicht um die Klagen, sondern sagte nur:
»Es ist nicht Aufgabe der Polizeibehörden, sich mit den unerheblichen Belastungen zu befassen, die unter nehmerische Tätigkeit mit sich bringt.«
Die Wasserentnahme und das Klärwerk wurden am Fluss errichtet. Für die Rohre musste ein Kanal durch einen felsigen Hügel
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