Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Rache des glücklichen Mannes

Titel: Die Rache des glücklichen Mannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
Vom Netzwerk:
getrieben werden. Also wurde eine Sirene angeschafft, mit der nun täglich vor den Spren­ gungen Warnsignale gegeben wurden. Man rückte dem Felsen mit Dynamit zu Leibe, der Hügel wich aus dem Weg, die Gesteinsbrocken wurden auf Autos verladen und weggefahren. Manchmal bestückte Jaatinens Sprengmeister in der Eile die Bohrlöcher wohl mit etwas zu starken Ladungen, und dann warfen sich die Dorf­ bewohner vor Schreck bäuchlings auf die Erde und dachten, ihr letztes Stündlein habe geschlagen, denn die Explosionen in dem felsigen Hügel ließen die Erde be-ben, wie es manch einer im Krieg an der Front erlebt hatte. Als Jaatinen für den weiteren Verlauf des Rohr­ kanals dicht am Grundstück des Gemeindeamtes sprengen musste, forderte er die Mitarbeiter des Amtes auf, für die Zeit der Sprengung sicherheitshalber das Haus zu verlassen. Die Sekretärin Irene Koponen und die übrigen Büroangestellten befolgten seine Anweisung, doch Jäminki sagte zu Jaatinen:
    »Ich gehe nirgendwohin. Nimm nicht so starke Ladun­ gen, damit die Sicherheit der Leute nicht gefährdet ist.«
    »Der Fels gehorcht nicht auf bloßes Flüstern, im Inte­ resse der Sicherheit ist es besser, alle entfernen sich.«
    Jäminki war nicht bereit, sein Zimmer zu verlassen. Jaatinen ließ ihn in Ruhe und bereitete zusammen mit dem Sprengmeister die Ladungen vor. Aus der Grube sah er, wie Jäminki in seinem Zimmer saß und in Papie­ ren blätterte.
    Als die Ladung fertig war, ließ Jaatinen wie gewohnt die Sirene heulen. Der Klagelaut dauerte lange an, die Männer in der Grube zogen schon vorsorglich die Köpfe ein. Jaatinen sah noch einmal zum Gemeindeamt hoch und erschrak: Jäminki hatte doch noch sein Zimmer verlassen. Plötzlich erschien er auf der Treppe, sah sich suchend nach einem Schutz um – und in dem Augen­ blick erfolgte die Explosion. Das Dynamit sprengte den Felsen in Serienschaltung, der Boden bebte, Jäminki stürzte die Stufen hinunter und auf den Hof, wo es Erde und kleine Steinsplitter regnete. Und dann hörte das Dröhnen auf, die Sirene blies das Schlusssignal. Jämin­ ki stand auf, er war ganz blass, seine Hose und seine Jacke waren mit Erde und Schmutz bedeckt.
    »Dass du so schnell sprengen musstest«, sagte er ver­ wundert zu Jaatinen. Nachdem er sich gesäubert hatte, stieg er in sein Auto und fuhr nach Hause, für diesen Tag hatte er offenbar genug von seiner kommunalen Tätigkeit.
    In der Lokalzeitung erschienen Fotos von den einzel­ nen Arbeitsphasen und sogar ein Interview mit Jaatinen. Aber in den Leserzuschriften wurde behauptet, die Baustelle sei gefährlich. Als diese Schreiben immer wieder erschienen, schickte Jaatinen seinen Bürochef in die Redaktion. Chefredakteur-Finanzleiter Itkonen, ein pensionierter Lehrer, verwies auf die Pressefreiheit und die journalistische Ethik, doch als Pyörähtälä sich an-bot, die ganze Zeitung zu kaufen, interessierte sich dieser ethisch aufgeklärte Journalist dermaßen für das Geschäft, dass er mit Jaatinen in Verhandlungen trat. Jaatinen kaufte dann auch für zwanzigtausend Mark Anteile der Zeitung, das war ein Drittel des gesamten Aktienbestandes. Chefredakteur Itkonen veröffentlichte anschließend keine gegen Jaatinen gerichteten Zuschrif­ ten mehr, sondern konzentrierte sich darauf, im Motel zu sitzen, sogar so fleißig, dass sich die Zeitung mehr­ mals verspätete und einmal überhaupt nicht erschienen wäre, hätte nicht Pyörähtälä die Situation gerettet und einen ganzseitigen Bericht über die Firma Nordischer Beton und Lehm geschrieben.
    Die Dorfbewohner verfolgten das Baugeschehen mit Staunen; Jaatinen und seine Taten waren das beliebtes­ te Gesprächsthema in Kuusmäki. Man diskutierte, prophezeite ihm den Konkurs, ein schmutziges Ende für die gigantische Baustelle.
    Der Klatsch besagte, dass Jaatinen ein Säufer und Ehebrecher sei, außerdem eindeutiger Kommunist und Verräter seiner Klasse… und ein Erpresser, sogar Ver­ gewaltiger, denn Frau Leea Rummukainens Fall war allen wohl bekannt. Auch die Verführung der Gemeinde­ sekretärin Irene Koponen beschäftigte weiterhin die Leute. Als arm bezeichneten sie Jaatinen nicht mehr, er hatte sich zwar kein Auto angeschafft, aber alle wussten gut, dass er das Wettbewerbsangebot seines Lebens errechnet hatte, wodurch er sich den Bauauftrag der Gemeinde im Handstreich gesichert hatte. Manche nannten Jaatinen einen »Millionenräuber«, und so ganz unbegründet war die Bezeichnung wohl nicht. Die Leute

Weitere Kostenlose Bücher