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Die Rache des Kaisers

Titel: Die Rache des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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alles getan, was die Gepflogenheiten vorsahen; offenbar war es Allahs Wille, daß die Stadt der »staubgleichen Ungläubigen« nicht falle.
    Am Abend des 14. Oktober schließlich wurde entschieden: »Da dem Padischah gemeldet ward, daß der König Ferdinand nicht mehr in der Burg sei, so wurde den Leuten der Festung Gnade gewährt und ihnen mit aller ihrer Familie und Habe die Freiheit geschenkt; er befahl, daß niemand von den Soldaten in den Umkreis der Festung gehe und daß die in den Schanzen befindlichen Janitscharen vom Kampfe ablassen sollten.«
    So lautete die Begründung für den Abzug. Aber all das erfuhren wir erst später - durch Gerüchte, durch Gefangene, durch Bekanntmachungen des Kriegsrats.
    Etwa zwei Stunden nach Sonnenuntergang loderten
in den weitläufigen Lagern Feuer auf: Brennbares wurde vernichtet, damit es uns nicht in die Hände fiel. Gegen Mitternacht konnten wir das Jammern der Gefangenen aus dem Lager hören. Nur die brauchbarsten sollten, wie Vieh an Stricken geführt, mitgenommen werden; alle Alten, Kranken und Schwachen wurden niedergemetzelt.
    Bis der Abzug endgültig vollzogen war, dauerte es natürlich Tage. Am Morgen des 15. versammelten sich die Edlen und Hauptleute jedoch bereits im Stephansdom, und alle Glocken der Stadt wurden geläutet. In den folgenden Tagen gingen Botschaften hin und her, einige - vornehme - Gefangene wurden ausgetauscht, die türkische Donauflotte verlor mehrere Schiffe durch Beschuß von der Ostmauer. Einzelne Landsknechtsgruppen versuchten, die noch nicht völlig abgebrochenen Teile des Lagers zu plündern, wurden aber von der türkischen Nachhut niedergemacht. Der Rest von uns - von den etwa siebzehntausend Mann waren über tausendfünfhundert gefallen, weitere tausend oder etwas mehr erlagen in den nächsten Wochen ihren Wunden - hatte die eigenen Leute zu bewachen, die plündern wollten, und die Außenwelt, denn die Türken konnte ja noch einen letzten Angriff versuchen.
    Am 17. Oktober begann es zu schneien. Ich stellte mir den Abmarsch der an wärmeres Wetter gewöhnten Krieger vor, mit tiefen Straßen und über die Ufer getretenen Flüssen; ich will aber gestehen, daß mein Mitleid nicht eben üppig war. Am 20. Oktober traf Pfalzgraf Friedrich mit dem Entsatzheer ein. Zu spät für Ruhm und Tod, aber früh genug, um uns den Wachdienst abzunehmen und bei den Arbeiten - räumen und ausbessern - zu helfen.
    Am Abend des 20. Oktober lernte ich mehr über die
Dankbarkeit der Edlen Wiens. Hauptleute und Fähnriche mit Schreibern sammelten ihre Truppen, verglichen Listen, hakten Tote ab und riefen scheinbar zufällig ausgewählte Namen.
    Die von Karl, Avram und mir waren dabei. Natürlich war uns allen klar, daß am Ende der Belagerung die hohen Herren in Freundschaft der Toten gedachten, denn sie mußten nicht mehr besoldet werden. Es verblüffte mich aber doch ein wenig, daß nun alle, die erst nach dem 21. September gelistet worden waren, ausbezahlt wurden. Vier Gulden für die einfachen Knechte, zu denen wir gehörten. Einen Tag länger, und die Herren hätten einen Monat mehr bezahlen müssen. Immerhin erhielten wir unsere Pferde zurück; Ersatz für abgenutzte Waffen oder zerfetzte Kleidung gab es jedoch nicht.
    Danach kamen die nach dem 21. August Eingetretenen, aber wir warteten nicht ab, bis wir wußten, wie viele tatsächlich ihren Sold erhalten würden.
    »Und die Neuen?« sagte Karl, als wir mit dem Sold zu unseren von Wind und Schnee heimgesuchten Unterkünften zurückgingen. »Die müssen doch jetzt noch viel mehr bezahlen. Kommt es da auf die paar Männer an?«
    »Erstens kommt Besitz daher, daß man alles festhält«, sagte ich. »Und zweitens sind das Truppen aus dem Reich, die von den eigenen Fürsten zu besolden sind. Der König wird mit den Fürsten und den einzelnen Ländern feilschen müssen, aber zunächst einmal kosten die nichts.«
    »Und warum bezahlen sie uns überhaupt? Sie könnten doch auch warten, verzögern, verschieben.«
    »Das könnte eine Meuterei geben; an der würden sich dann auch andere beteiligen.«
    »Und jetzt?« Avram starrte geradeaus, auf die matschige
Straße, von der immer noch Trümmer und Schutt beseitigt werden mußten. Wenigstens lagen keine Leichen mehr herum.
    »Jetzt suchen wir unsere besonderen Freunde.«
    »Dürfen wir denn in Wien bleiben?«
    »Und unser Geld ausgeben? Aber immer.«
    Wir hatten seit Tagen weder Zamora noch Castelbajac noch Symonds gesehen; seltsam, daß keiner von uns auch nur daran

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