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Die Rache des Kaisers

Titel: Die Rache des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Wald.«

    Castelbajac blinzelte. »Waren wir nicht gründlich genug, wie? Und jetzt willst du - was? Rache?«
    »Vor allem eine Erklärung. Warum? Wer hat das angeordnet? Was hat mein Vater getan?«
    »Tja. Ich kann verstehen, daß du das wissen willst. Und danach? Wenn du es weißt?«
    Ich hob die Schultern. »Mal sehen.«
    Er grinste. »Na schön. Haspacher, Piranesi, ich, wer noch?«
    »Zamora.«
    »Don Alonso, ja. Noch jemand?«
    »Der es angeordnet hat.«
    »Oh, das sind viele, und die sind hoch oben oder weit fort. Außerhalb deiner Reichweite.«
    »Was hat mein Vater getan?«
    »Was alle tun. Er hat Geschäfte gemacht, und irgendwann beschließt jemand, Spuren zu verwischen. Auszutilgen, verstehst du? Und wer genug zahlt, findet genug Leute, die das Wischen übernehmen.«
    »Was für Geschäfte?«
    Castelbajac nickte; er wirkte ganz gelassen und beinahe ernst. »Überleg mal.«
    »Was soll ich überlegen?«
    »Welches Jahr es war, was vorher geschah, wer mit dem, was geschehen ist, Geschäfte gemacht haben könnte, wer Spuren verwischen will. Das, und noch ein bißchen mehr.«
    »Fünfzehnhundertneunzehn«, sagte ich. »Was war vorher? Die Kaiserwahl?«
    Nun grinste er wieder. »Kluges Kerlchen. Und wenn du alles weißt, willst du mich töten? Und Don Alonso? Wie Haspacher und Piranesi? Hast dir einiges vorgenommen, Junge; ich weiß nicht, ob …«

    Die linke Hand mit dem Beutelriemen bewegte sich; der Beutel schoß plötzlich auf mich zu. Ich konnte eben noch den linken Arm hochreißen. Das schwere Leder krachte gegen meinen Ellenbogen und trieb mir den Arm ins Gesicht, gegen Nase und Wangenknochen. Ich taumelte zurück.
    Castelbajac ließ den Beutel los. Noch während er ihn mir ins Gesicht schwang, hatte er mit der Rechten sein Schwert gezogen. Der Hieb zerteilte die Luft vor mir; das Rückwärtstaumeln hatte mich gerettet.
    Castelbajac setzte nach; inzwischen hatte ich ebenfalls das Schwert in der Hand. Mein linker Arm war taub, die Nase schmerzte, und gegen meinen Willen brachten die Augen Tränen hervor, die mir die Sicht vernebelten.
    Der nächste Hieb. Ich konnte ihn parieren, aber nicht verhindern, daß Castelbajacs Klinge abglitt und meinen rechten Oberarm traf. Nicht schlimm, nur ein kleiner Schnitt, aber nun war der linke Arm taub, der rechte verwundet. Noch konnte ich das Schwert halten.
    Er drang auf mich ein, deckte mich mit Hieben und Stichen zu. Ich wehrte mich verzweifelt, versuchte es wieder mit jenem Zucken des Handgelenks, das Jorgo mich gelehrt hatte, aber anders als bei Haspacher half es mir nicht gegen Castelbajac. Vielleicht war er der bessere Schwertkämpfer, vielleicht war ich schon zu geschwächt. Immer weiter zurück; ich spürte den rechten Arm erlahmen und zugleich ein Prickeln in der linken Hand, die offenbar nicht völlig betäubt war.
    »Die anderen warten in der Hölle auf dich«, sagte Castelbajac. Seine Stimme klang wie zuvor; weder war er außer Atem, noch wirkte er im mindesten angestrengt.
    In der Ferne glaubte ich Stimmen zu hören. Wahrscheinlich war es nur mein eigenes Keuchen. Ich taumelte, fing mit der breiten Seite der Klinge den nächsten Hieb ab, stolperte
und stürzte. Im Fallen riß ich mit der linken Hand das Messer aus der Scheide. Er stieß abwärts, gegen meinen Hals; mit einer schnellen Drehung konnte ich dem Stich entgehen. Castelbajacs Klinge rammte den Boden neben meinem Kopf; die Wucht seines Stoßes ließ ihn fast vornüber auf mich fallen. Ich bäumte mich auf und reckte den linken Arm. In der halbbetäubten Hand spürte ich das Messer, am Ende des Messers etwas Weiches.
    Erstaunen glitt über sein Gesicht. Langsam sackte er auf mich, wie in einer brüderlichen Umarmung lag seine Wange an meiner, und ich hörte ihn leise » merde alors « sagen. Er zuckte zwei-, dreimal, dann erstarrte er.
    Ich schloß die Augen und hörte mir beim Keuchen zu. Der linke Arm brannte, im rechten spürte ich den glühenden Schnitt, aus dem Blut sickerte, und noch mehr Blut, fremdes Blut, tränkte meine Kleidung. Unter der Last des anderen Körpers wurde das Atmen immer beschwerlicher, und ich war sicher, daß ich gleich ohnmächtig werden und danach vermutlich ersticken würde.
    Plötzlich hoben sich die unermeßlichen Gewichte von meiner Brust, ich konnte wieder atmen. Harte Hände rissen mich vom Boden hoch, und als ich die Augen öffnete, schaute ich in die Gesichter einer Gruppe von Bewaffneten. Sie verschwammen, und im Hintergrund tanzten die Umrisse von Gebäuden

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