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Die Rache des Kaisers

Titel: Die Rache des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Minen unschädlich zu machen. Nachmittags am 9. Oktober erfolgte die Sprengung der Mauer neben dem Kärntnertor; es entstanden zwei breite Breschen in der Stadtmauer. Die auf den Zinnen befindlichen Schützen fielen in den Graben, die meisten blieben jedoch unverletzt, und einige von ihnen konnten durch die Lücke wieder in die Stadt zurückfliehen.
    Kaum hatten sich Rauch und Staub verzogen, begann der Angriff der Türken. Die Bidhänder der Landsknechte und die Arkebusen der Spanier hielten reiche Ernte; nach hartem Kampf gelang es, die eingedrungenen Osmanen wieder zurückzuwerfen. Eine zweite Angriffswelle wurde abgewehrt, dann die dritte. Die Breschen waren zu schmal für den Großangriff, nicht mehr als knapp zwei Dutzend Männer konnten dort nebeneinander stehen, und anstürmende Reiter verbluteten samt ihren Pferden auf den Piken der Gepanzerten.
    Am 11. Oktober traten die Türken gegenüber der ganzen Ostfront, vom Kärntnertor bis an die Donau, zum Sturm an. Den Männern, die dort in die höllische Unterwelt hatten
steigen müssen, war es aber gelungen, bei einigen Minen das Pulver zu entfernen, bei anderen Luftschächte zu öffnen, so daß die meisten Ladungen wirkungslos verpufften. Trotzdem stürmten die Osmanen auch hier dreimal an.
    Gegen Mittag endete der Angriff. Wir hatten an unserem Abschnitt kaum etwas sehen, wohl aber einiges hören können; später berichteten Landsknechte, der Vormittag habe die unseren etwas mehr als dreißig, die Türken jedoch fast tausend Tote gekostet.
     
    Überläufer sagten, der Großangriff werde am 12. Oktober stattfinden, und zwar wie erwartet um das Kärntnertor. Dort wurde eifrig gegraben, und wieder konnten größere Pulvermengen erbeutet und einige Sprengladungen vermindert werden. Doch hatten die Türken nun fast alle Geschütze auf diesen Abschnitt gerichtet und belegten Tor und Mauer mit einem solchen Feuer, daß wir die Brüstung fast vollständig räumen mußten und das Feuer kaum noch erwidern konnten; außerdem wurden die Ausbesserungen der früheren Sprengungen durch den Dauerbeschuß wieder zu Breschen.
    Der Ausfall unserer Geschütze um den Kärntnerturm war ein schwerer Verlust. Unbehelligt konnten die Türken jetzt ihre Sturmkolonnen sammeln.
    Vormittags am 12. Oktober begannen die ersten Sprengungen am Kärntnertor; in der Mauer entstand eine breite Lücke. Landsknechte und Spanier wehrten zunächst den Sturm ab, der aber eher zaghaft schien.
    Am frühen Nachmittag dann gelangten die größten Minen zur Sprengung. Das zwischen den beiden Breschen vom 9. Oktober stehengebliebene Mauerstück stürzte ein. Fast gleichzeitig mit der Sprengung erfolgte der Ansturm - diesmal warteten die Türken nicht erst das Verziehen der Rauchund
Staubwolken ab. Der Kampf tobte bis zum Sonnenuntergang, aber wir konnten den Einbruch verhindern. Die Verluste waren auf beiden Seiten hoch.
    Trotz der Abwehr aller bisherigen Anstürme war der Kriegsrat besorgt. Wenn die Angriffe weitergingen, würde die Stadt fallen; Bresche neben Bresche, der Kärntnerturm gewissermaßen entmannt, es war eine breite Einfallspforte entstanden, zu deren Füllung die erschöpfte Besatzung kaum mehr ausreichte. Wien lag in den letzten Zügen. Nur durch Hilfe von außen oder durch ein Wunder war eine Änderung der Lage zu erhoffen.
    Das Wunder geschah zwei Tage später. Am 14. Oktober griffen die Türken erneut an, sprengten, stürmten, und abermals konnten wir sie abweisen. Leichen türmten sich vor den zerfetzten Mauern, in den Breschen, auf den Freiflächen dahinter. Bei Beginn des Sturms hatten die türkischen Geschütze das Feuer eingestellt, um nicht die eigenen Leute zu bestreichen; wir warteten darauf, daß die Beschießung wieder begann, und wir wußten, daß wir keinen weiteren Angriff würden abwehren können. Wien war sturmreif.
    In dieser Nacht befahl Suleyman der Prächtige den Rückzug und ließ das Lager abbrechen.

SECHSUNDZWANZIG
    A m Abend des 12. Oktobers, nach dem ersten gescheiterten Großangriff, hatte der Sultan seine Berater und Offiziere versammelt. Die Versorgungslage des Heers war erbärmlich schlecht, über die völlig aufgeweichten Straßen kam kein Nachschub. Der Winter stand bevor, eine noch längere Belagerung kam nicht in Frage. Die Janitscharen konnten nur durch die Zusicherung einer großen Belohnung zu einem letzten Angriff überredet werden, bevor man die Belagerung aufgrund der Wetterverhältnisse abbrechen würde. Überdies hatte man mit drei Angriffen

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