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Die Rache des Kaisers

Titel: Die Rache des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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von Oppenheim verlangt Hafenzoll, Liegemaut und außerdem zwei Zehntel der Einnahmen als Sonderabgabe zur Beseitigung von Kriegsschäden oder zur Mästung der Schutzengel. Wirst du mit deinen Gefährten morgen abend kommen?«
    »Zu meinem Bedauern«, sagte ich, »reiten wir morgen weiter - drüben auf dem Ostufer. Wir werden früh die Fähre besteigen.«
    »Bedauerlich.« Er hob den Becher und leerte ihn. »Ich glaube, wir könnten einander länger als einen Becher ertragen und feine Geschichten austauschen. Komm wieder, wenn du zufällig da bist, wo die Miralda dann sein wird
- und bring den Fortgang der Geschichte mit. Und deine Fiedel.«
    »Wenn ich meine Aufgaben erledigt habe«, sagte ich. »Vielleicht gibt es dann einen Platz für die Fiedel und mich unter deinen Musikern.«

SIEBEN
    J orgo und ich ritten voran, Kassem und Avram folgten in geringem Abstand. Er war jedoch groß genug, um sie zu retten. Aus einem dichten, verschneiten Nadelwald brachen plötzlich mehrere Dutzend Männer hervor. Ehe wir auch nur den Versuch machen konnten, unsere Tiere herumzureißen und zu fliehen, waren wir von Piken und Spießen umgeben. Ich blickte zurück und sah Kassem die Hand heben. Einzugreifen wäre sinnlos gewesen für ihn und Avram; immerhin gelang ihnen die Flucht.
    Jorgo stieß einen lästerlichen arabischen Fluch aus, aber als er mich anschaute, sah ich, daß er lächelte.
    »Hör gut zu«, sagte er leise.
    Ich betrachtete die struppigen Männer, die uns umringt hatten. Sie trugen alle möglichen Farben und Fetzen - nichts, was man Uniform hätte nennen können. Hinter den ersten, die Piken und Lanzen hatten, tauchten nun andere auf, die nur mit Knüppeln, Sensen und Dreschflegeln bewaffnet waren. Ein etwas besser gekleideter Reiter trieb sein Pferd näher zu uns, und die anderen machten ihm Platz.
    »Der Anführer«, murmelte ich auf Arabisch. »Was soll ich hören?«
    »Wir freuen uns. Wir sind nämlich gekommen, um zu helfen und mitzumachen, verstehst du?«
    Ich versuchte ebenfalls zu lächeln. »Du meinst …«
    »Ich meine, sonst erleben wir den Abend nicht.«

    »Was sind wir?«
    Jorgo blinzelte. »Ich bin Krieger, Söldner, du bist, ah, reisender Spielmann.«
    Wir waren umringt, doch fühlte ich mich nicht bedroht. Die Gesichter der Männer zeigten Stoppeln und Schmutz, dazu alle möglichen Empfindungen zwischen Gleichgültigkeit und Neugier; Haß oder auch nur die Bereitschaft, die vielen verschiedenen Waffen einzusetzen, konnte ich nicht sehen.
    »Holt sie von den Pferden«, sagte der Reiter, als er nur noch wenige Schritte von uns entfernt war. Er sprach laut; seine Stimme war hell und schneidend, schien jedoch im nächsten Moment brechen und kippen zu wollen. »Runter mit ihnen«, wiederholte er, »schlagt sie tot und seht, was sie bei sich haben.«
    »Feine Begrüßung für Männer, die gekommen sind, euch zu helfen«, sagte Jorgo.
    »Helfen?« sagte einer der Männer, von denen ich nicht wußte, ob sie Bauern waren oder Knechte oder Tagelöhner. Keiner von ihnen schien über den Befehl des Reiters begeistert zu sein.
    »Sie lügen, um ihren Hals zu retten. Holt sie runter und schlagt sie tot. Los, worauf wartet ihr?« Diesmal kippte die Stimme; was ein Befehl sein sollte, wurde beinahe zum Kreischen eines Jungen. Die meisten der Männer zögerten; nur zwei oder drei Arme reckten sich, um nach uns zu greifen.
    »Zieh«, sagte Jorgo; mit einer schnellen, fast lässigen Bewegung hatte er das Schwert gezogen - eher sah es so aus, als wäre es ihm aus der Scheide in die Hand geflogen. »Es wird …«
    »Aufhören!«
    Das Wort, gebrüllt von einer dicken, schwarzen Stimme,
traf uns wie ein unsichtbarer Rammbock. Die gereckten Arme sanken, und einige Lanzen, deren Spitzen sich uns genähert hatten, wurden wieder aufgerichtet.
    Aus dem verschneiten Dickicht rechts des Weges brach eine riesige Gestalt. Als der Mann - oder Unhold - im Freien stand, sah ich, daß er auch die größten der anderen um einen Kopf überragte. Und er war anderthalb Männer breit, eine mächtige Masse aus Knochen und Muskeln; so, wie er sich bewegte, konnte er kein überflüssiges Fett am Leib haben. Was von seiner Kleidung zu sehen war, bestand aus verschiedenen zusammengenähten Tierfellen. Ein schwarzgrauer Bart bedeckte die untere Gesichtshälfte und fiel bis auf die Brust; der Schädel war kahl und unbedeckt. Über die linke Schulter ragte der Griff eines ungeheuren Bidhänders, und unter dem rechten Arm trug er eine

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