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Die Rache des Kaisers

Titel: Die Rache des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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glättete, und fast hätte ich abermals gepfiffen, denn der rote Wein war köstlich, ohne schwer zu sein.
    Samper blickte von den Zeichnungen auf; eine senkrechte Falte furchte seine Stirn. »Warum suchst du diese Männer?«

    Ich versuchte, die Untertöne und Nebenklänge zu deuten, und entschied mich für die unvollständige Wahrheit. »Sie haben mir etwas Teures genommen; dafür suche ich Vergeltung.«
    Die Falte schwand. »Diesen hier«, sagte er, »und diesen habe ich gesehen. Hier, auf der Miralda.«
    Er schob mir zwei Blätter zu. Es waren Lukas Haspacher, der Bär, und Giambattista, das Wiesel.
    »Du klingst nicht so, als ob dir ihr Besuch lieb gewesen sei«, sagte ich.
    »Ich werde nicht vor Wonne kreischen, wenn ich sie wiedersehe.« Er kniff ein Auge zu. »Sag mir, was sie dir getan haben; dann sag ich dir, was ich berichten kann.«
    Ich sagte es ihm in zwei oder drei dürren Sätzen.
    »Scheußlich.« Er musterte mich - zweifelnd, wie es mir schien. »Und du meinst, du kannst es mit ihnen aufnehmen?«
    Ich hob die Schultern. »Das kann ich dir hinterher sagen.«
    »Ich bitte darum; es ist immer gut, den Fortgang einer Geschichte zu hören. Sie waren hier, vor Jahren - vier, fünf Jahre dürften es sein. Sie haben einer Vorstellung beigewohnt und hinterher versucht, zwei Tänzerinnen zu schänden und mein Geld zu nehmen.«
    »Versucht?«
    Er zeigte ein kaltes Lächeln. »Ich befahre den Rhein und die Nebenflüsse, soweit sie schiffbar sind. Von Basel bis zum Meer. Wir spielen für Leute aller Stände, und nicht alle sind immer zufrieden, und nicht alle Unzufriedenen sind wohlerzogen. Man lernt, sich zu schützen. Der da« - er deutete auf Haspacher - »wollte im Frühjahr, als wir bei Frankfurt lagen, wieder an Bord kommen; ich habe es ihm untersagt.«

    Mehr wußte er nicht, konnte mir auch keinen Namen für das Wiesel nennen. Ich erkundigte mich, was auf der Miralda zu sehen sei - »anmutige Tänze auf dem Boden und auf dem Seil, Zauberei, Theaterstücke von Plautus oder Die Kupplerin Celestina oder Schwänke und Novellen, die ich selbst bearbeite, all dies begleitet von Musik.«
    »Miralda ist ein hübscher Name für ein Schiff; hat er eine Bedeutung? Und heißt du wirklich Alberto?«
    »Eine Tänzerin«, sagte er versonnen. »Sie war meine Geliebte … Nun ja, das sind all meine Tänzerinnen, aber sie war eine besonders Geliebte. Sie hieß Miranda und ist gestorben, vor Jahren. Ich wollte das Schiff nach ihr benennen, zum Gedenken; aber dann habe ich mir gesagt, dieser Kahn ist breitärschig, sie dagegen war feingliedrig und geschmeidig; deshalb habe ich den Namen ein wenig abgewandelt.«
    Eigentlich, sagte er, heiße er nicht Alberto Samper, doch habe es sich zwangsläufig ergeben, daß er nun so heiße. »Die Eltern kamen aus der Steiermark, aus dem Sausal, und das ist auch der Familienname. Sie waren Künstler wie ich - Tanz und Gaukelei und Fingerfertigkeit, du verstehst. Ich bin in Straßburg geboren und aufgewachsen, und dort hat ein Schreiber mit schlechter Feder aus dem L ein K gemacht - möchtest du Sausak heißen?«
    Ich lachte laut. »Nur höchst widerwillig. Und Alberto?«
    »Der Name ist mir zugeflogen. Ich kann die Eltern nicht mehr fragen, warum sie mir dies angetan haben - Albuin Apollonius Sausak! Damit läßt sich allenfalls in Lächerlichkeit sterben, nicht mit Kunst Geld verdienen.«
    »Was dir beschieden zu sein scheint.« Ich beschrieb mit
der Hand einen Bogen, um auf die Kajüte und ihre Einrichtung zu deuten, und hob den Becher. »Auch der Wein ist vortrefflich.«
    »Man wird nicht reich, aber es reicht.« Er grinste. »Reich wird man nur als Händler; dazu fehlt mir die Lust an Waren. Oder als Pfaffe; dazu fehlt mir die Lust an geistiger Unterjochung. Oder als Adliger; dazu fehlt mir die Unmenschlichkeit. Was bleibt also?«
    Seine Leute, sagte er, seien in der Stadt, um in den Schänken mit ihren Fertigkeiten zu prahlen und Geld auszugeben, damit die Oppenheimer es am nächsten Abend auf die Miralda zurückbrächten.
    »Heute wird nicht gespielt?«
    »Man hat mir bedeutet, es wäre besser, heute nicht zu spielen; es ist ein wem auch immer geheiligter Tag.« Er blickte mürrisch in seinen Becher. »Und wir ankern hier draußen, weil das Gelände dem Kurfürsten gehört, dessen Amtmann nicht da ist. Zehn Schritte weiter flußabwärts ist Klosterland, und die hohen Herren der Kirche halten nichts von meiner Kunst. Zehn Schritt weiter flußauf ist städtischer Grund, und der Rat

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