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Die Rache des Kaisers

Titel: Die Rache des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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bis auf wenige keinesfalls daran, die Forderungen der Bauern billig zu heißen und zum Gegenstand von Verhandlungen zu erheben. Hier und da gab es, wie ich später hörte, Scheinverhandlungen: immer dann, wenn der jeweilige Bauernhaufen bedrohlich groß war, zu groß für die eilig aufgebotenen Heere der Fürsten. Dann wurde verhandelt, man sagte den Bauern, man wolle ihre Forderungen prüfen und sei bereit, etliche Artikel sofort und die anderen später anzunehmen. Die Bauern ernannten Verhandlungsführer und zerstreuten sich, gingen zurück zu ihren Familien und ihren Feldern, und sobald sich der Haufen aufgelöst hatte, wurden die Vertreter der Bauern hingerichtet,
und die Söldner hetzten die versprengten Bauerngruppen und schlachteten sie ab.
    Eine große Mitschuld trifft, wie ich bereits sagte, die gräßlichen Prediger. Gräßlich waren sie, weil sie Feuer und Aufruhr predigten, durch den Inhalt ihrer Predigten jedoch zugleich dafür sorgten, daß der Umsturz gar nicht erfolgen konnte. Als er dies später schrieb, meinte Luther nicht die evangelischen Feldprediger, sondern sich selbst: »Prediger sind die allergrößten Totschläger. Denn sie ermahnen die Obrigkeit, daß sie entschlossen ihres Amtes walte und die Schädlinge bestrafe. Ich habe im Aufruhr alle Bauern erschlagen; all ihr Blut ist auf meinem Hals. Aber ich schiebe es auf unseren Herrgott; der hat mir befohlen, solches zu reden.« Wenn man dies im Mund und im Geiste dreht, trifft es auf jeden Prediger zu, Luther selbst wie die sich evangelisch nennenden Aufrührer wie jeden katholischen Geistlichen, der vor dem Kampf die Waffen segnet. Das Reich Gottes auf Erden? Vielleicht erringen wir einmal Friede auf Erden, nachdem wir alle Prediger aller Götter erwürgt haben, daß sie uns nicht mehr aufhetzen können.
    Die Bauern wollten das Reich Gottes auf Erden, die Gleichheit aller und Gerechtigkeit unter dem Evangelium. Es gab Totschläger und Mordbrenner unter ihnen, wie in jeder großen Menschengruppe. Aber die meisten von ihnen waren einfältig und guten Willens, und nur äußerste Verzweiflung brachte sie zum Aufbegehren. Die Prediger, die ihre Lehrer und Lenker und Schreiber waren, bestärkten sie in allem. Das Reich Gottes, sagten sie, werde bald kommen, der Sieg sei gewiß. Und wenn dann die Hauptleute der Feinde, wie der Truchseß Waldburg, im Namen Gottes sprachen und die Forderungen zu prüfen verhießen und sie aufforderten, die Waffen niederzulegen und im Namen Gottes heimzugehen,
taten die Bauern dies, und die Prediger hielten sie nicht davon ab. Auch sie waren einfältig, doch da sie mehr wußten, war ihre Einfalt desto größer.
    Denn Wörter sind das vornehmste Werkzeug, sie sind aber auch das schlimmste Gift, über das die Menschheit verfügt. Wenn all unser Trachten und Sehnen sich auf den Gehalt eines Wortes richtet, das uns heilig ist, werden wir jenen, der es uns gegenüber ausspricht, für einen Bruder und Verbündeten halten und uns nicht fragen, ob es für ihn vielleicht eine andere Bedeutung hat.
    Oft habe ich mich gefragt, ob das blutige Ringen, das mit der Hinschlachtung von mehr als hunderttausend Bauern endete, ein anderes Ende hätte finden können, wenn unter ihnen einer aufgestanden wäre, der die Gaben eines Alexander oder Caesar gehabt hätte. Es gab ihn nicht, aber vielleicht hätte es ja sogar genügt, alles einem Karl oder Jorgo zu übergeben. Andere Hauptleute, für kurze Zeit zur Führung bestimmt oder, wie Götz, zur Leitung gezwungen, konnten oder wollten nichts wenden.
    Ich will jedoch nicht vorgreifen, sondern mit meinen Wörtern dorthin zurückgehen, wo der Strudel zu kreisen und zu schäumen begann.
     
    An einem jener Märztage, da wir auf den Befehl zum Aufbruch warteten, bat ich Karl, mir mehr über Meister Wendel zu erzählen.
    Karl sagte, Hipler habe lange Jahre den Grafen von Hohenlohe als Kanzler gedient, sei von diesen jedoch schlecht behandelt worden und habe sie verlassen. Nun reise er durch die Lande, sammele heimlich die Unzufriedenen und bespreche mit ihnen das weitere Vorgehen. »Ein feiner, geschickter Mann«, sagte Karl, »ein guter Rechtsgelehrter und Schreiber,
wohnt irgendwo bei Wimpfen. Er ist die große Spinne, in deren Netz wir die Fürsten fangen wollen.«
    Zwei andere unter den führenden Männern hielten sich ebenfalls jeweils kurz im Lager auf. Einer war der ehemalige kurmainzische Amtmann Friedrich Weigand, von dem es hieß, er schreibe und drucke die besten Schriften zur

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