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Die Rache des Kaisers

Titel: Die Rache des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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als Hauptquartier nutzen. Der Abt war geflüchtet und hatte Dokumente und Teile des Klosterschatzes mitgenommen; es gab jedoch
immer noch genug zu plündern, goldenes und silbernes Kirchengerät, kostbare Gewänder - und in den Kellern ganze einundzwanzig Fuder Wein. Man feierte ein großes Gelage, und die Berauschten ließen sich von ihren Anführern nicht daran hindern, die Gebäude zu verwüsten, Altäre zu schänden, die bunten Kirchenfenster, Schnitzereien, Bilder und selbst die Orgel zu zertrümmern.
    Zu denen, die nur mäßig zechten und sich an den Plünderungen nicht beteiligten, gehörte eine Truppe, die mir zunächst geheimnisvoll erschien, da ich nichts über sie wußte und sie nur von weitem sah: die »Schwarze Schar«, auch der »Schwarze Haufen« genannt. Sie zelteten ein wenig abseits der Bauernmassen und blieben auch tagsüber eher für sich.
    »Was hat es mit denen auf sich?« fragte ich Karl abends - es muß der 5. oder 6. April gewesen sein -, als wir nach langem Hinundherlaufen, Beratungen und Geschrei müde am Feuer saßen.
    »Die Schwarzen? Hast du nie von Florian Geyer gehört?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Du weißt doch, ich bin nicht von hier.«
    »Alter fränkischer Adel«, sagte Karl. »Hat sich vor Jahren mit irgendeinem Kirchenfürsten gestritten und ist seitdem exkommuniziert. War in Frankreich und England; da hat er angeblich mit König Heinrich maßlos gezecht. Ich glaube, danach war er für die Brandenburger als Hauptmann im Kampf gegen Polen tätig. Und jetzt hat er sich uns angeschlossen. Dabei hält er uns für zusammengelaufenes Gesindel und nicht tüchtig zum Kämpfen.«
    »Was sind das für Leute, die Schwarzen?«
    »Zum Teil wohl Männer, mit denen er schon lange gekämpft
hat; erfahrene Landsknechte und Rittersöhne. Die meisten aus Franken; sollen aber auch andere dabei sein.«
    »Andere? Woher?«
    Karl sah mich von der Seite an. »Meinst du, einer von denen, die du suchst, könnte hier auftauchen?«
    Ich hob die Schultern und schaute ins Feuer. »Ich weiß nicht«, sagte ich nach einer Pause. »Sie sind Krieger; irgendwo müssen sie sein.«
    »Irgendwo ist ein weites Feld.« Karl grunzte. »Sie könnten auch in Frankreich sein oder mit dem Kaiser in Italien. Ah, hast du schon gehört, was da geschehen ist?«
    »Etwas Neues? Großes?«
    Karl nickte. Er wirkte plötzlich nachdenklich, fast ein wenig bedrückt. »Wenn wir nicht so einsam im Wald gesteckt hätten. Wenn wir nicht zu sehr mit anderem befaßt gewesen wären. Eigentlich hätten wir es längst hören müssen.«
    »Du sprichst zu klar für mich«, sagte ich. »Mach es ein bißchen rätselhafter.«
    Jorgo tauchte aus dem Dunkel auf und ließ sich neben uns auf den Boden plumpsen. Er stank nach Bier, Schweiß und einem billigen Duftwasser, woraus ich schloß, daß er bei einer Dirne gewesen war.
    »Worüber redet ihr?« sagte er. »Habt ihr nichts zu trinken, daß ihr reden müßt?«
    Ich reichte ihm einen Krug mit immer noch dünnem, aber nicht mehr warmem Bier. »Wir reden von Dingen, die sich angeblich in Italien ereignet haben. Ich weiß aber noch nicht, was es sein soll.«
    »Pavia?«
    »Pavia«, sagte Karl; er klang mürrisch.
    »Was ist mit Pavia, und warum sagst du es, als ob es um dein Begräbnis ginge?«

    »Vor ein paar Wochen haben die Spanier und deutsche Landsknechte unter Frundsberg dort die Franzosen geschlagen und ihren König Franz gefangen.«
    »Ah«, sagte ich. »Zweifellos wichtig. Aber was hat das mit dir oder uns zu tun?«
    Jorgo lachte; es war eher ein Meckern. »Wenn der französische König gefangen ist, ist der Krieg beendet. Wenn er beendet ist, haben die Landsknechte nichts mehr zu tun. Siehst du es jetzt?«
    Ich nickte. »Jetzt sehe ich es. Sie sind wieder für die Fürsten verfügbar - gegen die Bauern.«
    »Wir haben zu spät angefangen«, sagte Karl. »Wir hätten im Winter losschlagen sollen, als auf den Feldern ohnehin nicht gearbeitet werden konnte und die Landsknechte im Süden beschäftigt waren. Jetzt kommen sie zurück, und bald werden viele Bauern weggehen und sich um ihre Äcker kümmern.«
    »Aber Meister Wendel mußte doch erst seine Fäden ziehen. Und« - ich gluckste - »uns mußtet ihr erst mal fangen.«
    »Ihr zwei werdet sicher den Krieg entscheiden. Wahrscheinlich hätte Hipler früher anfangen sollen, seine Fäden zu spinnen; kann sein, daß jetzt alles zu Spinnerei wird.«
     
    Dann kam ein anderer Adliger ins Lager: der Mann mit der eisernen Hand, Götz von

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