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Die Rache des Kaisers

Titel: Die Rache des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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können;
    Einnahmen aus Brückenzoll und Wegemaut sollen wieder zur Erhaltung und zum Bau der Brücken und Wege verwendet werden, nicht der Herrschaft zufallen, welche zugleich die Bauern zwingt, dergleichen Arbeiten unentgeltlich zu leisten;
    wenn ein Vogt oder sonstiger Amtmann eines Herrn - oder dieser selbst - Gemeindeland oder -gewässer nutzt, soll er dafür wie jeder andere bezahlen;
    wo Leibeigenschaft noch besteht, ist diese abzuschaffen.
    Es gab noch zahllose weitere Einzelklagen, die nicht die Allgemeinheit betrafen und von Leuten, die dazu begabter oder besser ausgebildet waren als ich, allgemein hätten formuliert werden müssen. Da hatte eine Gemeinde eine Badestube gebaut und an einen Betreiber verpachtet; der Herr hatte sie diesem gewaltsam genommen und einem Günstling gegeben, der nichts an die Gemeinde entrichtete; oder ein Herr - ich glaube, es war ein Abt - hatte in seinem Herrschaftsbereich vor kurzem willkürlich verfügt, nur ein bestimmter, vom Kloster benannter Händler dürfe Salz verkaufen.
    Vielleicht wäre es angemessen zu sagen, daß all diese Forderungen die Einführung von Recht und Gesetz - in vielen Fällen Wiedereinführung alten, von den Herren beseitigten Rechts - und Beendigung maßloser Unterdrückung enthielten.
    Nichts davon fand ich erstaunlich, nachdem mir endlich
die Ungeheuerlichkeit der Zustände und der Herrenwillkür klargeworden war. Aber nein, das stimmt nicht, eines erstaunte mich durchaus, und zwar bis zu vorübergehender Sprachlosigkeit: die Billigkeit und Bescheidenheit der Forderungen. Natürlich gab es in unserem Lager und wohl auch in anderen einige Umstürzler und Feuerköpfe, doch wollte die Mehrheit der Bauern keinen Umsturz, sondern lediglich Gerechtigkeit.
    Jedenfalls galt dies gegenüber den weltlichen Herren. Die Güter der Kirche - das war eine andere Sache. Fast ein Drittel des Reichs gehörte Klöstern und Kirchenfürsten, und das sollte enden. Im Evangelium, sagten die Bauern - denen es die Prediger gesagt hatten -, stehe nichts von weltlicher Herrschaft und Reichtümern für Kirchenfürsten. Es steht nicht einmal etwas von Kirchenfürsten darin. Einige wollten die Herrschaften, falls diese die berechtigten Forderungen annähmen, sogar für entstehende Verluste entschädigen, indem sie ihnen Teile des ungerechten Kirchenbesitzes übergaben. Die wenigsten wußten, wo Babylon liegen mochte, aber alle waren sich einig darin, daß die Kirche, vertreten durch den Papst, die Große Hure Babylon sei.
    Und da mir die Forderungen, die ich zu Papier brachte, so vollkommen gerecht erschienen, glaubte ich eine Weile ernstlich, die Herren, unter denen ja verständige Männer sein mußten, würden sie vielleicht nicht samt und sonders billigen, aber doch ernsthaft über sie verhandeln.
    Das war, ehe die Frühlingssonne den Schnee und die Hoffnungen auflöste.

NEUN
    Z wischen Jorgo und Karl, den beiden alten Kriegern, hatte sich etwas wie eine vorsichtige Freundschaft entwickelt, und auch mir gegenüber verhielt sich der KaiserSchrat-Einsiedler nun wie ein alter Bekannter. An einem Spätwinterabend ergab es sich, daß wir drei allein im Ratsraum am Feuer saßen, und Karl erzählte von seinen Zeiten als Landsknecht. Ich bat um Vergebung, lief zur anderen Hütte, kehrte mit den Zeichnungen von Wiesel, Falke, Bär und Moloch zurück und breitete sie vor ihm auf dem Tisch aus.
    »Bist du bei deinem Schweifen einem dieser Männer begegnet?«
    Karl glättete die Bilder, hob sie einzeln hoch, damit mehr Licht vom Feuer auf sie fiel, und ließ sie mit einem tiefen Knurren wieder sinken. »Was ist damit?«
    »Sie haben mir etwas Teures genommen; dafür will ich Vergeltung.«
    »Ein guter Einsiedler würde jetzt sagen, daß du deine Feinde lieben sollst.« Jorgo rieb sich die Nase; ich war sicher, daß er hinter der Hand lächelte.
    »Ein guter Kriegsmann sagt das auch.« Karl starrte mich ausdruckslos an und schaute dann wieder auf die Zeichnungen. »Zwei kenne ich nicht, dem hier« - er tippte auf Giambattista, das Wiesel - »bin ich begegnet, und von dem da habe ich gehört.« Er hob das Bild von Lukas Haspacher
hoch; dann legte er die vier Zeichnungen aufeinander und schob sie mir hin.
    »Warum sollte ich sie lieben?«
    »Sendboten des Satans«, sagte er langsam, »Handlanger des Todes. Wenn du dich an ihnen rächen willst, mußt du sehr gut sein. Ich glaube, es wäre einfacher, ihnen zu vergeben und sie zu lieben.« Plötzlich kicherte er. »Wenn du alle Männer

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