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Die Rache des Kaisers

Titel: Die Rache des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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unter Weinsbergs Bürgern, die sich am Kampf beteiligt hatten, ließen die Waffen sinken und flohen zu ihren Häusern. Die Krieger des Grafen zogen sich zum kleinen Hügel zurück, auf dem die Kirche stand, um sich dort bis zum Ende zu verteidigen. Metzler und ein anderer der Anführer ritten in die Stadt und versuchten, ein Gemetzel und ausuferndes Plündern zu verhindern, hatten aber nur zum Teil Erfolg.
    Es dauerte nicht lange, bis Jorgo wieder zu sich kam. Er wollte den Kopf heben, stöhnte, faßte nach seiner Stirn, betastete den Stoff und sah mich an.
    »Hast du mich herausgebracht, kleiner Bruder?«
    »Ich konnte dich doch nicht da drin liegen lassen.«
    Er versuchte zu lächeln; es war jedoch eher ein Zähnefletschen. »Wie steht der Kampf?«
    »Ich glaube, er geht zu Ende. Die Schwarzen und deine Erlesenen haben die Burg genommen; in der Stadt ist es nicht mehr so laut, aber ich weiß nichts Genaues.«
    »Hast du was zu trinken?«
    Ich setzte ihm meinen wassergefüllten Balg an die Lippen.
    »Ah«, sagte er, nachdem er getrunken hatte. »Jetzt schulde ich dir mein Leben; und einen guten Schluck.«

    Ich tippte ihm sanft auf die Brust. »Kommst du allein zurecht?«
    »Vorläufig ja.« Er richtete sich auf und schaute sich um. »Die Prediger kann ich mir allein vom Hals halten. Was hast du vor?«
    Ich deutete zur Mauer. »Ich will sehen, ob ich ihn finde.«
    »Sieh dich vor.« Er klang besorgt. »Und wenn du ihn findest, denk an die Kniffe, die wir dir beigebracht haben.«
    Ich stand auf und versuchte, auf ihn hinunterzulächeln, aber es mißglückte wahrscheinlich. »Wir sehen uns«, sagte ich. »Spätestens in der Unterwelt.«
    In der Stadt herrschte das Entsetzen. Um die Kirche wurde immer noch gekämpft. Bei den meisten Häusern waren Türen und Fensterläden geschlossen; wahrscheinlich hatten dort Bürger Zuflucht gesucht. Bei anderen waren die Türen zertrümmert, und aus dem Inneren drangen Schreie und Klagelaute. Einige Häuser standen in Flammen, und überall lagen Tote und Verwundete auf der Straße.
    Ich schwitzte, mochte aber Helm und Brustschutz noch nicht ablegen. Immerhin dachte ich, ich könnte es wagen, das große Schwert über der Schulter zu tragen und nur das kurze in die Hand zu nehmen.
    Hinter der nächsten Biegung lag einer der Erlesenen im Rinnstein. Der halbe Kopf fehlte, und zwischen dem Rest und dem Helm breitete sich eine düstre Lache aus Blut und Gehirnmasse aus. Ich schloß einen Atemzug lang die Augen und versuchte, ein Gebet zu denken, doch gelang es nicht. Dann bückte ich mich und nahm die neben ihm liegende Armbrust, die Tasche mit den Bolzen, setzte einen ein, spannte die Waffe und ging weiter.
    Aus einer Nebengasse kam einer von Geyers Schwarzer Schar. Er hielt einen kurzen Speer in der Rechten und in der
Linken einen Lederbeutel, der schwer zu sein schien und aus dem es leise klirrte.
    »Hast du den Haspacher gesehen?« sagte ich. »Ich muß ihm einen Befehl überbringen.«
    Er grinste und machte eine ruckartige Kopfbewegung nach hinten. »Er vergnügt sich; du solltest ihn besser nicht stören.« Er ging weiter; dabei kicherte er.
    Als ich in die Gasse bog, hörte ich eine Frau oder ein Mädchen wimmern. Zwanzig Schritte weiter sah ich den Rücken eines der Männer von der Schwarzen Schar. Halb stand er vor einem gekippten Handkarren, halb lag er darauf und auf der Frau. Sie hatte das Gesicht zur Seite gedreht; es war blutverschmiert. Als er meine Schritte hörte, wandte er den Kopf und starrte mich an. Es war Lukas Haspacher.
    »Verschwinde, Bauer«, knurrte er.
    Ich schob die Spitze des kurzen Schwerts durch einen Spalt in seinen Beinkleidern und ritzte sein Gesäß.
    »Schwein!« brüllte er. »Was soll das? Warte …« Er ließ von der Frau ab und wollte aufspringen, ließ sich dann jedoch wieder auf sie sinken, diesmal mit Gesicht und Bauch zu mir. Die Schwertspitze leckte an seiner Kehle, und offenbar entnahm er meinem Gesicht, daß ich nicht zum Scherzen aufgelegt war.
    »Wir haben etwas zu klären«, sagte ich durch die zusammengebissenen Zähne. Mein Herz pochte so laut, daß ich meinte, er müsse es hören.
    »Ich kenne dich nicht. Was sollen wir zu klären haben?« knurrte er. Dann glitten seine Blicke von meinem Gesicht zu etwas, das sich hinter mir befand.
    »Auseinander!« sagte eine harsche Stimme. »Was immer ihr auszutragen habt, tut das woanders. Und später.«
    Ich blickte mich schnell um, ohne das Schwert von Haspachers
Kehle zu nehmen. Hinter mir

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