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Die Rache des Kaisers

Titel: Die Rache des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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stand ein Unterführer der Schwarzen Schar, den Bidhänder halb erhoben.
    Ich sah keine Möglichkeit, mich mit beiden zugleich auseinanderzusetzen, tat einen Schritt zurück und ließ das Schwert sinken. »Wie du befiehlst, hoher Herr.«
    »Wir werden an der Kirche gebraucht, Lukas. Los, heb dir die Frau und den Zweikampf für später auf!«
    Er wartete, bis Haspacher sich erhoben hatte; dann nickte er uns gleichgültig zu und ging.
    »Wo und wann?« sagte ich.
    Haspacher betrachtete mich; ich sah eine Mischung aus Abscheu und Mordlust. »Heute nachmittag«, sagte er mit heiserer Stimme, »vor dem unteren Tor. Und was immer du mit mir klären willst, heb es dir fürs Jenseits auf. Ich werde dich abstechen wie eine Sau.«
     
    Lange vor Mittag wurden die Kämpfe in der Stadt eingestellt. Die Kirche war erstürmt, das von Reisigen und Rittern verteidigte Schloß ebenfalls. Im Schloßhof und auf dem Kirchturm hatten die siegreichen Bauern einige Adlige aufgehängt. Metzler ließ überall ausrufen, Weinsberg sei eingenommen, niemand solle mehr getötet werden; für den Mittag rief er die Anführer zur Beratung über die Gefangenen und die nächsten Schritte.
    Ich ging zum Verbandplatz, wo Jorgo saß und an einem Kanten Brot kaute. Ich setzte mich zu ihm, aß und trank ebenfalls ein wenig, aber wir sprachen kaum. Er stupste mich irgendwann und sagte: »Und? Gefunden?«
    »Wir haben gleich eine Verabredung, um dies und das zu klären.«
    »Dann sollte ich mitkommen«, sagte er, »und noch ein paar von den Erlesenen.«

    »Ich will das allein durchstehen.«
    Er zog die Oberlippe hoch. »Dummkopf. Keiner wird dir helfen; wenn ihr das vereinbart habt, ist es nur zwischen euch. Ich wäre aber bei den Schwarzen nicht sicher, daß nicht von denen ein paar eingreifen.«
     
    Die Sonne stand im Zenit. Vor dem unteren Tor waren keine Leute aus Geyers Schar zu sehen. Weiter rechts drängten sich auf einer Wiese zahlreiche Bauern; sie schienen einem Redner zu lauschen und brüllten zwischendurch Beifall und unverständliche Bemerkungen.
    Die Kundgebung, oder was es war, endete, aber die Leute zerstreuten sich nicht, sondern begannen, Reihen zu bilden. Jorgo, der hinter mir stand, murmelte etwas und seufzte; als ich zu den Bauern gehen wollte, hielt er mich fest und sagte: »Ich weiß nicht, ob du das sehen willst.«
    »Was meinst du?«
    Er hob die Schultern; unter dem blutdurchtränkten Kopfverband wirkten seine Augen wie Sickergruben des Grauens. »Ich bleibe jedenfalls hier«, sagte er.
    Zwei der Erlesenen folgten mir, die anderen sechs blieben bei Jorgo. Ich ging nach rechts, zum Ende der sich bildenden Reihen, knapp hinter den Bauern entlang. Einen hörte ich sagen: »Im Schloß? Fünf niedergehauen, einen haben wir gehängt.«
    »Ich hab den Burgpfaffen erstochen«, sagte sein Nachbar.
    »Ich war bei der Kirche.« Der Nachbar zur anderen Seite schüttelte den Kopf; er klang fast empört. »Da hatten sich wirklich ein paar in der Gruft versteckt. Die haben wir totgeschlagen.«
    »Und danach? Gab’s in der Kirche was zu holen?«

    Der eben noch Empörte lachte. »Reichlich, aber bestimmt nicht so viel wie auf dem Schloß.«
    »Komm, ich will nach vorn.«
    Am Ende der Reihe sah ich, daß Jäcklein Rohrbach ein wenig weiter rechts stand, mit anderen Bewaffneten und einer Gruppe von Gefangenen. Sie waren gefesselt, und ihre Kleidung wies die meisten ganz deutlich als Vornehme aus. Einige andere schienen Knechte und Pferdeknaben zu sein.
    Und nun sah ich auch, daß die Bauern sich nicht zu einer Musterung aufgereiht hatten. Sie bildeten eine Gasse und hielten Spieße bereit. Ich hörte sie Namen nennen - Graf Ludwig von Helfenstein, Hans Konrad Schenk von Winterstetten, Burkhard von Ehingen, Friedrich von Neuhausen und etliche andere, allesamt adlig.
    »Ah, die Gräfin haben wir auch erwischt«, sagte ein Mann am Kopf der Spießgasse, als eine junge, schöne Frau zu den Gefangenen gezerrt wurde. Sie trug ein Kind auf dem Arm. Aus den Wortfetzen ringsum erfuhr ich, daß der Junge zwei Jahre alt war und nach seinem Großvater benannt war - Maximilian, natürlicher Vater der Gräfin, Karls Vorgänger auf dem Kaiserthron.
    »Natürliche Tochter?« sagte einer. »Pah, bei uns heißt so was Bankert! Sind die denn was Besseres?«
    Sie warf sich vor Rohrbach und den anderen auf die Knie, hob das Kind hoch, weinte und bat, dem Kleinen den Vater, ihr den Gatten zu lassen.
    »Gnade?« schrie einer am Anfang der Gasse; er hob den Spieß und

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