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Die Rache des Kaisers

Titel: Die Rache des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Wirtshaus wurde zum Hort der Aufrührer und Treffpunkt der Boten; Hipler und Metzler seien mehrfach dort eingekehrt, sagte man.
    Am 1. April ging Rohrbach nach Flein, wo er am 2. mit Trommeln und Pfeifen zu einer Versammlung in Waffen rief. Der Aufstand breitete sich schnell aus; alle nahen Orte zwang Rohrbach, ihm Männer und Waffen zu stellen. In Flein ließ er die Krieger Christi schwören, daß sie Mönche und Pfaffen vertreiben, nicht mehr fronen und alles miteinander teilen würden. Er ließ Burgen, Klöster und Stifte einnehmen und plündern. Überall leerten sie die Opferstöcke; aus Herrenhäusern und Burgen nahmen sie Büchsen, Pulver, Blei und alle sonstigen Waffen mit. Wenige Tage später vereinigte sich sein Haufen, inzwischen über tausendfünfhundert Mann stark, mit dem »evangelischen Heer« in Schönthal. Dort sah ich ihn von weitem, einen starken Mann mit wilden Augen und loderndem Schopf. Aber ich sollte ihn bei Weinsberg noch aus der Nähe betrachten dürfen.
     
    Abends sprach ich kurz, leise, mit Jorgo.
    »Sie bewachen uns nicht mehr.«
    »Ich weiß. Aber das ändert nichts. Ich will die Erlesenen kämpfen sehen; danach …«
    »Und nach dem, was ich zu erledigen habe.«
    Später am Abend kamen Boten. Sie brachten Nachrichten zu den Anführern, und ich glaube, es war Jäcklein Rohrbach, der dafür sorgte, daß die Meldungen sofort ans Heer weitergegeben wurden. Es waren Schreckensgeschichten von Blutbädern, die der Truchseß Waldburg-Zeil an der Donau unter den Bauern anrichtete. Was die Männer besonders erbitterte, war die Botschaft, daß die Feinde uns nicht ehrenvoll als Krieger, sondern als ehrlose Wegelagerer zu behandeln
und zu richten gedachten: kein Kriegsrecht für die Bauern.
    »Sie wollen uns durch Schrecken gefügig machen«, sagte Jorgo; er spuckte ins Feuer.
    »Uns?«
    Er knurrte etwas. Dann sagte er: »Uns, ja. Noch.«
    Die letzte Nachricht, die von Mund zu Mund durchs Lager ging, betraf die nahe Stadt Weinsberg. Dort, hieß es, habe Graf Ludwig Helfrich von Helfenstein den Befehl, und er und seine Leute hätten auf dem Ritt von Stuttgart dorthin alle Bauern hingeschlachtet, die ihnen in den Weg kamen. Er erwarte Verstärkung, Reisige aus Stuttgart, den Marschall von Habern mit pfälzischen Reitern, und wenn wir etwas ausrichten wollten gegen Weinsberg, ließ Jäcklein uns sagen, müßten wir uns beeilen. Graf Helfrich sei auch der jenige, der uns auf dem Marsch so tückisch überfallen und gehetzt habe.
    Noch vor dem Morgengrauen des nächsten Tages - es war der Ostersonntag, was die Blutprediger als guten Umstand deuteten: Der Himmel sei mit uns - brachen wir auf nach Weinsberg, nicht viel mehr als zwei Stunden Marsch entfernt. An den Hügeln vor der Stadt wurden die einzelnen Fähnlein und besonderen Gruppen verteilt. Jorgo hatte mich zu sich gewinkt, als Botenjungen oder Adjutant - »Such’s dir aus«. Mit Karl und den Erlesenen standen wir kurz hinter Geyers Schwarzem Haufen. Zwei- oder dreimal glaubte ich, Lukas Haspacher im Gedränge zu sehen, aber ich konnte nicht sicher sein. Es gab dort zu viele große Männer auf Rappen.
    Plötzlich ertönten von der Stadt aus Schüsse, und wir sahen zwei Männer laufen. Das heißt, einer versuchte zu laufen und dabei den anderen zu stützen. Es dauerte nicht lang,
bis wir erfuhren, was geschehen war. Man hatte zwei Unterhändler zum Tor geschickt und die Übergabe der Stadt verlangt; der Graf - oder wer immer am Tor befehligte - hatte auf sie schießen lassen. Einer der beiden war schwer verletzt worden.
    »Wie kann man nur so dumm sein.« Jorgo hängte sich die Armbrust auf den Rücken und ruckte am Griff des kurzen Nahkampfschwerts, bis es weiter links auf der Hüfte saß. »Gibt es eine bessere Möglichkeit, uns … die Bauern anzustacheln? Man schießt nicht auf Unterhändler!«
    »Schau mal!« Ich stellte mich auf die Fußspitzen, um selbst besser zu sehen, und wies auf den Schwarzen Haufen. Neben Florian Geyer war ein Bauer aufgetaucht, der ihm etwas zu berichten schien.
    »Ha«, sagte Jorgo. »Sieh mal, wie der geht! Das ist kein Mann, das ist eine Frau.«
    Tatsächlich war es eine Frau aus Weinsberg. Sie hatte sich an Geyer gewandt, weil sie ihn als ersten der Anführer erreichen konnte. Geyer schickte sogleich zwei Boten los, um den anderen Führern Bescheid zu geben. Ich sah Karl mit einem der Schwarzen Reiter reden; bald darauf wußten auch wir, daß die meisten Bürger Weinsbergs für die Bauern waren, daß vor allem die

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