Die Rache des Marquis
ein Beweis für Gweneths erfolgreiche Bemühungen um den häuslichen Frieden.«
»Beziehen Sie Caine mit ein, wenn Sie von den Kindern des Herzogs sprechen, Sir Harwick?«
»Allerdings. Da er der Älteste ist, schauen die anderen zu ihm auf, aber er sieht seine Familie nur selten – es sei denn, eines seiner Geschwister gerät in Schwierigkeiten. Dann ist er sofort zur Stelle.« Sir Harwick beugte sich vor und flüsterte verschwörerisch: »Man behauptet, er würde grausame Rache an allen üben, die seinen Lieben etwas angetan haben.« Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, zog er die Brauen hoch.
»Tatsächlich?« Jades Stimme klang besorgt, aber das merkte der Arzt nicht. Sie wollte das Gespräch unbedingt fortsetzen, und um keinen Argwohn zu wecken, zeigte sie nur mildes Interesse und lächelte sogar. »Sie machen mich neugierig, Sir.«
»Nun, er hat überall bekanntgegeben, daß er nach Pagan fahndet und ein Preisgeld auf seinen Kopf ausgesetzt hat. Die Spieler schließen bereits Wetten ab, natürlich zu Caines Gunsten. Sicher wird er den Piraten schnappen. Und wenn es soweit ist – dann sei Gott der Seele Pagans gnädig.«
Um zum ursprünglichen Thema zurückzukehren, fragte Jade: »Leidet Caines Vater an einer sehr schweren Krankheit?«
»Ja, unglücklicherweise.«
»Und man kann nichts für ihn tun?«
Harwick schüttelte den Kopf. »Gweneth ist außer sich vor Sorge. Er schläft nicht und ißt nicht. So darf es nicht weitergehen. Ich fürchte, wenn er nicht bald über Colins Tod hinwegkommt, wird er sterben.«
»Vielleicht braucht er Hilfe.«
»Wer braucht Hilfe?« rief Caine von der Tür her.
»Dein Papa«, antwortete Jade und wandte sich wieder an den Arzt. »Wie ich höre, ist einer Ihrer Kollegen verschwunden?«
»Ja, der arme Sir Winters. Er war ein ausgezeichneter Arzt.«
Als er sie erwartungsvoll anschaute, meinte sie: »Das klingt so, als hielten Sie ihn für tot.«
»Das ist er ganz sicher.«
Caine stand auf der anderen Seite des Betts und versuchte erfolglos, die kalte Kompresse auf Jades Beule zu drücken. Ihre Unterhaltung mit Sir Harwick interessierte sie viel mehr als die geringfügige Verletzung. Immer wieder wischte sie den feuchten Lappen beiseite, und Caine schob ihn wieder zurück. Der Arzt beobachtete diesen stummen Kampf und unterdrückte ein Lächeln. Ein merkwürdiges Paar, dachte er.
Jades nächste Frage erinnerte ihn wieder an den Gegenstand des Gesprächs. »Warum halten Sie Winters für tot?«
»Es gibt keine andere Möglichkeit. Seine Köchin hat ihn als letzte lebend gesehen. Er wanderte durch seinen Garten, bog um eine Ecke, und dann verschwand er einfach.«
»Wie lange ist das her?« erkundigte sich Caine.
»Fast drei Monate«, erwiderte Sir Harwick. »Natürlich wissen wir alle, was mit ihm passiert ist.«
»Tatsächlich?« Sein entschiedener Tonfall verwirrte Jade. »Und was wäre das?«
»Ich sollte nicht darüber reden«, bemerkte Harwick, obwohl seine Miene verriet, daß er das genaue Gegenteil wünschte. Er strahlte wie ein kleiner Junge, der seine Geburtstagsgeschenke auspackt. Dramatisch neigte er sich vor und raunte: »Sklavenhändler.«
Jade glaubte, sich verhört zu haben. »Wie, bitte?«
»Sklavenhändler«, wiederholte er nachdrücklich und lehnte sich wieder zurück.
Sie wagte nicht, Caine anzuschauen. Wenn er nur das geringste Anzeichen von Belustigung aufweisen würde, würde sie ein Gelächter nicht unterdrücken können. »Davon hatte ich keine Ahnung.«
»Wie sollten Sie auch.« Harwick schien Jades Verblüffung in vollen Zügen zu genießen. »Sie sind eine vornehme Lady, und deshalb wissen Sie nichts von diesen unerfreulichen Dingen. Pagan steckt dahinter. Er hat Winters gefangengenommen und ihn an die Sklavenhändler verkauft.«
Jetzt amüsierte sie sich nicht mehr. Dunkle Röte schoß ihr in die Wangen. »Warum gibt man Pagan die Schuld an allen Sünden, die in England verübt werden?« rief sie, ehe sie sich zurückhalten konnte.
»Regen Sie sich doch nicht auf.« Harwick tätschelte ihre Hand. »Ich hätte diese Gerüchte nicht erwähnen dürfen.«
»Ich rege mich keineswegs auf«, log sie. »Es ärgert mich nur, daß Pagan ständig als Sündenbock herhalten muß. Um Ihren Kollegen mache ich mir übrigens keine sorgen, Sir Harwick. Bald wird Winters wieder auftauchen, gesund und munter.«
Voller Zuneigung drückte er ihre Finger. »Welch ein gutes Herz Sie haben!«
»Hat Caines Vater ein starkes Herz?«
Es war Caine, der
Weitere Kostenlose Bücher