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Die Rache des Samurai

Die Rache des Samurai

Titel: Die Rache des Samurai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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als Beweis meiner Treue und Ergebenheit.«
    Als Fürst Oda die abgetrennten Köpfe betrachtete, die Chūgo/General Fujiwara ihm gebracht hatte, ruhte sein Blick mit besonderer Genugtuung auf denen des hatamoto Kaibara Tōju, des rōnin Tōzawa Jigori und des Mönches Endō Azumanaru: Trophäen aus der Zukunft, die Chūgo in die ruhmreiche Vergangenheit begleitet hatten.
    »Ihr habt Eure Sache gut gemacht, Fujiwara«, sagte Fürst Oda. »Als Anerkennung für Eure Dienste werde ich Euch nunmehr belohnen.«
    Chūgos Herz strömte über vor Stolz, so wie einst das Herz seines Ahnherrn. Nun würde er den Höhepunkt in der Laufbahn General Fujiwaras erleben. Er streckte die Arme aus, um von Oda die herrlichen Totenkopfschwerter entgegenzunehmen …

    Plötzlich durchfuhr ein stechender Schmerz Chūgos Knöchel. Der Hauptmann schrie vor Zorn und Enttäuschung auf, als sein Phantasiebild verflog. Dann war er wieder in der Kajüte des Bootes, und draußen heulte der Sturm. Chūgo senkte den Blick auf seinen schmerzenden Fuß und sah, daß Kammerherr Yanagisawa die Zähne in sein Fleisch gegraben hatte. Mit einem wilden Tritt schüttelte Chūgo den Kammerherrn ab. Wie konnte dieser Abschaum es wagen, sein Traumbild zu zerstören!
    »Wenn Ihr glaubt, Ihr könntet der Schande durch seppuku entgehen, dann irrt Ihr Euch, Chūgo«, rief Yanagisawa. »Ihr werdet wie ein gemeiner Verbrecher sterben. Ihr … aaah!«
    Der Körper des Kammerherrn bäumte sich auf, als Chūgo ihm in die Rippen trat. Yanagisawas Stimme wurde schrill vor Panik. »Ihr wagt es, mich wie einen Hund zu treten? Dafür werdet Ihr tausend Tode sterben!«
    Plötzlich sah Chūgo hinter der aalglatten, überheblichen Fassade des Kammerherrn den Mann, für den er Yanagisawa immer schon gehalten hatte: schwach und verängstigt, klein und jämmerlich. Doch Chūgo verspürte kein Mitleid. Wieder und wieder trat er Yanagisawa – in den Magen, gegen die Hüfte, in den Unterleib.
    »Hört auf! Ich flehe Euch an!« kreischte Yanagisawa. »Bitte, laßt ab! Ich tue alles … Ich gebe Euch alles, was Ihr wollt … Geld, Frauen, einen höheren Rang … aber laßt mich gehen. Bitte !«
    Chūgo beachtete Yanagisawas Bitten und Versprechungen gar nicht. Immer wieder schnellte sein Fuß vor, traf Knochen und weiches Fleisch, ließ sein Opfer vor Schmerz schreien. Es bereitete Chūgo eine beinahe krankhafte Freude, seinem Zorn Luft zu machen. Fast hätte er darüber vergessen, daß Yanagisawa am Leben bleiben mußte, bis das Boot weit genug von Edo entfernt war, daß keine Gefahr mehr bestand.

    Verzweifelt hielt Sano sich am Seil fest. Um ihn herum wirbelte und schäumte das Wasser; die Strömung des Sumida drohte ihn in die Tiefe zu ziehen. Immer dann, wenn wieder eine Welle über seinen Kopf hinweggeschwappt war, holte Sano prustend und keuchend Luft. Das Unwetter tobte mit unverminderter Heftigkeit – falls der Fluß ihn nicht verschlang, würde der Regen ihn ertränken. Weil das Boot ihm die Sicht versperrte, konnte Sano nicht flußabwärts schauen. Die Landschaft zog mit beängstigender Geschwindigkeit vorüber, und Sano vermutete, daß sie die halbe Stecke bis zur Ryōgoku-Brücke zurückgelegt hatten. Er sah keine Verfolger, weder zu Lande noch zu Wasser. Wo waren Hirata, die Polizei, die Schiffe der Kriegsflotte? Und was war aus Kammerherr Yanagisawa geworden? Sano mußte an Bord des Bootes!
    Vor Anstrengung biß er die Zähne zusammen, als er sich an das rauhe Hanfseil klammerte und sich daran zum Boot hangelte, Hand über Hand, wobei er die Knie und Knöchel zu Hilfe nahm. Dann, endlich, prallte der schwankende Bootsrumpf gegen seinen geschundenen Körper. Mit letzter Kraft zog Sano sich am Seil in die Höhe, bis er die Finger um die Reling schließen konnte.

    »Bitte, tut mir nicht mehr weh!« schrie Kammerherr Yanagisawa.
    Doch Chūgos Zorn hatte die Dämme der ungezügelten Wut brechen lassen, die sich in ihm aufgestaut hatte, seit er das Familiengeheimnis kannte. Diese Wut riß ihn erneut in die Vergangenheit und ließ ihn zu einem Zeugen der abscheulichen Tat werden, welche die Ursache für General Fujiwaras Wunsch nach blutiger Rache war.

    Ein Sommerabend am Honno-Tempel, etwa hundert Jahre zuvor. In der Gästehütte erwachte Oda Nobunaga, als er plötzlich Gefahr witterte. Er sprang auf, das Schwert in der Hand.
    »Feindlicher Angriff!« rief er seinen Wächtern zu.
    Zu spät. Krachend flog die Tür auf. Pfeile sirrten und mähten die Wächter nieder. Die Armee

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