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Die Rache des schönen Geschlechts

Titel: Die Rache des schönen Geschlechts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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habe, um vier Uhr morgens aufgestanden und zur Bar am Hafen gefahren, um welchen zu kaufen. »Was hat denn das damit zu tun?«, fragte Fazio.
    »Viel. Ich hatte neben zwei Pfosten mit einer Bautafel geparkt, du weißt schon, wo der Name der Firma, die die Arbeiten ausführt, die Nummer der Baugenehmigung und das ganze Zeug draufsteht.«
    »Ja und?«, fragte Fazio.
    »Auf der Kassette mit den angeblichen Unfällen ist von diesen Angaben keine Rede. Die musst du mir besorgen.«
    Er holte einen Zettel aus der Tasche und gab ihn Fazio. »Da steht, wo die Unfälle passiert sind und wie die Opfer heißen. Ich will alles wissen, die Namen der Baufirmen und der Auftraggeber, die Nummern der Baugenehmigungen. Verstehst du?«
    »Ich verstehe. Aber wozu brauchen Sie das alles?«
    »Ich will wissen, ob es einen gemeinsamen Nenner gibt.«
    »Einen gibt es.«
    »Welchen?«
    »Den Tod.«
    Die Bürotür flog auf, aber anstatt an die Wand zu knallen, prallte sie gegen einen Stapel mit unterschriftsfertigen Papieren, den Fazio auf dem Boden abgestellt hatte, flog genauso schnell wieder zurück und wollte ins Schloss fallen. Aber das gelang der Tür nicht, denn auf ihrer Flugbahn traf sie auf ein Hindernis: Catarellas Gesicht. Der stieß ein spitzes Gewieher aus und bedeckte sein Gesicht mit den Händen.
    »Heilige Mariiiiiia! Ich hab Nasenbluten!«
    Was war das, ein Polizeikommissariat? Das war eine Ideenwerkstatt für Slapsticks, auf die Charly Chaplin und Larry Semon neidisch gewesen wären. Montalbano wartete geduldig, bis Catarella sein Taschentuch in die blutende Nase gestopft hatte.
    »Dottori, ich bitte um Verzeihung. Aber da ist ein Marisciallo von den Carrabinera gekommen, der will einfach nur mit Ihnen persönlich selber reden. Er sagt, dass er Verruso heißt.«
    Verruso? Hieß so nicht der Maresciallo, der im Fall Puka ermittelte? Verdammt, was wollte der? »Sag ihm, ich bin nicht da.«
    Er bereute es auf der Stelle. »Nein, Catare, lass ihn rein.«
    Der Maresciallo, in Uniform, die Militärmütze unter dem linken Arm, erschien mit ausgestreckter rechter Hand in der Tür. »Ach, Sie?«
    Der Commissario war schon halb aufgestanden und verharrte mit ausgestreckter rechter Hand in dieser Haltung. Denn der Maresciallo war niemand anderes als der Mann, der ihm in Montelusa wegen der Geschichte mit dem Telefon die Leviten gelesen hatte. Und er war derselbe - aber das wusste Verruso nicht -, der ihm im Traum erschienen war und ihn aufgeweckt hatte, als er mit Livia schlief. Dann kehrte Leben in die Szene zurück, Montalbano lief um den Schreibtisch herum, der  Maresciallo trat ein paar Schritte vor, und sie schüttelten sich endlich die Hand. Beide mit einem Lächeln auf den Lippen, das so falsch war wie eine in Neapel fabrizierte Rolex. Sie setzten sich.
    »Darf ich Ihnen etwas anbieten?«
    »Nein.«
    Es vergingen gut zehn Sekunden, bevor er hinzufügte: »Danke.«
    Matre santa, war der unfreundlich! Montalbano beschloss, keine Fragen zu stellen, sollte doch der das Gespräch anfangen.
    »Ermitteln Sie eigentlich im Fall Pashko Puka, Dottore?«
    »Wie war der Name?«
    Er beglückwünschte sich, die Verwunderung war ihm wirklich gut gelungen. Aber vielleicht war das ein Fehler gewesen, denn der Maresciallo sah ihn an und ging direkt zum Angriff über.
    »Signor Commissario, ich bitte Sie. Ich habe mit Dottor Pasquano gesprochen, er hat mich pflichtgemäß darüber informiert, dass Sie ihn aufgesucht, sich nach dem Ergebnis der Obduktion erkundigt und ihm auch gesagt haben, Puka sei möglicherweise in verschiedene Einbruchsdelikte verwickelt.«
    Montalbano gab sich geschlagen. Dieser Scheißkerl von Pasquano hatte ihn verraten. Was sollte er dem Maresciallo jetzt bloß erzählen?
    »Nun, es wurden uns Gerüchte, wohlgemerkt nur Gerüchte, zugetragen, dass dieser Albaner zusammen mit anderen Subjekten der hiesigen Unterwelt an.«
    »Verstehe«, unterbrach Verruso ihn sauer. Montalbano zog es den Mund zusammen, als hätte er eine saure Frucht gegessen. Es war klar, dass der Maresciallo genug hatte und kein Wort glaubte. »Nur Gerüchte?«
    »Ja, Maresciallo, nur vage Gerüchte.«
    »Keine Post?«
    Wenn der ihm in den Kopf geschossen hätte, wäre Montalbano weniger überrascht gewesen. Was wollte er mit dieser Frage andeuten? Worauf wollte er hinaus? Verruso erwies sich als ziemlich gefährlich. Während Montalbano sich auf der Suche nach einer Antwort das Hirn zermarterte, hatte Verruso seine Jackentasche geöffnet, einen Brief

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