Die Rache des schönen Geschlechts
Dafür ist der Maresciallo zuständig, und es war ein Fehler, dass wir uns eingemischt haben. In Ordnung?«
»Wie Sie meinen. Und was mache ich mit dem Zettel hier?«, fragte er und nahm das Blatt vom Tisch. »Putz dir den Hintern damit ab. Ich gehe jetzt essen.«
Catarella rannte hinter ihm her, hielt ihn am Eingang auf und redete mit verschwörerischer Stimme auf ihn ein.
»Ist der denn mit Ihnen verwandt, Dottori?«
»Wer?«
»Der Marisciallo.«
»Quatsch!«
»Dann bitt ich um Verzeihung, aber warum war der dann an Ihrem Arm?«
»Catare, als ich heute Morgen aus dem Auto stieg, hab ich mich da nicht bei dir eingehängt?«
»Stimmt.«
»Und sind wir etwa miteinander verwandt, du und ich?«
»Meine Güte! Stimmt! Dottori, kein Mensch auf der Welt kann die Sachen so gut erklären, wie Sie sie gut erklären können!«
Aber er besann sich augenblicklich.
»Aber, Dottori, der Maresciallo ist nicht aus seinem Auto ausgestiegen! Das ist doch was anderes!«
Satt und zufrieden erhob er sich vom Tisch, als Mimi hereinkam.
»Wo warst du denn den ganzen Vormittag?«
»Heute Nacht war ein Einbruchsdiebstahl. Aber es war weder ein Einbruch noch ein Diebstahl.«
»Und was dann?«
»Versuchter Versicherungsbetrug.«
»Und du bist hier, um mir das zu erzählen?«
»Nein, zum Essen. Aber ich wollte die Gelegenheit nutzen.«
»Dann red schon, ich brauche frische Luft und will ans Wasser.«
»Ich war im Kommissariat.«
»Verstehe. Fazio hat dir vom Maresciallo erzählt.«
»Ja.«
»Mimi, ich habe versucht, ihm die Lage zu erklären, aber er will nichts davon hören. Dieser Maresciallo Verruso ist zu mir gekommen, weil er von Dottor Pasquano erfahren hatte, dass ich mich mit dem Albaner befasse. Ich wollte ihm auf die Nase binden, Puka sei möglicherweise in ein paar Einbrüche verwickelt, aber das hat er nicht geschluckt. Da habe ich ihm die Wahrheit von dem anonymen Brief und allem erzählt. Er hat sich nicht aufgeregt, war nicht eingeschnappt, hat nicht gedroht, er hat mich nur freundlich gebeten, mich rauszuhalten. Und das habe ich ihm versprochen. Das ist alles. Dabei hätte er uns die Hölle heiß machen können. Im Unrecht waren wir, Mimi, und er hat das nicht ausgenutzt. Versuch du, das diesem Dickschädel von Fazio begreiflich zu machen.«
Bei seinem Denk- und Verdauungsspaziergang Richtung Leuchtturm, dachte er, dass er jetzt allein weiterermitteln und das sogar vor Mimi und Fazio geheim halten musste. Er durfte nicht riskieren, dass herauskam, was Verruso ihm anvertraut hatte. Eine halbe Stunde saß er auf seinem Felsen und dachte nach. Dann kehrte er ins Büro zurück, schlug das Telefonbuch auf und wählte eine Nummer. Man sagte ihm, Signor Corso sei im Büro und habe, wenn er sofort komme, eine Viertelstunde Zeit für ihn, dann müsse er dringend nach Fiacca.
Alfredo Corso war ein dicker Siebzigjähriger mit einem rundlichen, faltenlosen Gesicht. Er hatte hellblaue Augen und musste ein launischer Mensch sein. Montalbano war ihm anscheinend unsympathisch, denn als der Commissario eintrat, schnauzte Corso ihn sofort an. »Was wollen Sie von mir? Ich habe keine Zeit.«
»Ich auch nicht«, sagte der Commissario. »Ich komme wegen des Albaners, der auf Ihrer Baustelle umgekommen ist.«
»Und wo ist die Finanzpolizei, he? Und die Forstpolizei, he?«
»Ich verstehe nicht.«
»Wie bitte, kümmern sich um diesen Unfall denn nicht die Carabinieri? Mischt die Polizei bei so was jetzt auch noch mit?«
»Nein, ich komme ja nicht wegen des Unfalls, sondern weil dieser Pashko Puka möglicherweise in einen Einbruch verwickelt war.«
Alfredo Corso sah ihn an und musste lachen. »Finden Sie das komisch?«
»'Un ci criu - das glaube ich nicht.«
»Sie müssen das nicht glauben. Warum glauben Sie es denn nicht?«
»Weil ich, mein Verehrtester, die Leute auf den ersten Blick durchschaue. Ich sehe sie mir einmal an und weiß sogar, was sie denken. Und Puka, der arme Kerl, hat bestimmt nicht geklaut.«
»Hat Ihre Intuition Sie nie im Stich gelassen?«
»Nie. Ich suche die Leute, die bei mir arbeiten wollen, persönlich aus. Ich habe mich noch nie geirrt.«
»Bei den Ausländern auch nicht?«
»Die Ausländer, mein Verehrtester, egal ob sie schwarze oder gelbe Haut haben, sind Menschen wie Sie und ich. Da gibt es keinen Unterschied.«
»Apropos, Sie beschäftigen doch viele Immigranten, und.«
Corsos Gesicht flammte auf wie ein Streichholz. »Sollen die vielleicht verhungern?«
»Nein, Signor Corso,
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