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Die Rache des schönen Geschlechts

Titel: Die Rache des schönen Geschlechts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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wurde.«
    »Man hat sie ihm also abgenommen. Man wollte seine Identifizierung verhindern.«
    »Aber wir haben ihn identifiziert!«
    »Zur Hälfte. Den Bauarbeiter. Apropos - sind Sie eigentlich sicher, dass er so hieß?«
    »Sicher ist nur der Tod.«
    Das war ihm so rausgerutscht. Er grinste, Verruso grinste über sich selbst. Ein Grinsen ohne Lippen, ein Schnitt durchs Gesicht. Dann sprach er weiter. »Der Bauunternehmer, für den er arbeitete und der übrigens nie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen ist und als anständiger Mann gilt, hatte sich die Nummern der Aufenthaltsgenehmigung und der Arbeitserlaubnis notiert. Aber er kann sich erinnern, dass Puka einen Pass dabeihatte, als er sich vorstellte.«
    »Welcher Immigrant kommt schon mit einem richtigen Pass? Sicher nicht viele.«
    »Stimmt. Aber Puka hatte einen.«
    »Haben Sie jemanden befragt, der ihn kannte?«
    »Befragt habe ich die Leute schon. Aber niemand hatte irgendwas mit ihm zu tun. Man wurde nicht warm mit ihm. Nicht dass er abweisend oder arrogant gewesen wäre, im Gegenteil. Es war sein Wesen. Aber in seinem Zimmer gab es etwas Seltsames. Oder vielmehr, etwas gab es nicht.«
    »Nämlich?«
    »Da war kein Brief aus seinem Land. Kein Foto. Kann das sein, dass er in Albanien niemanden hatte?«
    »Wissen Sie, ob er hier eine Frau hatte?«
    »Sie haben nie gesehen, dass er eine Frau mit aufs Zimmer brachte, weder am Tag noch in der Nacht.«
    »Vielleicht war er homosexuell.«
    »Vielleicht, ja. Aber alle, mit denen ich gesprochen habe, haben es ausgeschlossen.«
    Die Frage kam nicht aus seinem Kopf, sondern direkt von seinen Lippen, unkontrolliert, wie eingeflüstert. »Wie sprach er? Haben seine Kollegen an seinem Akzent gehört, aus welcher Ecke in Albanien er stammte?«
    Der Maresciallo sah ihn bewundernd an. »Nach den Papieren, die er der Baufirma vorlegte, wurde er in Valona geboren. Ich habe auch die anderen Albaner gefragt, was für einen Akzent er hatte, aber sie konnten es mir nicht sagen. Übrigens hat Puka, als er ausnahmsweise mal ein paar Worte mit seinen Landsleuten wechselte, gesagt, er habe sich schon früher, während der kommunistischen Regierungszeit, einmal für lange Zeit in Italien aufgehalten.«
    »Soweit ich mich erinnern kann, erlaubte Albanien damals weder die Einreise noch die Ausreise.«
    »Ja, stimmt. Es sei denn, dieser Puka gehörte zum diplomatischen Corps und genoss bestimmte Vergünstigungen. Dann fiel er in Ungnade und war gezwungen zu emigrieren, um sich sein Brot zu verdienen. Das würde auch erklären, warum ich in seinem Zimmer zwei elegante Anzüge, ein Paar Markenschuhe und Unterwäsche von guter Qualität gefunden habe.«
    »Aber wie verdiente er sein Geld?«
    »Sicher nicht als Bauarbeiter.«
    »Wir sind an einem toten Punkt.«
    »Ich habe das Konsulat und die Botschaft von Pukas Tod unterrichtet, damit sie eventuelle Verwandte in Albanien benachrichtigen können. Das Konsulat hat mir heute Morgen ein Fax geschickt. Sie stellen Nachforschungen an und informieren mich dann. Vielleicht kommt ja irgendwas dabei heraus.«
    »Wir wollen es hoffen. Haben Sie in Erfahrung gebracht, wie der Unfall passiert ist?«
    »Es gibt keine Zeugen.«
    »Wie bitte?«
    »Architekt Manfredi, der Bauleiter, sagte, man habe morgens einen Trupp von sechs Leuten erwartet. Als drei von ihnen, und zwar.«
    Er holte einen Zettel aus der Tasche.
    ». Amedeo Cavaleri, Stefano Dimora und Gaetano Micciche, auf die Baustelle kamen, haben sie Pukas Leiche gleich gefunden, er war also schon vor ihnen da. Was der Wachmann bestätigt.«
    »Hat der Wachmann sonst noch was gesehen?«
    »Nein. Er ist dann ins Bett gegangen, weil er vor Zahnschmerzen die ganze Nacht nicht schlafen konnte.«
    »Wie ist der Albaner zur Arbeit gekommen?«
    »Mit dem Moped, das wir auf der Baustelle gefunden haben. Und die drei Bauarbeiter sind zusammen in Dimoras Auto gefahren.«
    »Zwei fehlen noch.«
    »Genau. Ein Rumäne, Anton Stefanescu, und ein Algerier, Ahmed ben Idris, kamen fünf Minuten später zusammen auf einem Moped.«
    »Wer hat Sie verständigt?«
    »Dimora, er ist mit seinem Auto gekommen.«
    »Was haben denn die Bauarbeiter für eine Erklärung? Denn wenn das Brett unter seinen Füßen gebrochen ist, hätte Puka innerhalb des Gerüstes stürzen müssen, also auf das darunter liegende Brett, ohne großen Schaden davonzutragen.«
    »Das habe ich mir auch überlegt. Aber man hat mir erklärt, dass Puka wahrscheinlich mit dem Bauch am Geländer lehnte und die

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