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Die Rache des schönen Geschlechts

Titel: Die Rache des schönen Geschlechts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Commissario um.
    »Kommen Sie.«
    Damit er überhaupt einen Schritt tun konnte, musste Montalbano sich vorstellen, dass hinter ihm einer war, der ihn anschubste und ihn zwang, sich in Bewegung zu setzen. In dem Zimmer gab es ein Bett, einen kleinen Tisch mit zwei Stühlen, ein Möbel mit einem Fernseher darauf, zwei bequeme Sessel. Eine Tür führte ins Bad. Alles schön aufgeräumt, alles sehr gepflegt. Neben dem Bett saß eine Nonne, die den Rosenkranz betete und dabei leicht die Lippen bewegte. Von der Sterbenden sah man nur den Kopf, wie von einem gerupften Vögelchen, das gekämmte Haar. Padre Barbera fragte leise: »Wie geht es ihr?«
    »Sie ist mehr dort als hier«, antwortete die Schwester wie in einem kindlichen Gedicht, stand auf und verließ das Zimmer.
    Padre Barbera beugte sich über das winzige Köpfchen. »Signora Spagnolo! Maria Carmela! Ich bin's, Don Luigi.«
    Die Augenlider der alten Frau öffneten sich nicht, sie zitterten nur.
    »Signora Spagnolo, der Mann, von dem ich Ihnen erzählt habe, ist hier. Sie können mit ihm sprechen. Ich gehe jetzt hinaus. Wenn Sie fertig sind, komme ich wieder.«
    Auch jetzt öffnete die Frau die Augen nicht, sie nickte nur ganz leise. Als Padre Barbera am Commissario vorbeiging, flüsterte er ihm zu: »Geben Sie Acht.«
    Worauf? Zuerst verstand der Commissario nicht. Dann begriff er, was ihm der Geistliche ans Herz legen wollte: Vorsicht, dieses Leben hängt an einem Nichts, an einem unsichtbaren, hauchdünnen Spinnwebfaden, ein lauter Ton, ein Husten genügt, um ihn unwiederbringlich zu zerreißen. Er bewegte sich auf Zehenspitzen vorwärts, setzte sich vorsichtig auf den Stuhl und sagte leise, mehr zu sich selbst als zu der Sterbenden: »Ich bin da, Signora.«
    Da kam vom Bett ein zartes Stimmchen, aber es war klar, ohne Anstrengung, ohne Schmerz: »Sind Sie. sind Sie. der Richtige?«
    Das weiß ich ehrlich gesagt nicht, wollte er schon antworten, aber er machte den Mund schnell wieder zu. Wie konnte man überhaupt zu einem Menschen, egal, in welcher Situation, schon mit Gewissheit sagen: Ja, ich bin der Richtige für dich? Aber vielleicht wollte die Sterbende auch nur fragen, ob er Polizist war, jemand, der mit dem, was er erfahren würde, auch richtig umging. Die Greisin deutete das unschlüssige Schweigen des Commissario wohl als bejahende Antwort, denn sie gab sich einen Ruck und drehte mit einer gewissen Anstrengung das Köpfchen so weit wie eben nötig, die Augenlider immer geschlossen. Montalbano beugte sich über das Kissen. »Nun... nun era...«
    Es war kein. »vi... vilenu.«
    Gift.
    »vilenu.«
    Gift.
    In der vollkommenen Stille des Zimmers, in das auch keine Geräusche oder Stimmen von außen drangen, hörte Montalbano ein Pfeifen, das fern und nah zugleich war. Da begriff er, dass Signora Spagnolo tief Atem geholt hatte, vielleicht endlich befreit von der Last, die sie seit Jahren mit sich herumschleppte. Er wartete darauf, dass sie weitersprach, dass sie noch etwas sagte, denn was sie gesagt hatte, war zu wenig, und der Commissario wusste nicht, wo er anfangen sollte, um überhaupt etwas zu verstehen.
    »Signora«, flüsterte er.
    Nichts. Sicher war sie vor Erschöpfung eingenickt. So stand er leise auf und öffnete die Tür. Padre Barbera war nicht da, aber die Nonne stand ein paar Schritte entfernt und bewegte immer noch die Lippen. Als sie Montalbano sah, trat sie zu ihm.
    »Die Signora schläft«, sagte er und machte einen kleinen Schritt zur Seite. Die Nonne ging in das Zimmer, trat ans Bett, holte die linke Hand der alten Dame unter der Bettdecke hervor und fühlte den Puls. Dann holte sie auch die andere Hand hervor, nahm den Rosenkranz vom Gürtel und legte ihn ihr um beide Hände.
    Erst bei diesen Gesten begriff der Commissario, dass Signora Maria Carmela Spagnolo gestorben war. Dass sie sich mit dem Pfeiflaut nicht von der Last des Geheimnisses, sondern von der Last des Lebens befreit hatte. Und er hatte sich nicht gefürchtet. Er hatte es gar nicht gemerkt.
    iu ci lu desi... ma...« und »nun era. nun era.« es
    » Cristi...na'u vosi...« C ristina wollte es. »e... iu. ich hab's ihr gegeben. aber. war kein. es war kein.
    Vielleicht weil weder die weihevolle Erhabenheit des Todes noch seine alltägliche, schreckliche fernsehgerechte Entweihung geherrscht hatte. Es war ganz einfach, ganz natürlich der Tod gewesen.
    Padre Barbera kam zurück, als Montalbano schon zwei Zigaretten hintereinander geraucht hatte. »Sehen Sie? Wir sind gerade

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