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Die Rache des schönen Geschlechts

Titel: Die Rache des schönen Geschlechts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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noch zur rechten Zeit gekommen.«
    Stimmt. Zur rechten Zeit, um einen Köder zu schnappen, den Angelhaken in der Speiseröhre zu spüren und die Gewissheit zu haben, dass die notwendige Befreiung von diesem Angelhaken langwierig und mühselig sein würde. Hinterlistig überrumpelt hatte man ihn. Er sah den Pfarrer fast grollend an. Der schien nichts zu merken. »Konnte sie Ihnen noch etwas sagen?«
    »Ja, dass das, was sie einer gewissen Cristina gegeben hatte, nicht das Gift war, das diese wollte.«
    »Das passt«, sagte Padre Barbera. »Wozu?«
    »Ich würde Ihnen gern helfen, glauben Sie mir. Aber ich kann nicht.«
    »Ich habe Ihnen doch auch geholfen.«
    »Sie sind kein Geistlicher mit Schweigepflicht.«
    »Schon gut«, sagte Montalbano und setzte sich ins Auto. »Auf Wiedersehen.«
    »Warten Sie«, sagte Padre Barbera.
    Aus einem Schlitz an der Seite der Soutane holte er ein zweimal gefaltetes Blatt Papier, das er dem Commissario gab.
    »Die Verwaltung hat mir alles gesagt, was sie über die Signora weiß. Meine Adresse und meine Telefonnummer habe ich dazugeschrieben.«
    »Wissen Sie jetzt, ob der Neffe benachrichtigt ist?« »Ja, sie haben ihm den Tod mitgeteilt. Sie haben ihn in Mailand angerufen. Morgen Vormittag kommt er nach Vigata. Wenn Sie wollen. kann ich Sie wissen lassen, in welchem Hotel er absteigt.« Der Pfarrer suchte um Vergebung nach. Aber der Schaden war schon angerichtet.
Kapitel 2
    »Dottori, ich bitte um Verzeihung, aber fühlen Sie sich vielleicht nicht gut? Haben Sie ein Unwohlsein?«
    »Nein. Warum?«
    »Hm, ich weiß nicht. Ich hab das Gefühl, dass Sie da sind und dass Sie weg sind.«
    Catarella hatte völlig Recht. Im Büro war er, weil er redete, Anweisungen gab, erklärte, aber in Gedanken saß er in einem gepflegten kleinen Zimmer im dritten Stock eines Altersheims neben dem Bett einer sterbenden Neunzigjährigen, die ihm gesagt hatte, dass.
    »Komm rein und mach die Tür zu, Fazio. Ich muss dir erzählen, was ich heute Morgen erlebt habe.«
    Als Montalbano fertig war, sah Fazio ihn zweifelnd an. »Und was will der Pfarrer jetzt von Ihnen?«
    »Keine Ahnung, ich soll wohl anfangen nachzuforschen, sehen, ob.«
    »Aber wenn Sie nicht mal wissen, wie, wann und wo das mit dem Gift passiert ist! Die Geschichte liegt womöglich sechzig oder siebzig Jahre zurück! Und dann: War die Angelegenheit bekannt, oder ist sie aus dem Wohnzimmer anständiger Leute nie rausgekommen, sodass kein Mensch jemals was erfahren hat? Dottore, hören Sie auf mich: Vergessen Sie die ganze Sache. Wegen dem Raubüberfall von gestern wollte ich Ihnen sagen.«
    »Jetzt erklär mal, Salvo. Hast du mir diese Geschichte erzählt, weil du meinen Rat willst? Ob du dich damit befassen sollst oder nicht?«
    »Genau, Mimi.«
    »Ich lass mich doch von dir nicht verarschen.«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Du willst meinen Rat überhaupt nicht! Du hast dich längst entschieden!«
    »Ach ja?«
    »Ja! Logisch, dass du dich mit Feuereifer in eine Geschichte stürzt, die weder Hand noch Fuß hat! Und die vor allem so alt ist! Wahrscheinlich wirst du mit Leuten zu tun haben, die an die hundert sind!«
    »Na und?«
    »Solche Reisen in die Vergangenheit sind doch dein größtes Vergnügen. Es macht dir Spaß, mit Alten zu plaudern, die sich noch erinnern, wie viel 1912 die Butter gekostet hat, aber ihren Namen haben sie vergessen! Dieser Pfarrer ist gewieft, der hat dir genau den richtigen Floh ins Ohr gesetzt.«
    »Weißt du, Livia, als ich heute Morgen duschte, klingelte es an der Tür. Nackt, wie ich war, habe ich aufgemacht und.«
    »Entschuldige, aber vielleicht habe ich mich verhört. Du bist splitterfasernackt an die Tür gegangen?«
    »Ich dachte, es sei Catarella.«
    »Na und? Ist Catarella etwa kein Mensch?«
    »Natürlich ist er das!«
    »Und warum musst du einem Menschen den Anblick deines nackten Körpers zumuten?«
    »Hast du >zumuten< gesagt?«
    »Habe ich, und ich nehme es nicht zurück. Oder glaubst du, du siehst aus wie der Apoll vom Belvedere?«
    »Wie meinst du das? Wenn ich nackt vor dir stehe, mute ich dir da den Anblick meines Körpers zu?«
    »Manchmal ja, manchmal nein.«
    Das war der Anfang ihres telefonischen Zoffrituals. Montalbano konnte so tun, als wäre nichts, und weiterreden oder die Sache böse enden lassen. Er entschied sich für Ersteres. Er sagte etwas Witziges, was ihm nicht recht gelang, weil er beleidigt war, und erzählte Livia die Geschichte zu Ende.
    »Hast du die Absicht, dich darum zu

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