Die Rache des stolzen Griechen
Flughafen. Clare war froh, dass Kit keine Gelegenheit mehr hatte, weitere Fragen zu stellen. Es brach ihr das Herz, dass sie Lazar niemals wiedersehen würde. Nicht einmal verabschieden konnte sie sich mehr von ihm. Sie hätte etwas darum gegeben, wenn sie noch ein letztes Mal mit ihm hätte sprechen können. Doch selbst ohne diesen Schlag, den Sophronia seinem Stolz versetzt hatte, würde er kaum den ganzen Weg vom Krankenhaus zum Flughafen kommen, nur um sie noch einmal zu sehen.
Ihre Gedanken schweiften zurück zu dem Morgen, als er ihr eine Tasse Tee zubereitet hatte und sie dann so vertraut nebeneinander auf dem Sofa gesessen hatten. Hätte sie da nur gewusst, dass sie ihn zum letzten Mal sehen würde! Dann wäre sie gewiss nicht so gekränkt in ihr Zimmer gegangen.
Aeneas bog auf den Parkplatz vor der Abflughalle ein. Sie wusste, dass es albern von ihr war, nach einem Mercedes Cabrio Ausschau zu halten, aber verliebte Leute benahmen sich nun einmal töricht.
„Hier entlang“, sagte Aeneas, als sie wenig später das Flughafengebäude betraten. Clare schenkte ihm ein flüchtiges Lächeln.
Nachdem sie eingecheckt hatten, ging Aeneas, um die Abflugzeiten zu überprüfen.
„Du siehst ein wenig blass um die Nase aus, Clare“, stellte Kit fest. „Fühlst du dich nicht wohl?“
Mit ihren Gedanken war sie gerade bei der Frage gewesen, ob sie Aeneas bitten konnte, Lazar einen Abschiedsgruß auszurichten. Es kostete sie einige Mühe, eine heitere Miene aufzusetzen.
„Mir geht es bestens“, log sie. „Ich freue mich auf zu Hause.“
„Ich mich ebenso“, schloss Kit sich ihr aus vollem Herzen an.
Aeneas kehrte mit einem Stapel Zeitschriften unter dem Arm zurück und überreichte sie Clare. „Damit der Flug nicht zu langweilig für Sie wird.“
Sie bedankte sich für seine Aufmerksamkeit. Aeneas besaß etwas von Lazars Charme, wie sie fand. Sie wollte ihm ihre Grüße an Lazar auftragen, war aber dann zu schüchtern, um die Worte auszusprechen. Einen Moment später verabschiedete er sich schon von ihr und Kit und wünschte ihnen einen guten Flug.
Eine lärmende Gruppe Reisender schob sich zwischen sie und ihren Bruder. Clare hatte Mühe, Kit nachzukommen, der offenbar glaubte, sie wäre vor ihm. Gleich darauf hatte sie ihn auch schon aus den Augen verloren.
Eilig ging sie in Richtung der Sicherheitszone und blieb dann wie angewurzelt stehen. Der Mann, der sich jetzt aus der Menge löste und mit langen Schritten auf sie zukam, war … Lazar!
Clare versuchte zu lächeln –, es gelang ihr nicht. Auch Lazar lächelte nicht, als er herangekommen war. Mit ernster Miene blickte er sie an, und Clare hatte den Eindruck, er wäre plötzlich um Jahre gealtert.
„Lazar, ich …“, begann sie und verstummte. Sie hatte ihn bitten wollen, sich das, was Sophronia getan hatte, nicht länger zu Herzen zu nehmen. Aber sicher war es ihm lieber, sie erwähnte dieses Thema nicht mehr. „Ich … ich bin froh, dass du gekommen bist“, sagte sie stattdessen. Bei dem Blick, mit dem er sie ansah – als wollte er sich ihr Gesicht für alle Zeiten einprägen –, fügte sie leise hinzu: „Es wäre mir sehr schwergefallen, ohne Abschied von dir zu gehen.“
„Dann verzeihst du mir also, Clare?“, fragte er rau.
„Verzeihen – dir?“
„Kit hat dir doch sicherlich erzählt, dass Sophronia gelogen hat.“
Endlich brachte sie ein Lächeln zustande. „Oh, Lazar, natürlich verzeihe ich dir!“, rief sie und wünschte sich nichts sehnlicher, als dass auch er ihr ein letztes Lächeln schenken würde.
„Du besitzt ein viel zu weiches Herz“, meinte er leise, doch sein Lächeln blieb aus. „Und nun bist du also auf dem Weg nach Hause.“
Es war eine Feststellung, keine Frage, die einer Antwort bedurfte. „Ja“, erwiderte sie trotzdem. Dann fand sie es besser, zu gehen. Sie fürchtete, kein Wort mehr herauszubringen, ohne in Tränen auszubrechen. Außerdem hatte sie Angst, sie könnte ihn im letzten Moment anflehen, bei ihm bleiben zu dürfen.
Clare reichte ihm die Hand, doch er nahm sie nicht. Sie sah, wie er die Hände zu Fäusten ballte. Es war ihm gewiss nicht leichtgefallen, seinen Stolz zu überwinden und zum Flughafen zu kommen, um sich von ihr zu verabschieden.
Ihr Lächeln erlosch, sie ließ die Hand sinken. „Leb wohl, Lazar“, sagte sie leise und wandte sich zum Gehen.
Zu ihrer freudigen Überraschung streckte er nun doch die Hände nach ihr aus. Er nahm sie bei den Schultern, und schon lag sie in
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