Die Rache des stolzen Griechen
sei, dass er sich einen Moment lang vergessen habe.
Clare war ausgestiegen und ins Haus gelaufen. Sie hatte keine Angst empfunden, als Rob seine Arme um sie gelegt hatte. Sie hatte auch keine Angst gehabt, von ihm geküsst zu werden. Ihre Liebe zu Lazar war es gewesen, die sie veranlasst hatte, Rob zurückzustoßen. Und nur Lazars Lippen wollte sie auf ihrem Mund spüren.
Der Oktober ging vorüber, es wurde November. Clares Schmerz ließ immer noch nicht nach. Selbst die Weihnachtsvorbereitungen lenkten sie nicht von ihrem Liebeskummer ab.
Am letzten Samstag im November fuhr sie mit Kit in die Stadt, um in einem Spielwarengeschäft etwas für die traditionelle Weihnachtstombola zu besorgen. Während er den Baukasten an der Kasse bezahlte, fiel Clares Blick auf ein Regal mit Puppen. Eine davon zog ihre Aufmerksamkeit besonders an. Es war eine Puppe in der griechischen Nationaltracht. Ein leises „Oh!“ kam über ihre Lippen, und Erinnerungen stürmten auf sie ein. Dass Kit neben sie getreten war, merkte sie erst gar nicht.
„Zum Teufel mit diesen Griechen!“, schimpfte er und schob sie aus dem Laden.
Schweigend gingen sie zu seinem Auto. Clare schmerzte es, wie verächtlich er dahergeredet hatte und dass er immer noch einen solchen Groll hegte.
„Kit“, sagte sie rasch, bevor er den Motor anließ, „war es wirklich so schlimm für dich auf Niakos? Ich meine …“ Sie unterbrach sich, als er den Kopf wandte und sie anblickte. Armer Kit, dachte sie. Es musste die Hölle für ihn gewesen sein! Wie konnte sie da annehmen, er habe erfreuliche Erinnerungen an den Ort seiner Gefangenschaft?
„Nun ja“, meinte er zögernd. „Ehrlich gesagt war es ein reizvoller Ort. Aber wie hätte ich die Schönheiten dieser Insel genießen können, wo ich doch vor Sorge um dich halb verrückt geworden bin? Bei aller Fairness muss ich sagen, dass man mich höflich behandelt hat, wenn auch mit eisiger Zurückhaltung.“
Kit beugte sich vor, um den Zündschlüssel im Schloss zu drehen, doch Clare war noch nicht fertig. Nach wie vor schien er Lazar etwas nachzutragen. Deshalb sollte er auch seine Qualitäten sehen.
„Einen Moment noch, Kit“, bat sie. „Du sollst wissen, dass Lazar sehr nett und liebenswürdig zu mir war …“
„Liebenswürdig?“
„Ja“, versicherte Clare mit fester Stimme, damit Kit nicht eine Art Unhold in dem Mann sah, den sie liebte. „Eines Nachts hatte ich wieder diese schrecklichen Albträume, und Lazar war einfach wundervoll zu mir. Seit ich wieder zu Hause bin, habe ich keinen einzigen Albtraum mehr gehabt.“
Auch Kit wurde es jetzt mit Erstaunen bewusst. „Drei Monate, Clare – das ist ein toller Rekord!“
Sie schwiegen eine Weile. Clare dachte daran, wie viel sie Lazar zu verdanken hatte. Seit sie von ihm zurückgekehrt war, hatte sie sich sehr zu ihrem Vorteil verändert.
Kit mussten ähnliche Gedanken bewegen. „Es hört sich fast so an, als hätte er dir etwas gegeben, wozu keiner von uns in der Lage gewesen ist“, meinte er nachdenklich.
„Ihr seid alle wundervoll zu mir gewesen“, erwiderte sie und lächelte dankbar. „Du, Bruce, Mum und Dad – ich weiß gar nicht, wie ich euch jemals dafür danken soll, dass ihr mich all die Jahre so liebevoll beschützt habt.“
„Nicht jeder hat eine so liebenswerte Schwester“,brummelte Kit, um seine Rührung zu überspielen. „Aber vielleicht ist dieser Lazar Vardakas ja gar kein so übler Bursche. Zumindest hat er diese verlogene Sophronia zum Singen gebracht.“
Clare musste über seine Ausdrucksweise lächeln. Doch ihr Lächeln gefror auf der Stelle, als Kit mehr zu sich selbst hinzufügte: „Es hat überhaupt kein Grund bestanden, dich heiraten zu wollen. Aber er hat es angeboten.“
„Mich zu heiraten ?“, brach es ungläubig aus ihr heraus. Entgeistert blickte sie ihren Bruder an. „Du meinst – Lazar hat tatsächlich gesagt, dass er mich heiraten will?“
„Keine Angst“, beruhigte Kit sie, der ihre Reaktion falsch deutete. „Ich habe in deinem Namen dankend abgelehnt. Eigentlich wollte ich gar nichts davon erwähnen. Aber du bist in letzter Zeit so anders, da habe ich es mir abgewöhnt, so sorgfältig wie bisher auf meine Worte zu achten.“
Clare war aufgewühlt. „Deshalb also wollte er dich allein sprechen, als du mit ihm in Athen warst! Und ich dachte, er hat es getan, um dich persönlich um Verzeihung bitten.“
„Das hat er auch. Als er dann fragte, wann unsere Eltern wieder zurückkämen, damit
Weitere Kostenlose Bücher