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Die Rache ist Dein

Die Rache ist Dein

Titel: Die Rache ist Dein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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dem Flur, der Treppe, der Straße, schaute hinauf zu den Hausdächern. Inzwischen war ihr die Wachsamkeit zur Gewohnheit geworden.
    Als erstes zog sie ihre Uniform an, weil das unauffälliger war. Dann ging sie ins Büro und tat so, als würde sie Berichte tippen. Sie hatte Glück. Das Reviet war ruhig, und keiner schien sich für eine Anfängerin zu interessiert, die Formulare tippte.
    Nach einiger Zeit stand sie auf und ging über den Flur zu dem Raum, in dem die Revierunterlagen aufgehoben wurden. Reinzukommen war denkbar einfach. Das Schloß ließ sich mit einer Kreditkarte öffnen. Mehr Schutz war nicht nötig, denn wer würde schon was auf einem Polizeirevier klauen? Nur verschwand ständig etwas: Bleistifte, Kugelschreiber, Papier, Blöcke, Umschläge, Aktendeckel, Merkzettel ... Den Computer zu knacken, war so kompliziert wie das Umlegen eines Schalters. Innerhalb von Sekunden hatte sie zwei Dutzend Fenster zur Auswahl. Sie überprüfte eins nach dem anderen, bis sie auf ein Tabellenprogramm mit Eintragungen über die Tagesaufgaben stieß — Schichten, zugeteilte Wagen, zugeteilte Straßen, Gerichtstermine, freie Tage, Arbeitstage, wer mit wem Streife fuhr, welche Detectives welchem Fall zugeteilt waren. Die Zeitpläne waren nach Datum sortiert, die Cops alphabetisch. Es war nicht schwer, Bedermans Tagesaufgaben der letzten Jahre zu finden, aber es war zeitaufwendig.
    Cindy hatte die Zeit, doch was nützte ihr das? Ricks Anwesenheitsliste sagte nichts über den Mann selbst aus. Aber es war immer noch besser, als nervös und verängstigt in ihrer kleinen Wohnung zu hocken.
    In der Menüleiste fand sie die Option »Gehe zurück«. Rückwärts, Tag um Tag, Monat um Monat. Das war langweilig, stupide und brachte nichts. Rick war morgens um halb sieben da, trug sich nachmittags um halb vier aus. Sechs Tage Dienst, drei Tage frei. Manchmal arbeitete er längere Schichten, um mehr Tage hintereinander frei zu haben.
    Zwei Monate zurück, drei, sechs. Die Haut unter ihren Augen begann zu zucken, während sie sich durch die endlosen, eng beschriebenen Kolonnen klickte. Diese Tabellen enthielten nichts Subjektives, keine Bemerkungen, ob gut oder schlecht. Nur sture Aufzeichnungen. Acht Monate, neun Monate, elf Monate ... um die Zeit hatte Cindy in Hollywood angefangen. Davor war Beaudry allein Streife gefahren. Noch etwas weiter zurück, und Cindy entdeckte verblüfft, daß Graham schon mal einen weiblichen Partner namens Nicole Martin gehabt hatte. Und Beaudry hatte über ein Jahr mit ihr zusammengearbeitet.
    Das war seltsam. Alle redeten davon, daß Graham und Rick früher Partner gewesen waren, aber niemand hatte Nicole Martin erwähnt. Nicht mal Graham. Cindy verfolgte Martins Weg für eine Weile. Dabei stellte sich heraus, daß Nicole nach Pacific versetzt worden war — als Detective, in das Dezernat für Jugendkriminalität. Um sich das bestätigen zu lassen, rief Cindy in Pacific an und verlangte Detective Martins Voicemail. Als sich der Apparat einschaltete, legte sie auf. Okay. Grahams letzte Partnerin war befördert worden. Vielleicht erwähnte Graham sie deswegen nie, war verlegen, weil Martin den Aufstieg geschafft hatte. Aber Hayley hatte auch nichts gesagt. Möglicherweise aus demselben Grund.
    Sehr seltsam. Oder Cindy verstand das System nicht. Es gab so viele ungeschriebene Regeln und Gesetze, die man nur mitbekam, wenn man sie unwissentlich brach.
    Kein Wunder, daß Anfänger so nervös waren.
    Vor Nicole war Graham Bedermans Partner gewesen.
    Und was hatte Bederman gemacht, nachdem er und Graham sich getrennt hatte? Cindy hatte angenommen, daß er sofort seinen jetzigen Partner Sean Amory bekommen hatte. Aber als sie die Anwesenheitsliste durchsah, wurde ihr erneut klar, warum sie nie Glück im Spiel hatte. Ihre Annahmen waren immer falsch.
    Bederman hatte zunächst überhaupt keinen neuen Partner bekommen. Außerdem war er zur Nachtschicht versetzt worden. Nein, nicht die Abendschicht - die Nachtschicht. In den frühen Morgenstunden. Die bei allen am wenigsten beliebte Schicht, weil die Einsätze meist gefährlich waren. Von allen gemieden, außer man hatte einen Hang zum Lasterhaften. Was natürlich nicht fair war. Viele anständige Polizisten arbeiteten in der Nachtschicht. Einige hatten lieber tagsüber frei, andere waren alleinerziehende Mütter oder Väter, die nachts arbeiteten, um Zeit für die Kinder zu haben.
    Aber Nachtschicht zu machen hieß auch, man konnte fremdgehen, ohne der Ehefrau

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