Die Rache ist Dein
hatten. Dreißig Meter weiter war nur noch offenes Gelände, von dem aus man die Berge sehen konnte. Dann noch ein Cafe, diesmal geöffnet und gut besucht. Cindy befragte ihren Magen, beschloß, daß sie im Moment eher neugierig als hungrig war. Sie würde sich auf dem Rückweg etwas zu essen holen.
Kurz danach kam sie zu einer ganzen Reihe von Antiquitätengeschäften. Sie betrat eines und stellte fest, daß es eher ein Ramschladen war. Viele alte Bücher und Kleidungsstücke ... stapelweise Geschirr, das wie Urgroßmutters billiges Porzellan aussah. Ein Regal mit rostigen Büchsen für Mehl und Zucker. Ein weiteres Regal mit angeschlagenen Porzellanfiguren Made in Japan. Cindy entdeckte ein paar Stücke aus schillerndem Buntglas, die aber eigentlich viel zu teuer waren. Weil Mom so was sammelte und Cindy den Laden nicht mit leeren Händen verlassen wollte, nahm sie eine Tasse und Untertasse in die Hand und überprüfte sie auf Fehler. Die Sachen waren einwandfrei, und Cindy trug sie zum Ladentisch.
Eine Frau in den Vierzigern stand an der Kasse. Kurzer Haarschnitt, langes Kinn. Blaue Augen, umgeben von winzigen Fältchen, Runzeln und Krähenfüßen. Das Gesicht ungeschminkt, kein Schmuck. Einfache Kleidung — ein kurzärmeliges Hawaiihemd und ausgebeulte Jeans. Cindy reichte ihr Tasse und Untertasse.
»Hübsch«, sagte die Frau und sah auf den Preis. »Ich hätte mehr dafür verlangen sollen. Pech gehabt. Mein Verlust, Ihr Gewinn.«
Cindy nickte und lächelte. »Hübsches Hemd.«
»Danke«, erwiderte die Frau. »Wir haben links einen ganzen Stapel davon. Haben Sie die gesehen?«
»Ah, nein.«
»Soll ich sie Ihnen zeigen?«
»Ja, warum nicht.«
Die Frau kam hinter dem Ladentisch hervor und führte Cindy durch die vollgestellten Gänge. »Die Hemden stammen aus den Fünfzigern und Sechzigern. Hundert Prozent Rayon. Keine Baumwolle. Die aus Baumwolle fallen nicht so gut. Wir haben auch ein paar Bowlinghemden, wenn Sie daran interessiert sind.«
»Ich geh nicht zum Bowling.«
»Macht nichts. Das tun die meisten Kunden auch nicht. Die Hemden sind momentan der letzte Schrei. Sie wissen schon, was jeder haben muß. Was machen Sie beruflich?«
Die Frage überraschte Cindy. »Ich bin Studentin.«
»University of Redlands?«
»Ah, nein, University of California in San Diego.«
»Netter Ort zum Studieren.« Die Frau wühlte einen Kleiderberg durch und zog ein rosa Hemd mit haiwaiianischen Hulatänzerinnen heraus. »Das dürfte Ihre Größe sein.«
»Hübsch.« Das meinte Cindy sogar ehrlich. »Wieviel?«
»Vierzig.«
»Puh! So viel?«
»Wie gesagt, das sind echte Stücke.«
»Wieviel haben die wohl neu gekostet?«
»Fünf, sechs Dollar. Ich geb es Ihnen für dreißig. Das verlange ich auch von Ron Harrison in West Hollywood. Der schlägt dann hundert Prozent drauf.« Sie lächelte. »Ziehen Sie es einfach über Ihre Bluse. Mal sehen, wie es Ihnen steht.«
Cindy schlüpfte in das Hemd. »Ein bißchen groß.«
»Die müssen groß sein.«
»Ich seh ja aus wie eine Gangsterbraut.«
»Die kaufen hier auch manchmal ein.« Wieder lächelte die Frau. »Okay, ich geh auf fünfundzwanzig runter. Ich hab zwanzig dafür bezahlt. Die fünf Dollar werden Sie mir doch wohl gönnen.«
»Sie wollen mich überreden«, stellte Cindy fest. »Ich brauch das Hemd nicht.«
»Brauchen ist was völlig anderes als wollen. Wollen Sie es haben?«
»Eigentlich schon.«
»Dann kaufen Sie es. Sie werden es nicht bereuen.«
Cindy warf die Hände hoch, gab ihr das Hemd zurück. »Sie haben mich überzeugt. Ich nehm es.«
»Das Hemd steht Ihnen. Und wenn Sie Ihre Meinung ändern, bringen Sie es zu Ron Harrison. Sagen Sie ihm, Elaine hätte Sie geschickt.«
»Ich werd's mir merken.«
»Wollen Sie einen Espresso oder einen Cappuccino? Ich hab hinten eine Maschine.«
»Ach, lassen Sie nur ... «
»Ich mach mir selbst einen.«
»Gut, dann nehme ich einen Cappuccino.«
»Kommen Sie mit nach hinten.«
Cindy folgte Elaine in das Hinterzimmer. Die Maschine war zwischen alte Küchengeräte gequetscht, hauptsächlich Eisboxen. »Werden die immer noch benutzt?«
»Nein, die sind nur zur Dekoration, obwohl die meisten funktionieren. Zu uns kommen eine Menge Innenarchitekten aus L.A. auf der Suche nach solchem Zeug.«
»Ehrlich?«
»Ja, ehrlich. Sie klingen überrascht. Warum sollen die in L.A. fünfzig Prozent mehr zahlen, wenn sie bei uns dasselbe billiger kriegen? Wir haben hier ein paar echte Schätze.«
»Wer ist
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