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Die Rache ist Dein

Die Rache ist Dein

Titel: Die Rache ist Dein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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Fall sterben, und es würde ein schmerzhafter Tod sein.
    Ihr Magen krampfte sich zusammen, und sie übergab sich.
    Tropper verzog angewidert die Nase. Wütend trat er das Gaspedal durch, bis es flach auf dem Boden war.
    Eine Haarnadelkurve.
    Er riß das Steuer ein Sekunde zu spät herum.
    Cindy schrie, als das Auto durch die Leitplanke brach.
    Wurde an einer Million schmerzhaft stechender Nadeln vorbei nach vorne geschleudert. Flog durch den Sternenübersäten Himmel.
    Wenn sie nicht solche Schmerzen gehabt hätte, wäre es wunderschön gewesen.
    Das letzte, was sie hörte, war eine ohrenbetäubende Explosion. Das letzte, was sie sah, war das Aufblitzen von hellem, blendenden Licht.
    Das letzte, was sie spürte, war die Wärme einer plötzlichen Hitzewelle. Und dann war alles fort! Dunkelheit ... Kälte ... Stille.

38
    Mom hatte schon wieder einen Wutanfall. Diesmal war der Sündenbock Dr. Heinz, der Arzt aus der Notaufnahme, der Cindy behandelt hatte, als sie eingeliefert worden war. Allerdings hatte Cindy keine Erinnerung an den Arzt oder an irgendwas aus jener Nacht, obwohl man ihr gesagt hatte, sie hätte geredet, als die Sanitäter sie in die Notaufnahme schoben.
    »Wenn noch jemand sagt, sie hat Glück gehabt, erwürg ich ihn!« Mom war dem Zusammenbruch nahe. »Glück hat man, wenn man in der Lotterie gewinnt! Wenn man in Vegas das große Geld macht! Verfolgt, entführt, zusammengeschlagen zu werden und Gott weiß wie viele Meter einen Abhang hinunterzustürzen, hat nichts mit Glück zu tun! Ich wage zu behaupten, daß in keiner Kultur der Welt Glück auf diese Weise definiert wird, einschließlich der Stämme, die sich im Namen der Schönheit selbst verstümmeln!«
    Der Blick des Arztes wanderte von Mom zu Alan, der die Rolle des leidenden Ehemanns übernommen hatte, und zurück zu Mom. Dr. Heinz reagierte mit geduldigem Lächeln auf den Ausbruch. Cindy verstand die Frustration ihrer Mutter — stimmte ihr sogar zu —, aber sie konnte sich besser beherrschen. Moms Gebrüll war nicht nur peinlich, Cindy bekam auch Kopfschmerzen davon. Sie hörte es durch die Verbände um ihren Kopf und ihre Ohren. Momentan war der größte Teil ihres Oberkörpers in Verbände gehüllt, die den Brustkorb einschnürten und das Atmen erschwerten. Hinzu kamen noch die gebrochenen Rippen.
    Sie schloß die Augen. Wenn sie sich nicht bewegte, sah sie aus, als schliefe sie. Und wenn sie schlief, nervte niemand sie, und der Schmerz war nicht so deutlich zu spüren. Aber Schlafen war schwer, wenn Mom brüllte. Also ruhte Cindy sich aus, beobachtete die Konfrontation zwischen Mutter und Arzt durch halb geschlossene Augenlider.
    Mom fiel es schwer, sie anzusehen. Cindy fiel es genauso schwer, ihre Mutter anzusehen, deren Augen stets voller Tränen standen und die immer kurz vor dem Zusammenbruch war. Wie gern hätte Cindy ihr gesagt, sie solle sich zusammenreißen, aber Cindy würde den Mund halten, egal, wie sehr ihr zerschundener Körper schmerzte. Mütter hatten das Recht, bemitleidenswert und verängstigt auszusehen, wenn ihre einzige Tochter (und in diesem Fall das einzige Kind) sechzig Meter tief über eine Felswand abstürzte. Der Sturz wäre noch tiefer gewesen, wenn Cindy nicht das »Glück« gehabt hätte, in einem Baum zu landen. Blätter waren weicher als harte Erde, und die Aste hatten sie davor bewahrt, weitere dreißig Meter zu fallen.
    »Sie müssen entschuldigen«, sagte der Doktor. »Wir Arzte neigen dazu, die Dinge vom medizinischen Standpunkt aus zu betrachten. Ich habe von Glück gesprochen, weil gebrochene Rippen rasch heilen. Die Schlüsselbeine sind nur angebrochen. Und die Fraktur im Arm ist ein glatter Bruch. Alle anderen Knochen sind wie durch ein Wunder heil geblieben.«
    Mom sah ihn mit stahlhartem Blick an. »Dr. Heinz!« Sie sprach sehr deutlich. »Meine Tochter ist kein anatomisches Anschauungsmaterial! Sie ist ein Mensch! Sehen Sie sie doch ... nur an!«
    »Ich verstehe, Ma'm ... «
    »Nein, Sie verstehen nicht!« protestierte Mom. »Sie verstehen überhaupt nichts!« Schluchzen. »Ich bin dankbar, daß sie hier ist ... aber mit Glück hat das nichts zu tun!«
    Typisch Dad, in diesem Augenblick hereinzukommen. Moms Blick wurde eisig, sie wischte sich rasch über die Augen, riß sich so weit zusammen, daß sie einen dramatischen Abgang hinbekam. Sie erhob sich von ihrem Wachposten an Cindys Bett, marschierte zur Tür, murmelte, sie sei unten in der Cafeteria, falls jemand sie brauchte.
    Alan folgte ihr.

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