Die Rache. Thriller.
Abgeschnitten von der Welt. Keine Nachbarn. Mit niemandem Kontakt. Sie fuhr langsamer und fing an, die Nummern auf den Briefkästen am Rand der Landstraße zu prüfen. Ihr Herz fing an schneller zu schlagen, als die Nummer näher kam, die sie suchte.
Sie sah den kiesbedeckten Zufahrtsweg, der in den Wald abbog, noch bevor sie die Nummer auf dem Briefkasten entdeckt hatte, und sie wußte: Das war es. Diesmal fuhr sie aber schnell vorbei und wagte es nicht einmal, einen Blick durch den Wald zu werfen, in dem das Haus wahrscheinlich lag. Etwa fünfzig Meter weiter entdeckte sie einen Feldweg, eine schmale, ausgefahrene Schneise durch den Busch, die in den Wald führte. Ein alter Feuerwehrweg, dachte sie. Oder vielleicht der Traktorweg eines Farmers, der zu einem tiefer gelegenen Feld führte.
Sie kämpfte gegen den Drang an, dort hineinzufahren, und dachte: zu nah! Sie fuhr weiter. Eineinhalb Kilometer weiter entdeckte sie einen zweiten Feldweg, dieser führte in die entgegengesetzte Richtung. Sie fuhr hinein, bis man sie von der Straße aus nicht mehr sehen konnte.
Megan schluckte heftig und sammelte ihre Ausrüstung ein. Sie nahm den Skizzenblock, die Kamera und den Feldstecher und steckte sie in einen Brotbeutel. Die Waffe verbarg sie unter dem Mantel.
Dann stieg sie aus und ging zur Straße. Sie zog die Mütze in die Stirn und rannte vorsichtig auf der Landstraße zurück.
Als sie den Feldweg nahe dem Haus erreichte, bog sie hinein und schlich sich durch den Wald. Sie konnte ihre Atemwolke vor sich sehen. Einen Augenblick lang hielt sie an und ließ sich von der Dunkelheit einhüllen. Sie stapfte am Waldrand entlang, hielt sich direkt an den Weg, den der Farmer früher gefahren sein mußte, und hoffte, daß er sie an die Zufahrt und zum Haus selbst führen würde. Sie wußte nicht sicher, ob es der richtige Weg war, aber sie hatte so ein Gefühl, und sie konnte ihr Herz unter dem Mantel klopfen hören. Die Ranken der Büsche zerrten an ihrem Parka, aber sie befreite sich und bewegte sich so leise wie möglich vorwärts. Sie dachte, sie mache einen furchtbaren Lärm; jedes Knacken eines Zweiges kam ihr wie ein Kanonenschuß vor, jeder Schritt auf dem sumpfigen Boden wie ein Raketenstart. Sie eilte vorwärts, zwängte sich durch das Kieferngehölz und suchte nach dem Haus.
Als sie Licht sah, zögerte sie. Dann schlich sie geduckt vorwärts.
Plötzlich überkam sie Angst vor Hunden, aber sie machte sich wieder schnell davon frei. Sie dachte: Wenn ich mich irre, schulde ich bestimmt einem armen Farmer eine Erklärung. Aber sie kroch weiter.
Am Waldrand entdeckte sie eine alte Feldsteinmauer, ging in die Knie und rutschte darauf zu. Sie legte die Wange an einen moosbedeckten Stein, und die kühle Oberfläche beruhigte sie. Dann hob sie langsam den Kopf.
Sie sah zu dem alten, weißen, holzverschalten Farmhaus hinüber. Der Abendnebel schien sich darum zu sammeln.
Sie konnte keinerlei Bewegung ausmachen. Einen Augenblick lang verfluchte sie die zunehmende Dunkelheit, denn auch wenn sie ihr half, sich zu verbergen, so versteckte sich doch auch das, wonach sie suchte.
Sie holte den Feldstecher heraus und richtete ihn auf einen vor dem Haus geparkten Wagen. Ihr Herz klopfte wild, als sie den Aufkleber eines Autoverleihs entdeckte.
Kein Farmer fährt einen Mietwagen, dachte sie. Auch kein Student. Aber ich erinnere mich an jemanden, der es tut.
Das sieht ihr ähnlich.
Sie schwang den Feldstecher herum und sah sich das Haus an. Sie konnte nichts Besonderes an dem Farmgebäude erkennen. Wie so viele bestand es aus einem Erdgeschoß und zwei Stockwerken darüber im Cape-Stil, jeder Stock sah über den darunterliegenden hinaus. Sie dachte: Wohnzimmer und Eßzimmer Parterre, Schlafzimmer im ersten Stock, dann das Dachgeschoß oben drauf.
So würde es sein.
Megan setzte rasch den Feldstecher ab und skizzierte, was sie von dem Grundstück und dem Gebäude erkennen konnte, in einen Plan. Sie befand sich seitlich des Hauses und konnte die Vorder- und Rückseite sehen. Hinter dem Haus erblickte sie ein längliches, abfallendes Feld, das sich zum Waldrand hin erstreckte. Sie überlegte, ob der Feldweg wohl dorthin führte, und nahm an, daß dem so war. Sie sah, daß der Zufahrtsweg vor dem Haus einen Bogen machte, dort, wo sich eine Veranda befand. Davor lag ein Stück verwilderten Rasens, so daß jeder, der sich dem Haus von vorn näherte, fünfzig Meter offenen Geländes überwinden mußte. Sie hob die Kamera und
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