Die Rache. Thriller.
begrüßen, die sich dann während des Tages verstärkten und die den Tag ausmachten. Es schauderte ihn wieder, als er in die Küche kam, den Heißwasserhahn so weit wie möglich aufdrehte und nach einem Kaffeebecher suchte, der weniger schmutzig als die anderen war.
Nach einigem Suchen fand er einen, der ihm genügte. Er warf zwei Löffel Pulverkaffee hinein und füllte den Becher aus dem dampfenden Wasserhahn. Dann nahm er einen kleinen Schluck, zog ein Gesicht und drehte sich um. Er lehnte sich an den Ausguß und ließ die Wärme aus dem Becher in seine Hände fließen, damit die Kälte aus seinem Körper wich.
Als er ein leises Bumsen vor dem Haus hörte, verwirrte ihn das zuerst. Was war das? fragte er sich. Wo kam denn dieses Geräusch her? Hier gibt’s doch keine Geräusche.
Hier doch nicht, jetzt doch nicht.
Dann durchflutete ihn sofort heiße Angst.
Seine Hand zitterte etwas, als er den Kaffeebecher wegstellte.
Er spitzte die Ohren und lauschte, ob noch so ein Ge-räusch kam, aber er hörte keins.
Es war etwas, dachte er. Es war nichts. Es war dieses alte Haus, das knackt vor Alter. Es war die Polizei, die Stellung bezog. Plötzlich schüttelte ihn die Spannung in seinem Innern, als er sich zu überzeugen versuchte, daß er etwas, und zugleich, daß er nichts gehört hatte. Als er hinabblickte, sah er, daß ihm der Revolver schon wieder in die Hand gesprungen war. Er überlegte einen Augenblick, nach oben zu rennen und Olivia zu rufen. Dann dachte er: Ich bin nicht so schwach, ich bin stärker. Wozu brauche ich sie, um mal nachzusehen, was das für ein Geräusch war, und dann stellt sich heraus, daß ich es mir nur eingebildet habe? Seine schlechten Nerven widerten ihn an, aber er empfand dennoch Angst.
Er ging vorsichtig, aber zielstrebig zur Vorderfront des Hauses. Er äugte durch eine Glasscheibe in der Vordertür, aber er konnte nichts außer dem vorderen Hof sehen, der vor Rauhreif glitzerte.
Es war nichts, sagte er sich. Du hast schlecht geschlafen.
Es ist jetzt bald zu Ende und du bist nervös, also regst du dich über nichts auf.
Ramon schauderte. Es ist wahrscheinlich nichts, redete er sich ein. Vielleicht war es der Wind. Aber er konnte die Bäume kahl und still vor dem bedeckten Himmel stehen sehen.
Er wollte das alte Haus mit seinem bißchen Wärme nicht verlassen, aber er wußte, daß er sich vergewissern mußte.
Langsam drehte er den Türknopf herum und öffnete. Es war, als hätte jemand seinen eisigen Atem um ihn herum-geblasen. Er zögerte wieder, wollte eigentlich nicht hinausgehen. Aber er tat es.
Vor Kälte zitternd und vielleicht auch vor etwas anderem ging Ramon langsam auf die Veranda hinaus. Er hielt den Revolver in der ausgestreckten Hand, und sein Kopf drehte sich nach rechts und links, als er den Hof mit den Augen absuchte.
Lauren sah die Rückseite des Farmhauses an und fragte:
»Glaubst du, sie sind okay?« Die Stille begann ihre Zuversicht zu beeinträchtigen. Sie hatte in den vergangenen Minuten ein Dutzend alptraumhafte Visionen abgewehrt. Karen legte einen Arm um sie und drückte sie an sich.
»Natürlich«, sagte sie sanft. »Warum nicht?«
»Wir haben noch nichts gehört.«
»Das heißt doch, daß die Sache so wie geplant abläuft.«
»Ich wollte, wir hörten etwas.«
»Hast du Angst?«
»Klar. Und du?«
»Nur ein bißchen. Ich bin auch wütend.«
»Ja. Meinst du, daß Tommy und der Richter -«
»Oh, die sind okay, das weiß ich einfach. Sie schlafen wahrscheinlich. Du weißt, wie Tommy ist. Wenn er ein bißchen müde ist, kannst du ihn nicht mal mit ’nem Kanonenschuß aufwecken.«
»Ich wollte, Mom wäre hier.«
»Ich auch.«
»Sie wissen, was sie tun.«
»Natürlich wissen sie das.«
»Rück näher heran. Ich friere.«
»Es ist nicht die Kälte«, sagte Karen, praktisch wie gewöhnlich. Aber trotzdem rückte sie näher. Sie sah auf ihre Waffe herunter. »Wenn du einen kleinen roten Punkt siehst, heißt das, daß die Waffe gesichert oder ungesichert ist?«
»Ungesichert.«
»Oh. Richtig.« Sie ließ den Sicherungshebel einrasten.
»Warum tust du das?« fragte Lauren.
»Dad hat doch gesagt -«
»Er hat gesagt, wir sollen vorsichtig sein. Er hat nicht gesagt, daß wir dumm sein sollen.«
»Wie meinst du das?« fragte die ältere Schwester sie leicht verärgert.
»Ich glaube eben nicht, daß ich den dummen Sicherungshebel finden würde, wenn ich müßte. Ich glaube, wir sollten fertig sein, falls wir hinlaufen und helfen
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