Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rache. Thriller.

Die Rache. Thriller.

Titel: Die Rache. Thriller. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
Vom Netzwerk:
über seinen Kopf gezogen hatten, war die Hand eines Mannes, die eine Pistole gegen den verhüllten Kopf seines Großvaters richtete. Als er dann auf dem Boden des Autos lag, hörte er den flachen Atem des alten Mannes, aber er war beruhigt, daß der Atem regelmäßig ging. Für Tommy war das ein vertrautes Geräusch, denn oft war sein Großvater abends beim Vorlesen, wenn Tommy sich an seine Brust gelehnt hatte, friedlich eingeschlafen.
    Er wollte sich nicht bewegen, um Großvater nicht weh zu tun, aber seine Beine begannen, sich zu verkrampfen, und er wußte nicht, ob er die Schmerzen aushalten würde.
    Er versuchte herauszufinden, wie lange sie wohl schon im Wagen lagen. Wahrscheinlich erst ein paar Minuten, aber er war sich nicht sicher, denn es kam ihm wie eine Ewigkeit vor.
    Er hörte den Motor, das Geräusch der Reifen auf dem Asphalt und spürte jede Unregelmäßigkeit der Straße.
    Niemand sprach, deshalb wußte er nicht, wie viele Leute mit ihm und dem Großvater im Wagen waren.
    Er hatte keine Ahnung, warum sie ihn und Großvater gekidnappt hatten und was sie mit ihnen anstellen würden.
    Er wußte nur, daß er große Angst hatte, und deshalb verhielt er sich ganz ruhig.
    In die Stille hinein hörte er jemanden lachen, anscheinend mehr aus Erleichterung denn aus Freude.
    »Mensch«, sagte die Stimme, »das war einfacher, als ich gedacht habe.«
    Eine Männerstimme, stellte Tommy fest. Das war also Nummer eins.
    »Ich wußte, daß es leicht sein würde, ein Kinderspiel«, antwortete eine weitere, tiefere Männerstimme. Das war also Nummer zwei.
    »Die einfachste Art, jemanden zu schnappen, ist, ihn total zu überraschen. Dann, wenn er sich überhaupt nicht vorstellen kann, was eigentlich geschieht. Wenn er gar nicht weiß, daß jemand hinter ihm her ist. Der ist dann verdammt geschockt und unfähig, auch nur einen Gedanken zu fassen. Deshalb macht er auch brav alles mit, was du von ihm verlangst. Diese beiden hier sind wirklich super. Sie funktionieren perfekt.«
    Das sagte Nummer eins.
    »Hast du schon mal jemanden geschnappt, der wußte, was du vorhattest?« fragte Nummer zwei.
    »Nee, aber ich habe mal ’ne Sache mitgeplant …«
    »Haltet die Klappe!«
    Unwillkürlich schauderte Tommy beim Klang dieser Frauenstimme. Sie jagte ihm Angst und Schrecken ein.
    »Hört mit der Quatscherei auf, bis wir zu Hause sind!«
    fuhr die Frau fort. »Warum gebt ihr dem Alten und dem Kleinen nicht gleich eure Visitenkarten? Seid doch nicht so blöd!«
    »Tut mir leid«, erwiderte Nummer eins.
    »Wir sind noch nicht zu Hause«, sagte sie jetzt und lachte unangenehm.
    Tommy kamen jetzt zum ersten Mal Tränen. Er war traurig, weil er an seine Mutter und seinen Vater denken mußte. Ich will nach Hause, dachte er, und seine Lippen zitterten.
    »Wir sind aber schon bald da, verdammt bald.« Nummer eins und Nummer zwei lachten mit ihr zusammen.
    Tommy spürte, wie sich die Atmosphäre entspannte. Der Wagen fuhr stetig weiter, gelegentlich spürte er ein Rucken. Für ein paar Minuten waren alle still. Dann sagte die Frau: »Da wären wir.«
    Der Wagen bog von der Straße ab und fuhr auf einen Kiesweg. Tommy konnte das Knirschen der Steine unter den Reifen hören. Langsam zählte er bis fünfunddreißig und dachte: Das muß aber eine lange Einfahrt sein, nicht wie bei uns zu Hause. Als der Wagen hielt, suchte Tommy in der Dunkelheit die Hand seines Großvaters. Er fand sie und hielt sie fest. Als sein Großvater den Händedruck erwiderte, wurde er froh. Er durfte jetzt nicht mehr weinen.
    »So«, hörte er die Frau sagen, »ihr könnt langsam aussteigen.«
    Sein Großvater drückte ihm noch einmal fest die Hand und ließ sie dann los. Tommy fühlte sich bestärkt und wartete, was jetzt mit ihnen geschehen würde.
    Der Wagen wurde geöffnet, zwei Hände griffen nach ihm, er wurde aus dem Wagen gehoben, auf die Erde gestellt. Als er draußen stand, schüttelte Tommy das eine Bein, das ihm eingeschlafen war. Die Luft war kalt, und ihn fror.
    Unter dem übergestülpten Sack war tiefe Nacht. Er hoffte, sie würden den Sack bald herunternehmen. Sein Großvater stöhnte leise, als er aus dem Wagen geführt wurde. Tommy konnte seinen unsicheren Schritt hören.
    Dann fühlte er ihn plötzlich ganz nah bei sich und griff wieder nach seiner Hand. Das gab ihm Kraft. Als er sich nah an ihn herandrängte, legte der Großvater ihm den Arm um seine Schultern.
    »Alles in Ordnung, Tommy. Ich bin bei dir. Tu schön, was sie sagen. Ich werde

Weitere Kostenlose Bücher