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Die Rache. Thriller.

Die Rache. Thriller.

Titel: Die Rache. Thriller. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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nicht zulassen, daß dir etwas geschieht.«
    »Hübsche Ansprache«, hörte Tommy die Frau sagen, »starke Worte.«
    Sein Großvater wollte etwas erwidern, hielt sich aber zurück.
    »Wir gehen jetzt ins Haus«, sagte die Frau. »Geht langsam! Alter, du behältst den Jungen an der Hand. Ich gehe neben euch und führe euch. Seid ihr fertig? Ihr müßt zehn Schritte geradeaus gehen, dann kommen einige Stufen.«
    Tommy ging los, er umklammerte immer noch fest die Hand seines Großvaters. Seine Füße knirschten erst über Kies, dann spürte er eine Art Trampelpfad. Er blieb stehen, als der alte Mann anhielt.
    »Gut«, sagte die Frau. »Jetzt drei Stufen hoch, dann ist da eine kleine Veranda, und dann geht’s eine Stufe rauf durch die Tür.«
    Sie taten, was die Frau ihnen sagte. Tommy fand, es war ein bißchen wie das Blindekuhspiel, das er beim Kinder-geburtstag im Nachbarhaus gespielt hatte. Da hatten sie ihn ein paarmal um sich selbst gedreht und dann in einer bestimmten Richtung losgeschickt.
    »Gut. Und jetzt ein ganz kleines bißchen nach rechts. Richter, strecken Sie die Hand aus! Fühlen Sie das Geländer? … Gut. Und jetzt die Treppe hinauf. Oben angekommen, wenden wir uns nach rechts, da ist der Treppenabsatz. Dann geht es noch eine kleine Treppe hinauf, ein paar Stufen.«
    Die beiden Tommys stiegen die Treppe hinauf. Tommy stolperte einmal, aber die Hand seines Großvaters packte ihn schnell und hielt ihn fest.
    »Gut, gut«, sagte die Frau. »Wir wollen ja nicht, daß euch was passiert.« Sie gab dem alten Mann von hinten einen Stoß, so daß er aufpassen mußte, daß er nicht hinfiel. Sie stiegen die zweite Treppe hinauf. »All right, jetzt gehen wir den Gang hinunter, fünfzehn Schritte geradeaus … genau! Und jetzt wartet, ich mache die Tür auf. Und jetzt geht’s wieder los. Vorsichtig, die Treppe hier ist schmal.« Das muß der Dachboden sein, dachte Tommy.
    »Na also!« sagte sie schließlich. »Willkommen in eurer neuen Behausung.«
    Tommy spürte, daß sie neben seinem Großvater stand und ihn zu etwas hinschob. Er hielt sich dicht bei ihm.
    »Hinsetzen«, sagte sie. Sie fühlten ein Bett unter sich und nahmen vorsichtig darauf Platz.
    »So, nun könnt ihr die Dinger abnehmen.«
    Richter Pearson faßte den Rand des schwarzen Stoffbeu-tels an, den sie ihm über den Kopf gestülpt hatten, er erstickte fast darunter und wollte ihn mit einem Ruck herunterreißen. Er fühlte sich halbtot, verletzlich wie ein Neugeborenes. Er hatte gedacht: Ich will es sehen, wenn es passiert. Wenn sie mich umbringen wollen, sollen sie mir ins Auge sehen, bevor sie es tun. Er lüftete den Beutel bis zur Nasenspitze, zögerte dann aber. Ein scheußlicher Gedanke kam ihm: Wenn wir wissen, wer sie sind … Er ließ den Beutel einen Augenblick dort, wo er war, und sagte: »Wir brauchen nicht zu wissen, wer ihr seid. Jetzt haben wir keine Ahnung. Es ist doch besser, wenn wir-«
    Sie unterbrach ihn wütend und schrie:
    »Die Dinger runter! Los!«
    Der Richter tat, was sie ihm sagte, aber er wandte die Augen von dem Gesicht der Frau ab.
    »Sie verstehen wohl nicht, was ich sage, Alter!« rief sie ärgerlich.
    Sie streckte den Arm aus und packte den Richter mit ihrem Daumen und Zeigefinger am Kinn und drehte seinen Kopf herum, so daß sie sich, ein paar Zentimeter voneinander entfernt, direkt in die Augen sahen. Sie stand über ihn gebeugt wie eine zornige Lehrerin, die ihren unartigen Schüler züchtigt.
    »Sehen Sie mich an«, flüsterte sie. Tommy kamen ihre Worte schrill vor, wie ein Schrei. »Prägen Sie sich mein Gesicht genau ein. Alles, jede Einzelheit. Können Sie sehen, daß es einmal ein sehr schönes Gesicht war? Sehen Sie jetzt die Falten an den Augenbrauen? Sehen Sie sich mal die Krähenfüße an in den Winkeln der Augen! Und das Fett, das von meinen Kinnbacken herunterhängt! Was für eine Farbe haben meine Augen? Welche Form hat meine Nase? Und mein Kinn? Sehen Sie die Backenknochen? Und hier auf meiner Stirn, unterm Haaransatz, diese kleine Narbe?«
    Sie schob sich mit einer jähen Bewegung das Haar aus der Stirn und zeigte ihm die kleine gezackte, von weißer Haut umrandete Linie.
    »Erkennen Sie sie? Denken Sie dran. Die dürfen Sie nie vergessen, prägen Sie sich die genau ein.«
    Sie richtete sich auf, sah dann herunter auf die beiden Tommys.
    »Bis das hier alles vorbei ist, werden wir einander ja noch ganz genau kennenlernen«, sagte sie. »Sie müssen ’ne Menge lernen. Ihr beide.«
    Die Frau

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