Die Rache. Thriller.
erstarrte. Jetzt hörte er auch in der Ferne Sirenen, zuerst eine, dann mehrere. Sie kamen näher und wurden immer lauter.
»O Gott, die Bullen! Die Bullen kommen!« rief er.
Er sah Olivia und die anderen vor seinen Augen, wie sie erschossen im Schalterraum der Bank lagen. Er dachte an Megan, die ein paar Straßen weiter wartete. Sie ist allein, ganz allein, dachte er. Einen Moment lang wußte er nicht, ob er ein- oder aussteigen sollte, seine Waffe hatte er noch in der rechten Hand auf dem Lenkrad liegen. Er war unfähig, irgend etwas zu tun.
Olivia schrie: »Lauft, lauft! Es ist alles vorbei!«
Sie hörte die Polizeisirenen näher kommen und rannte los. Emily stand bewegungslos vor der Leiche des Bankwächters. Olivia ergriff ihren Arm. »Wir hauen ab, mach schnell!«
»Wo ist Bill?« fragte Emily.
Olivia hatte keine Ahnung. »Er kommt, los, lauf schon!«
»Was ist passiert?« fragte Emily. »Ich kapier’ nichts mehr!«
»Da ist nichts zu kapieren! Es ist vorbei«, sagte Olivia.
Sie zog Emily Richtung Ausgang hinter sich her. Beide hörten, wie sich die Streifenwagen näherten. Sie liefen durch die inneren Türen des Eingangs, wo Emily die Leiche des älteren Wachmanns liegen sah. Abrupt blieb sie stehen.
»O mein Gott«, rief sie.
»Komm weiter, komm weiter!« schrie Olivia und packte Emily erneut am Arm.
»Wir müssen hier raus. Komm, los, komm doch!«
Sie schob Emily an der Leiche vorbei auf die Straße. Auf dem Bürgersteig rutschte Emily aus. Als sie sich wieder aufrichtete, sah sie Kwanzi tot daliegen. »O nein, er auch!« jammerte sie.
»Hör auf, sieh nicht hin und bring dich in Sicherheit!« forderte Olivia sie auf.
Wir fangen neu an, wenn wir es schaffen, hier wegzukommen, dachte sie und zerrte Emily hinter sich her.
»Alles wird gut«, rief sie. »Wir schaffen es.«
Sie sah Duncan, der vor dem Fluchtauto stand. Er schien zu zögern. Dann trafen sich ihre Blicke.
Wo bleibst du, warum kommst du nicht her? fragte sich Olivia. Los, komm her, hier sollst du warten! Duncan, los, komm her und rette uns!
Sie winkte ihm zu, doch Emily stolperte erneut, und sie mußte sie wieder auf die Füße bringen.
Wieder sah sie zu Duncan und fuchtelte mit dem Arm in der Luft. »Hierher!« schrie sie. »Du feiger Lump, du gemeiner Verräter!«
Sie zog Emily weiter. »Wir müssen laufen, los, wir schaffen es schon, wir kommen hier raus. Es ist nicht mehr weit!« Die beiden Frauen liefen auf Duncan zu. In diesem Moment kam der erste Streifenwagen mit quietschenden Reifen um die Ecke gefahren und hielt mit jaulenden Bremsen ungefähr sechs Meter hinter ihnen. Olivia hob die Waffe des toten Bankwächters und feuerte auf einen Polizisten, der aus dem Wagen heraussprang. Der weitere Weg zu Duncan wurde ihr durch den nächsten Streifenwagen abgeschnitten. Jetzt hielten ein dritter und vierter Wagen. Sie wandte sich wieder zur Bank, immer noch Emily neben sich.
»Komm!« rief sie ihrer Geliebten zu. »Wenn wir wieder reinkommen, können wir Geiseln nehmen.«
Bis zu diesem Augenblick hatte sie den angeschossenen jungen Wächter nicht bemerkt. Er war um den Kühler seines Fahrzeugs herumgekrochen, hinter sich eine dünne Blutspur. Olivia feuerte auf sein Gesicht. Er hatte sich jedoch rechtzeitig geduckt, und das Geschoß erwischte nur einen der Scheinwerfer. Schnell richtete er die Waffe auf Olivia. »Nein!« schrie sie.
Emily hob ihr Gewehr.
»Nein!« schrie Olivia wieder.
Der junge Wächter schoß.
»Nein!« schrie Olivia ein drittes Mal.
Die Kugel riß Emily, die dicht bei ihr stand, zur Seite.
Olivia weinte laut auf, versuchte, die Freundin festzuhalten. Emily stürzte jedoch mit einem Röcheln zu Boden.
Ihre Brust war nur noch eine blutige Masse aus gebrochenen Knochen und zerfetztem Fleisch. Sie sah Olivia seltsam fragend an, als ob sie vertrauensvoll auf eine Antwort wartete. Dann brachen ihre Augen.
Olivia fiel neben Emily auf die Knie, schrie laut: »Nein, nein, nein!«, ließ ihre Waffe fallen und bettete den Kopf der Freundin in ihren Arm. Sie warf den Kopf vor und zurück und weinte verzweifelt.
Plötzlich überkam sie große Wut. Töte, töte sie alle, sagte sie zu sich selbst. Sie langte nach ihrer Waffe. Da hörte sie eine Stimme hinter sich: »Lassen Sie das!«
Als sie sich umwandte, blickte sie in den schwarzen Lauf eines Polizeirevolvers.
Mit einem kehligen Aufschrei wandte sie sich wieder Emily zu. Dann drehte sie sich um und suchte mit den Augen Duncan. Sie konnte jedoch nichts
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