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Die Rache. Thriller.

Die Rache. Thriller.

Titel: Die Rache. Thriller. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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hierher in den Osten und versuchten, es zu vergessen. Wir versteckten uns. Wir vergaßen es. Die Welt änderte sich. Und jetzt haben wir die Bescherung.«
    »Aber warum können wir jetzt nicht zur Polizei gehen?« fragte Lauren wieder. Sie hatte aufgehört zu weinen und sah ihn mit großen Augen an.
    »Weil ich dann ins Gefängnis käme.«
    »Oh.«
    Die ganze Familie war ein paar Augenblicke still. Duncan wußte, daß die Mädchen immer noch viele Fragen auf dem Herzen hatten, die sie sich aber für ein anderes Mal aufsparen würden.
    »Nun«, sagte Karen mit überraschender Festigkeit. »Ich schätze, das heißt, daß wir selbst damit fertigwerden müssen. Können wir das tun? Ihnen das geben, was sie verlangen, und dann ist die Sache erledigt?«
    Duncan und Megan nickten.
    »Ich hoffe«, sagte Megan leise.
     
    Richter Thomas Pearson schlug die Augen auf und blinzelte in das Licht, das die Kammer erfüllte. Er war steif; sein Hals fühlte sich an, als ob eine große Hand ihn verrenkt hätte, während er schlief. Er bewegte ihn - vorsichtig, um seinen Enkel nicht zu wecken, der mit dem Kopf im Schoß des Großvaters lag und mit leicht geöffnetem Mund weiterschlummerte. Der Junge stieß einen leisen Klagelaut aus und bewegte die Hände einmal vor dem Gesicht hin und her, als ob er einen bösen Traum verjagen oder einer alpdruckartigen Erscheinung entgehen wollte, rollte dann herum und versank wieder in tiefen Schlaf. Der Richter ließ den Kopf des Jungen vorsichtig aufs Bett gleiten, dann breitete er eine Decke über ihn, ohne daß Tommy wach wurde, sondern nur im Schlaf kurz aufseufzte.
    Einen Augenblick überlegte der Richter, ob er die Dek-kenbeleuchtung ausschalten sollte, entschied sich aber dagegen. Er wollte nicht, daß das Kind in der Nacht aufwachte und Angst bekam. Er warf einen Blick auf die Armbanduhr. Es war kurz nach zwei Uhr morgens.
    Ich bin ein alter Mann, dachte er, der nachts nicht gut schlafen kann und deshalb immer am Tage einnickt. Es ist, als ob mein ganzer Körper abgenutzt ist. Er funktioniert nicht mehr so gut wie früher. Er verglich sich gern mit einer alten Standuhr und ihren Federn und Hebeln und Gewichten, die alle ineinandergriffen und sich aneinander rieben, um die Zeit zu messen - ganz anders als diese modernen Quarzuhren mit den Digitalanzeigern und den präzisen, von einem Computerchip gesteuerten Bewegungen.
    Er sah sich wohl zum hundertsten Mal in dem Raum um.
    Nun, dachte er, ein bißchen werde ich ja wohl noch weiterticken.
    Er lauschte, aber er konnte außer den regelmäßigen Atemzügen seines Enkels im Haus keine Geräusche hören.
    Er wunderte sich, wie ein Kind so eine Sache verkraftete und sich im Schlaf von seiner Angst erholte. Bisher hat der Junge durchgehalten. Aber ich frage mich, dachte er, ob das Schlimmste nicht noch kommt. Wieviel kann er wohl verkraften?
    Ihn schauderte bei der Erinnerung an die scheußliche Sache mit dem Gang zum Badezimmer.
    Sie hatte ihm damit etwas gezeigt. Sie wollte demonstrieren, daß sie grausam sein kann und daß sie es versteht, andere seelisch zu manipulieren. Sie hatte ihm auf eindrucksvolle Weise bewiesen, wer hier das Kommando führte, aber das deutete gleichzeitig auch darauf, wie schwach die Position der Entführer war. Wahrscheinlich gab es gar keinen feuchten, finsteren, übelriechenden Keller, wie sie behauptet hatte; aber die Drohung damit war trotzdem genauso wirksam, vielleicht sogar noch effektiver. Er nahm sich vor, in Zukunft vor solchen psychologischen Tricks auf der Hut zu sein; sie soll mir erst mal die Beweise bringen, dachte er. Fakten will ich sehen, dazu muß ich sie zwingen. Mit solchen Vorspiege-lungen grauenhafter Möglichkeiten darf sie bei mir nicht durchkommen, das schwächt meine Entschlußkraft.
    Richter Pearson schüttelte den Kopf. Wenn er allein gewesen wäre, hätte er ihnen gesagt: Sie können mich mal! Erschießen Sie mich doch!
    Er sah hinunter auf Tommy und strich dem Kind gedankenverloren über das Haar. Er war aber nicht allein, und er durfte nicht zulassen, daß die Entführer sie trennten.
    Darum ging es ja vor allem, dachte er, diese Schlacht mußte zuerst gewonnen werden, obwohl das den Gang-stern vielleicht nicht einmal bewußt war. Nicht eine einzige Sekunde würde er Tommy nunmehr aus den Augen lassen - ganz gleich mit wie vielen Waffen sie herumfuchtelten. Wenn wir erst einmal diese kleine Schlacht gewinnen, und wir können sie gewinnen, dachte er, dann sind unsere Chancen auch in

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